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Der Traumhändler

Der Traumhändler

Titel: Der Traumhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Augusto Cury
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und Edson fuhr fort: »Dann wollte er, dass ich ihm die rechte Wange hinhalte, und bevor ich überhaupt was sagen konnte, hat er mir noch einen Schlag verpasst. Ich wollte mich auf ihn stürzen, aber mir kam in den Sinn, wie viel wir schon zusammen durchgemacht haben. Ich musste an Jesus denken und an unser Projekt und habe mich immer noch zurückgehalten. Keine Ahnung, wie ich das überhaupt geschafft habe! Und dieser Lump hat sich auch noch über mich lustig gemacht und mich einen Quatschhändler genannt!«
    Die Umstehenden waren von Edsons Willensstärke begeistert und begannen zu klatschen. Doch er winkte ab. Er hatte noch nicht zu Ende erzählt.
    »Der Typ wollte dann tatsächlich, dass ich ihm meine rechte Wange noch mal hinhalte, aber da bin ich geplatzt! Jesus hat zwar gesagt, dass wir auch die andere Wange hinhalten sollen, aber von zweimal hat er nicht gesprochen. Also habe ich den Himmel um Vergebung gebeten und mich auf ihn gestürzt. Aber er war stärker als ich und hat mich ziemlich verprügelt.«
    Es war zwar nicht gerade der richtige Moment, um in Gelächter auszubrechen, aber der Gesichtsausdruck unseres Freundes war einfach zu komisch. Sogar auf den Lippen des Meisters wurde ein Lächeln sichtbar, obwohl er jede Art von Gewalt verabscheute. Dann erteilte er uns eine unvergessliche Lektion: »Jenseits aller Grenzen wahrhaft menschlich zu sein bedeutet nicht, seine Gesundheit oder sogar sein Leben unnötig aufs Spiel zu setzen! Ich habe keinen von euch gerufen, damit er den Helden spielt! Provoziert niemanden und geht nicht gegen diejenigen an, die euch beleidigen! Die andere Wange hinzuhalten ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke, kein Zeichen von Dummheit, sondern von geistiger Klarheit.«
    Er machte eine Pause und ließ seine Gedanken wirken. Dann fuhr er fort: »Die andere Wange hinzuhalten ist ein Zeichen von Reife und innerer Stärke. Gemeint ist aber nicht die Wange im körperlichen, sondern im übertragenen, geistigen Sinne: Wir sollen denen Gutes tun, die uns enttäuschen, diejenigen rühmen, die uns diffamieren, und freundlich zu denen sein, die uns ablehnen. Und das bedeutet auch, sich leise und ohne großes Getöse aus der Schusslinie derer zurückzuziehen, die uns angreifen! Die andere Wange hinzuhalten verhindert Morde, Verletzungen und lebenslange Traumata. Die Schwachen rächen sich, aber die Starken schützen sich.«
    Edson sog diese Worte in sich ein wie trockene Erde den Regen. Nach diesem Zwischenfall machte er innerlich einen Sprung. Er erweiterte seinen Horizont, wurde weiser und gelassener und trug noch viel zu unserer Bewegung bei.
    Auch alle anderen waren fasziniert, und die orthodoxen Juden unter uns waren so beeindruckt, dass sie die anwesenden Muslime spontan umarmten. Ich blickte zu meinem Freund, dem Professor Marco Antônio, und musste daran denken, wie scharfzüngig ich meine intellektuellen Gegner an der Universität immer attackiert hatte und wie rücksichtslos ich mit ihnen umgegangen war. Im Studium hatte ich leider nicht gelernt, dass diejenigen, die die andere Wange hinhalten, viel glücklicher sind und viel besser schlafen.
    Jurema flüsterte mir ins Ohr: »Ich habe über dreißig Jahre lang unterrichtet. Aber ich muss zugeben, dass ich viele aggressive, rachsüchtige und herzlose Studenten produziert habe.«
    Ich dachte mir nur: »Und ich erst! Wir merken gar nicht, dass wir durch den Druck an den Universitäten potenzielle Diktatoren produzieren!«
    Während ich noch in Gedanken versunken war, kam Unruhe auf. Bartholomäus erschien mit Barnabas im Schlepptau. Beide waren völlig betrunken. Honigschnauze war so begeistert darüber gewesen, seinen Freund wiederzutreffen, dass er alle Vorsicht fahren ließ. Die beiden hatten das Ereignis gebührend gefeiert und sich mit Wodka volllaufen lassen.
    Sie schwankten und stolperten beim Gehen und hatten einander den Arm über die Schulter gelegt, um sich zu stützen. Dabei grölten sie ein Lied von Nelson Gonçalves: » Bohème, ich bin zurück und fleh dich an: Nimm mich auf! Mit Freudentränen seh ich die alten Freunde wieder!«
    Und als ob seine Trunkenheit nicht schon genug wäre, brüllte Bartholomäus, als er unserer gewahr wurde, noch seinen Lieblingssatz: »Ah! Ich liebe dieses Leben!«
    Wir reagierten im Chor: »Halt den Mund, Bartholomäus!«
    Dann mussten wir über ihn lachen, aber das schüchterte ihn natürlich ganz und gar nicht ein. Er fiel fast zu Boden und wurde rot, weil alle ihn

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