Der Traumkicker - Roman
bauernschlauen Blick auf sie fragte er bissig, ob ihr der Name »Malanoche« etwas sage.
»Oder ist Ihr Gedächtnis noch nicht wieder zurück, mein Fräulein?«
Sie hörte zu kauen auf und sah ihn bestürzt an.
»Dieses hübsche Kind«, fuhr der Alte unbeirrt fort, »das hier seit Tagen tut wie die Unschuld vom Lande, ist keine andere als Malanoche, eine von den Huren, die damals in den Skandal in Pedro de Valdivia verwickelt waren, wisst ihr noch? Wie die Huren dort die Kirche besetzt hatten, dann mit Gewalt den Sarg von einer ihrer Kolleginnen, der ›Reina Isabel‹, reingeschafft und den Priester gezwungen haben, dass er eine Messe für sie liest.«
Durch die Menge ging ein ungläubiges Raunen.
»Stimmt das?«, wandte sich Expedito González fast flüsternd an die Frau.
»Ja, es stimmt.«
»Und wie können Sie das wissen, wenn Sie sich an nichts erinnern?«
Sie seufzte tief und zog eine resignierte Schnute. Dann sagte sie, ihr Gedächtnis sei wiedergekommen. Schon am zweiten Tag hier in der Siedlung.
»An dem Abend, als California Tocopilla triste für mich gesungen hat.«
»Sie kannten ihn von früher?«
»Ja, aus Pedro de Valdivia.«
»Und er hat Sie wiedererkannt?«
»Natürlich. Er hat die ganze Zeit gewusst, wer ich bin, aber nichts gesagt. Er ist ein Gentleman.«
Und mit einem tödlichen Blick auf den alten Tiroyo schob sie nassforsch hinterher:
»Nicht so wie andere, die alt werden und Ärsche bleiben. Und als Ärsche unter die Erde kommen.«
Als er sah, dass die Stimmung gegen die Rothaarige hochkochte, und ein paar Leute ihr sogar vernehmlich Grobheiten an den Kopf warfen, platzte Expedito González der Kragen, und er brüllte, sie seien ein Haufen aufdringlicher Idioten, was sie das überhaupt angehe, sie sollten den Rand halten und sich nach Hause schaffen. Wir wären doch hier nicht im Zirkus.
Die Menge begann sich zu zerstreuen, und er sah der Frau in die Augen, legte ihr eine Hand auf die Schulter und sagte, sie gehe wohl besser mit ihm ins Gewerkschaftshaus, sonst käme ihr hier womöglich noch einer frech.
Sie lehnte ab.
»Und wo wollen Sie hin?«, fragte er hilflos.
Sie antwortete nicht.
»In das Kabuff von diesem Sänger, oder?«
»Ja.«
Sich erbärmlich in der eigenen Demütigung suhlend, bot er an, er könne sie hinbringen.
»Nein, danke, mir passiert schon nichts«, sagte sie. Und machte sich entschlossen auf den Weg zur Gasse der Junggesellen.
Expedito González sah die Rothaarige im Schatten hinter der Zielwurfbahn verschwinden, als Juanito Caballero zu ihm trat. Er war auf der Suche nach dem Mannschaftstrikot.
»Ich muss die Trikots doch für das Spiel morgen ausbessern und zurechtmachen«, sagte der Zeugwart kleinlaut.
Mit Tränen in den Augen zog der Traumkicker das Hemd aus und gab es ihm. Darunter trug er das von Green Cross.
Wie immer in Coya Sur rückte die Polizeistreife an, als der Verletzte längst im Krankenhaus, der Tote auf dem Friedhof und die Waisen im Heim waren.
Am Abend unterhielten sich Tuny Robledo und Marilina auf der Plaza Redonda, als Choche Maravilla auftauchte. Im Schlepptau hatte er eine Dicke mit Kuhgesicht, Silberblick und monumentalen Brüsten.
Nachdem sie ein paar Worte zu viert gewechselt hatten, sagte Choche Maravilla, er müsse kurz mit seinem Freund von Mann zu Mann reden, und nahm ihn, sich höflich bei den »bezaubernden Damen« entschuldigend, ein Stück zur Seite.
Der kleine Scheißkerl solle sich bitte nicht totlachen, sagte Choche Maravilla halb im Ernst; mehr als »das da« habe er leider in der kläglichen Herde von Staubfresserinnen auf dem Weg zum Friedhof nicht auftreiben können. »Oder besser gesagt, hat sich sonst keine getraut, bis spät abends hierzubleiben.« Und das sei ja auch halb so wild, im Grunde sei sie doch ganz passabel. Wenn man die Augen ein bisschen zumache, dann gehe sie durch.
»Und wenn du ihre Titten sehen könntest, würdest du vor Neid erblassen. Die hat Nippel wie Ziernägel.«
»Und das mit dem Platz weiß sie schon?«, fragte Tuny Robledo neugierig nach.
Ja, es auf dem Fußballplatz zu machen, dagegen habe das Dickerchen nichts einzuwenden gehabt. Bloß von dem Torfick habe er ihr noch nichts erzählt. Aber sie werde sich bestimmt nicht zieren. Tuny solle sich also mit der Tochter von Don Celestino bloß nicht dort blicken lassen. Seine Milchzähne könne er anderswo loswerden. Ach, und dass er auf gar keinen Fall California von dieser schielenden Dickmamsell erzählte.
»Die
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