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Der Traumkicker - Roman

Der Traumkicker - Roman

Titel: Der Traumkicker - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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sagte der Traumkicker, in seinen Augen sehe das bei manchen so aus, als würden sie nur rennen, um zu rennen, ohne die geringsten Aussichten, jemals, und sei es durch Zufall, an den Ball zu gelangen. Worauf wir grinsend erwiderten, da habe er recht, es gebe da ein paar, die würdenin den Kneipen darüber klagen, sie hätten sich bei vierzehn Bolzereien in Serie die Lunge aus dem Hals gerannt und nicht mal einen Abpraller an die Füße bekommen.
    Da unser Mann das tierische, kreischend und laufend hin und her wogende Getümmel sichtlich ergriffen verfolgte (eine Art kindlicher Zärtlichkeit nässte ihm die irren Augen), nutzten wir die Gelegenheit und schärften ihm noch einmal ein, er dürfe gern zum Spiel am Sonntag bleiben.
    Mit einem Fingerzeig auf den Platz sagten wir, vielleicht könne er jetzt ein bisschen verstehen, wieso wir ihn gern in unserer Mannschaft hätten; weil die Staubfresser nämlich nicht nur immer die besten Sportler weit und breit abkriegten, nein, sie leisteten sich außerdem ein Stadion mit allen Schikanen: mit Bande, Flutlicht, überdachten Tribünen, Kassenhäuschen und Kabinen mit Duschen. Wir müssten uns dagegen mit dieser höllischen Wüstenei begnügen und dazu mit ein paar versifften Blechkabuffs ohne Klo und fließendes Wasser, müssten das Trinkwasser für die Halbzeitpause in Flaschen herschleppen und nach dem Spiel verdreckt wie die Schweine heimgehen. Und wie er ja mit eigenen Augen sehen könne, sei die Tribüne winzig (drei Ränge und höchstens zehn Meter lang), deshalb müssten die meisten Zuschauer Sonntag für Sonntag die Begegnungen im Stehen am Spielfeldrand verfolgen. In unüberhörbar sarkastischem Ton erwähnten wir außerdem den größten Komfort, den unser Sportplatz bot und den uns, »damit Sie, lieber Expedito, sehen, wie die Dinge liegen«, Mutter Natur hatte zukommen lassen, die kraus gewachsene Algarrobe nämlich, die hinter den Kabinen stand und in deren kargem Schatten wir uns in den Halbzeitpausen langlegten, abgekämpft und restlos dehydriert wegen der sechsundvierzig Grad Celsius, die bei manchen Spielen herrschten.
    Und um den Mann endgültig auf unsere Seite zu ziehen, schleppten wir ein paar große Steine herbei und setzten uns im Kreis um ihn und schilderten ihm einige der malerischsten Schlachten, die aus den Begegnungen mit den Staubfressern erwachsen waren und die stets (hier wie dort) in einem anständigen Steinhagel endeten, einmal quer durch die Wüste, auf den gesamten sieben Kilometern zwischen den Siedlungen.
    Da war etwa dieses Freundschaftsspiel in ihrem Stadion, bei dem sie schon drei zu null führten und wir in der vierzigsten Minute der zweiten Halbzeit einen Elfmeter bekamen, und diese Drecksäcke vor dem Herrn ließen uns nicht mal den Ehrentreffer schießen, sondern machten den Ball platt, unseren Ball wohlgemerkt, und zwar mit demselben vier Zoll langen Nagel, mit dem ihr zentraler Verteidiger seit dem Anpfiff Stiche in Gesäßhälften verteilt hatte (der Typ rächte sich bloß, weil bei einer vorherigen Begegnung einer von uns ein Tütchen Schwefelpulver mit auf den Platz genommen und ihm, als er bei einem Eckball zum Köpfen nach vorn kam, etwas davon in die Augen geworfen hatte, worauf er eine halbe Stunde am Spielfeldrand gelegen und sich Wasser ins Gesicht geschaufelt hatte). Jedenfalls versteckten sie, nachdem unser Ball platt war, natürlich ihren eigenen,und weil sonst im Stadion keiner aufzutreiben war, erklärte der Schiedsrichter die Partie notgedrungen für beendet. Und zum krönenden Abschluss jagten sie uns wie immer mit einem Steinhagel durch die Wüste.
    Wie nicht anders zu erwarten, nahmen wir im Rückspiel gebührend Rache. Wenige Minuten vor Schluss, als sie knapp mit eins zu null führten (sonst gewannen sie immer haushoch), verlud ihr Mittelstürmer in einem tödlichen Konter zwei unserer Verteidiger, holte Tarzán Tirado von den Füßen, als der ihm außerhalb des Sechzehners den Weg abschneiden wollte, und hielt schon allein auf das leere Tor zu, da kam Marcianito zum Einsatz, der schlimmste Rotzlöffel der Wüste, warf ihm auf Pata Patas Geheiß sein hölzernes Skateboard vors Schienbein, schnappte sich den Ball und raste damit wie ein Kugelblitz Richtung Siedlung. Weil es ihr Ball war, rannten alle aus María Elena hinter dem Kind her. »Wenn Sie das sehen könnten, liebe Hörerinnen und Hörer, meine verehrten Patienten«, schrie Cachimoco Farfán begeistert am Spielfeldrand. »Wenn Sie sehen könnten, wie sie

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