Der Traum des Wolfs
wollen. Ihr wisst ja, nicht alle von uns kamen aus diesem Grund her. Einige waren wie Ihr, wollten von den Besten lernen. Und der Rest… nun, die Dinge haben sich eben geändert.«
» Was für Dinge?«
»Alberne Dinge, mein Lord.« Der Mann blickte zu Boden. »Natürlich habt Ihr recht. Morgen in aller Frühe stehen Waffenübungen an. Aber, nun ja, wir haben den Krieg erlebt. Wir sind jetzt Soldaten. Behüter zu sein, das ist alles, was ein Mann sich wünschen sollte. Aber ein paar von uns, wir möchten eigentlich nicht, dass das, was wir jetzt haben, endet. Versteht Ihr?«
Gawyn nickte langsam.
»Als ich in die Burg kam«, sagte Celark, »wünschte ich mir nichts mehr, als ein Behüter zu sein. Jetzt weiß ich nicht mehr, ob ich wirklich mein Leben damit verbringen möchte, eine Frau zu beschützen und ganz allein durch die Lande zu streifen.«
»Ihr könntet der Behüter einer Braunen oder Weißen werden. Und in der Burg bleiben.«
Celark runzelte die Stirn. »Bei allem Respekt, mein Lord, ich glaube, das wäre genauso schlimm. Behüter… sie leben nicht wie andere Männer.«
»Das ist wohl wahr«, sagte Gawyn und blickte unwillkürlich zur Decke, in Richtung von Egwenes fernen Gemächern. Er würde nicht zu dieser Tür gehen. Er zwang den Blick wieder auf Celark. »Es liegt keine Schande darin, einen anderen Weg zu wählen.«
»Bei den anderen hört sich das an, als würde es das sehr wohl.«
»Sie irren sich«, sagte Gawyn. »Holt die von Euch zusammen, die bei den Jünglingen bleiben wollen, und meldet Euch morgen bei Hauptmann Chubain. Ich spreche mit ihm. Ich gehe jede Wette ein, dass er Euch als Division der Burgwache gebrauchen könnte. Beim Angriff der Seanchaner hat er viele Männer verloren.«
Celark entspannte sich sichtlich. »Das würdet Ihr tun, mein Lord?«
»Natürlich. Es war eine Ehre, Euch zu führen.«
»Glaubt Ihr… vielleicht könnt Ihr Euch uns ja anschließen?« Der Jüngling klang hoffnungsvoll.
Gawyn schüttelte den Kopf. »Ich muss einen anderen Weg gehen. Aber wenn das Licht es will, bleibe ich in der Nähe, um Euch im Auge zu behalten.« Er nickte der Gruppe zu. »Geht zurück zu Eurem Spiel. Ich spreche auch mit Makzim.« Makzim war der strenge kräftige Behüter, der die Ausbildung leitete.
Celark nickte dankbar, dann eilte er zu den anderen zurück. Gawyn ging weiter und wünschte sich, seine Entscheidung wäre so einfach wie die seiner Männer.
Gedankenverloren hatte er den halben Weg zu Egwenes Gemächern zurückgelegt, bevor er stehen blieb, weil ihm klar wurde, was er da tat. Ich brauche etwas, das mich ablenkt. So spät war es noch nicht. Vielleicht konnte er ja eine Weile mit Bryne plaudern.
Gawyn machte sich auf den Weg zu Brynes Gemach. Wenn er eine seltsame Position unter den Aes Sedai hatte, dann galt das für Bryne noch mehr: Behüter der ehemaligen Amyrlin, General von Egwenes Eroberungsheer und berühmter Großer Hauptmann. Brynes Tür stand einen Spaltbreit geöffnet und schickte einen Lichtstrahl auf den blaugefliesten Boden. Das war eine Angewohnheit von ihm, wenn er anwesend und wach war; für den Fall, dass einer seiner Offiziere ihn brauchte. Bryne war oft über Nacht nicht da, blieb dann in einem seiner Befehlsstände auf der Insel oder in einem Dorf in der Nähe. Gawyn klopfte leise.
»Herein.« Brynes Stimme war fest und vertraut. Gawyn schlüpfte hinein, dann drückte er die Tür wieder zu, bis sie erneut nur den Spalt geöffnet stand. Bryne saß an einem wackeligen Schreibtisch und arbeitete an einem Brief. Er warf Gawyn einen Blick zu. »Einen Augenblick.«
Gawyn wartete. Die Wände waren mit Karten von Tar Valon, Andor, Cairhien und Umgebung gepflastert. Viele wiesen Anmerkungen in roter Kreide auf. Bryne bereitete sich auf einen Krieg vor. Die Anmerkungen besagten deutlich, dass er der Ansicht war, Tar Valon irgendwann gegen Trollocs verteidigen zu müssen. Mehrere Karten zeigten Dörfer im nördlichen Teil der Umgebung, listeten falls vorhandene Befestigungen und ihre Loyalität zu Tar Valon auf. Man würde sie als Vorratslager und vorgeschobene Verteidigungsstellungen benutzen. Auf einer anderen Karte zeigten Kreise die Positionen von uralten Wachtürmen, Befestigungen und Ruinen an.
Brynes Berechnungen hatten eine methodische Unausweichlichkeit an sich und vermittelten das Gefühl von Dringlichkeit. Er wollte keine Befestigungen bauen, sondern jene benutzen, die es bereits gab. Er verlegte Truppen in die Dörfer, die seiner Meinung
Weitere Kostenlose Bücher