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Der Traumhändler

Der Traumhändler

Titel: Der Traumhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Augusto Cury
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Erkrankung, die meisten von ihnen sogar über zehn verschiedene.
    Zweifellos wurde das Proletariat auch weiterhin in vielen Ländern der Welt ausgebeutet. Doch in den entwickelten Gesellschaften und den Schwellenländern, in denen die Arbeitsgesetzgebung gerechter war und die Menschenrechte respektiert wurden, waren die Ausgebeuteten inzwischen die Kopfarbeiter – Konzernchefs, Unternehmer, Geschäftsführer, Selbstständige, Lehrer und Journalisten.
    Viele Betroffene nahmen ihre Probleme mit nach Hause und sogar mit in den Urlaub. Fabrikarbeiter dagegen, sofern sie zufriedenstellend verdienten, hatten Zeit für Freunde, gutes Essen und Entspannung am Wochenende. Sie konnten gut schlafen, ohne unter einem Berg an Sorgen zu ersticken, während jene einfachen Freuden für die Personen in den Führungsetagen zu Luxusartikeln geworden waren. Zum ersten Mal in der Geschichte lebten die Vasallen besser als die Feudalherren.
    Mir wurde nun klar, was der Meister meinte, wenn er davon sprach, dass der Umgang mit dem Erfolg schwieriger sei als mit dem Misserfolg, da das Risiko des Erfolgs darin besteht, zu einer ununterbrochen arbeitenden Maschine zu werden. Marx und Engels hatten sich bestimmt nicht vorgestellt, dass der sozialistische Traum bereits in der letzten Phase des Kapitalismus insofern wahr werden könnte, als der Elite inzwischen mehr abverlangt wurde als den Arbeitern, zumindest was den Einsatz ihrer Kräfte betraf. Natürlich gab es Ausnahmen. Das Problem der Arbeiterklasse war aber vor allem der zwanghafte Konsum geworden, noch angestachelt durch Kreditkarten, die dazu verführten, über die eigenen Verhältnisse zu leben. Der Kapitalismus war dabei, die Arbeiter zu Königen zu machen und dafür die Führungskräfte geistig auszubeuten.
    Es war interessant, zu sehen, dass kaum eine Statistik sich mit der neuen Klasse der Ausgebeuteten befasste. Es schien, als wären sie starke, unabhängige Halbgötter, die keine Unterstützung und erst recht keine Träume brauchten. Aber sie waren keine unbegrenzten, sondern im Gegenteil völlig unfreie menschliche Wesen. Abgesehen von ein paar Fortbildungsmaßnahmen und einem jährlichen Gesundheitscheck wurde fast nichts für sie getan.
    Es war allen deutlich geworden, dass der Meister sehr gut wusste, was er sagte und zu wem er sprach. Aber woher hatte dieser zerlumpte Stadtstreicher so viele Kenntnisse? Woher kam er, dass er sich mit einer solchen Natürlichkeit sowohl unter den Elenden wie unter den Millionären bewegte?
    Als Bartholomäus merkte, wie schwach die Mitglieder der Finanzelite im Grunde waren, konnte er nicht länger stillhalten. Er meldete sich und rief: »Die sehen aber alt aus, was, Chef? Die Armen! Wir müssen ihnen helfen!«
    Es war das erste Mal in der Geschichte der Moderne, dass jemand, der so wenig hatte, die Finanzelite als arm bezeichnete – das erste Mal, dass ein Proletarier sich reicher fühlte als die Millionäre der Gesellschaft. Die Spontaneität von Honigschnauze verlieh der Tragik des Themas einen Schuss Komik, sodass sich auf den Gesichtern der Zuhörer ein Lächeln abzeichnete.
    Sie mussten noch viele Träume kaufen, wenn sie ihre geistige Gesundheit wiedererlangen wollten.
    Als hätten die Überraschungen dieser Nacht noch nicht ausgereicht, geschah dann etwas, das uns die Haare zu Berge stehen ließ. Unvermittelt entstieg einem der Gräber eine furchterregende Gestalt mit einem abgenutzten weißen Mantel über dem Kopf und gab einen markerschütternden Schrei von sich.
    »Ich bin der Tod! Ich komme, um euch zu holen!«
    Sogar der Traumhändler bekam einen Schrecken, und ich glaubte zum ersten Mal in meinem Leben an Gespenster. Mein Herz und wohl auch das der anderen Anwesenden schlug bis zum Hals. Was war das? Einige Leute liefen panisch in Richtung Ausgang, aber da brach das Gespenst in lautes Gelächter aus.
    »Immer mit der Ruhe, Leute! Warum seid ihr so nervös? Früher oder später finden wir hier alle unsere letzte Ruhestätte.«
    Die Gestalt legte den Mantel ab, und zum Vorschein kam der unglückselige Barnabas. Er und Bartholomäus waren wirklich ein unmögliches Gespann! Sie konnten es offensichtlich nicht lassen, sogar auf einem Friedhof ihre Show abzuziehen!
    Jedes Mal, wenn wir uns gerade mit einem äußerst ernst zu nehmenden Thema beschäftigten, schafften sie es, uns aus der Fassung zu bringen. Die beiden machten jede Konzentration zunichte. Wären sie früher meine Studenten gewesen, hätte ich sie bestimmt

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