Der Traum des Wolfs
Cauthon«, sagte Teslyn trocken. »Diese Reise war für keinen von uns leicht. Es gab Augenblicke der … Anspannung. Ich will nicht sagen, dass ich jede Eurer Entscheidungen richtig fand. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich mich ohne Euch noch immer in den Händen der Seanchaner befinden würde.« Sie fröstelte. »Während meiner selbstbewussteren Augenblicke rede ich mir ein, dass ich ihnen widerstanden hätte und schließlich aus eigener Kraft geflohen wäre. Es ist wichtig, einige seiner Illusionen aufrechtzuerhalten, findet Ihr nicht?«
Mat zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, Teslyn. In der Tat, vielleicht.«
Erstaunlicherweise streckte sie ihm die Hand entgegen. »Vergesst nicht, solltet Ihr je zur Weißen Burg kommen, dann gibt es dort Frauen, die in Eurer Schuld stehen, Matrim Cauthon. Ich vergesse das nicht.«
Er ergriff die Hand. Sie fühlte sich genauso knochig an, wie sie aussah, aber sie war wärmer als erwartet. Bei einigen Aes Sedai floss Eis durch die Adern, so viel stand fest. Andere hingegen waren gar nicht so übel.
Sie nickte ihm zu. Ein respektvolles Nicken. Fast schon eine Verbeugung. Mat ließ ihre Hand los und fühlte sich so unsicher, als hätte ihm jemand die Beine unter dem Leib weggetreten. Sie wandte sich ab, um zurück zu ihrem Zelt zu gehen.
»Ihr werdet Pferde brauchen«, sagte er. »Wenn Ihr mit der Abreise wartet, bis ich aufstehe, gebe ich Euch welche. Und Verpflegung. Es wäre nicht gut, wenn Ihr verhungert, bevor Ihr es nach Tar Valon schafft, und wie wir ja in letzter Zeit gesehen haben, werden die Dörfer auf dem Weg nichts für Euch übrig haben.«
»Ihr sagtet Joline …«
»Ich habe meine Pferde erneut gezählt«, sagte Mat. Diese Würfel klapperten noch immer durch seinen Kopf, sollte man sie doch zu Asche verbrennen. »Ich habe die Pferde der Bande erneut zählen lassen. Wie sich herausstellte, haben wir ein paar übrig. Ihr könnt sie nehmen.«
»Ich bin heute Abend nicht zu Euch gekommen, um Euch dazu zu bringen, mir Pferde zu geben«, sagte Teslyn. »Ich meinte es ehrlich.«
»Das habe ich schon verstanden«, sagte Mat und hob den Zelteingang. »Darum ja auch dieses Angebot.« Er trat ins Zelt.
Und erstarrte. Dieser Geruch … Blut.
KAPITEL 9
Blut in der Luft
M at duckte sich. Dieser Instinkt rettete ihm das Leben, als etwas über seinem Kopf durch die Luft schnitt. Mat warf sich zur Seite, seine Hand streifte etwas Feuchtes, als sie kurz den Boden berührte. »Mörder!«, brüllte er. »Mörder im Lager! Verdammte Mörder!«
Etwas bewegte sich auf ihn zu. Das Zelt war völlig dunkel, aber er konnte es hören. Er stolperte, aber das Glück war auf seiner Seite, als wieder etwas in seiner Nähe durch die Luft sauste.
Mat landete am Boden und rollte herum, griff blindlings zu. Er hatte doch …
Da! Neben seiner Pritsche kam er in die Höhe, seine Hand packte den dort liegenden langen Holzschaft. Er sprang auf die Füße, warf sich zurück, wirbelte den Ashandarei herum, schlug zu - aber nicht auf die Gestalt, die durch das Zelt auf ihn zukam, sondern gegen die Wand.
Der Stoff teilte sich mühelos, und Mat sprang hinaus, den Speer mit der langen Klinge in der einen Hand. Mit der anderen griff er nach dem Lederriemen um seinen Hals; in seiner Hast kratzte er sich die Haut auf. Er nahm das Medaillon ab und drehte sich in dem Gebüsch vor seinem Zelt um.
Eine Laterne auf der Kreuzung einer Lagerstraße verbreitete schwaches Licht. Es half Mat, die Gestalt zu erkennen, die sich durch den Riss in der Zeltwand schob. Eine Gestalt, die er zu sehen befürchtet hatte. Der Gholam sah aus wie ein Mann, mit schlankem Wuchs, sandfarbenem Haar und unauffälligen Zügen. Das einzige hervorstechende Merkmal an dem Ding war die Narbe auf seiner Wange.
Es sollte harmlos aussehen, man sollte es nicht in Erinnerung behalten. Die meisten Menschen würden das Ding ignorieren, wenn sie es in einer Menschenmasse sahen. Bis zu dem Augenblick, an dem es ihnen die Kehle herausriss.
Mat wich zurück. Sein Zelt stand in der Nähe eines Hügels, und er ging rückwärts darauf zu, schlang das Fuchskopf-Medaillon an seinem Riemen fest um die Klinge des Ashandarei. Beide passten nicht gut zusammen, aber er hatte das geübt. Das Medaillon war seines Wissens nach das Einzige, was den Gholam verletzen konnte. Er arbeitete schnell, rief dabei immer noch um Hilfe. Soldaten würden gegen diese Kreatur nutzlos sein, aber der Gholam hatte schon einmal behauptet, den Befehl zu
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