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Der Traumkicker - Roman

Der Traumkicker - Roman

Titel: Der Traumkicker - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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Kreuzkümmel und Oregano duftend und voller Menschen) fast erreicht, da konnte sich die Rothaarige dem Klammergriff des Mannes entwinden, und sie schrie ihn an, er solle die Schuld nicht auf das Besäufnis schieben, die Ausrede sei ja abgelutschter als die Nippel dieser Minirockschlampe und bloß noch Schwuchteln und Memmen wie er würden sie gebrauchen.
    Am Kramladen vom tauben Moya (wie immer dunkel und die Regale fast leer; die Kinder machten sich einen Spaß daraus, ihm Bonbons zu klauen, weil nie jemand hinter der Ladentheke stand) zogen die beiden schon eine beachtliche Prozession von Leuten hinter sich her, blieben alle naselang stehen, um sich besser anschreien zu können (er immer mit dem Ball unterm Arm, sie mit ihren Kaugummiblasen zugange), schlugen sich verletzende Sätze um die Ohren und feuerten mit großkalibrigen Ausdrücken.
    Vor der hell erleuchteten Konditorei Ibacache, wo die Musikbox das Lied Die Blume ist tot von den Ángeles Negros spielte (ein Lieblingsstück von Nelson Rojas, einem der begehrtesten Dandys von Coya Sur, der wie an jedem Abend seines Lebens in weißer Hose, rotem Pulli und filmreifer Pose neben einem der Schaufenster lehnte), nahm Expedito González den Ball in die andere Hand und sagte, nun in etwas gemäßigterem Ton, sie habe ja nicht ganz unrecht, es sei auch ein bisschen seine Schuld, dass es so weit gekommen sei, und deshalb würde er ihr auch verzeihen und alles vergessen, aber natürlich nur, wenn sie zu ihm zurückkam undihm schwor, diesen Spelunkensänger nicht wiederzusehen.
    Als die Rothaarige zornig erst mit dem Finger die größte Kaugummiblase zum Platzen brachte, die ihr bisher gelungen war (und sich einen rosa Fetzen von der Nase puhlte, der dort hängen geblieben war), und gleich darauf blaffte, ob der feine Herr sich für Gott halte, dass er meinte, er könne durch die Welt laufen und den Leuten verzeihen, hatten sie schon mit großen Schritten den Eingang zum Gewerkschaftshaus erreicht, wo die ersten Männer herauskamen, um zu sehen, was das für ein Palaver war, und etliche von ihnen ließen ihr Spiel Spiel sein, schlossen sich uns an und erweiterten den Kreis derer, die ungeniert hinter den beiden herliefen, ihnen zusahen und jedem Wort genüsslich lauschten, als spielten die zwei hier Straßentheater.
    Vor den Türen der Sportvereinigung merkten wir, dass die heisere Stimme von Expedito González einen brüchigen Klang bekam, als er, jetzt mit dem Ball in beiden Händen, fragte, warum sie ihm das angetan habe, ob sie denn nicht merke, wie lieb er sie habe. »Ich und mein Bobo, wir haben Sie beide lieb«, sagte er und:
    »Wir wollten doch heiraten.«
    Wieder blieb sie jäh stehen und blitzte ihn aus ihren grünen Augen an. Ob er jetzt vollkommen den Verstand verloren habe; er wisse doch genau, dass sie ihn nicht liebe, ihn nie geliebt habe, ihn niemals lieben werde.
    Zwischen dem Geschäft vom Goldeier und der Boutique »Die Dame aus Coya« (jemand warnte uns gerade, es sei nach der Polizei geschickt worden) sagte der Traumkicker, im Augenblick seien sie beide aufgebracht, sie würden besser morgen und in Ruhe weiterreden. Am Montag reise er weiter nach Norden, und wenn sie ihn begleiten wolle, habe er nichts einzuwenden, sie würden alles vergessen und wären wieder ein Herz und eine Seele wie früher.
    Ohne jede Andeutung von Gefühl in der Stimme, um nicht zu sagen ungerührt, gab sie (inzwischen schon an der Ecke vom Friseurladen) zurück, sie bedanke sich wirklich von Herzen, denke aber vorerst nicht daran abzureisen, sie bleibe noch eine Weile, wie lange, das wisse sie nicht.
    Als es schon aussah, als würde Expedito González, dessen Eulenaugen schwammen, im nächsten Moment in Tränen ausbrechen, zwängte sich der alte Tiroyo durch den Kreis der Schaulustigen.
    Er kam aus dem Rancho Huachipato, und in seinem Blick irrlichterte der weinselige Spott. Wie ein dritter Schauspieler betrat er die Bühne, baute sich vor dem Paar auf und sagte laut, damit es auch alle hörten, der gute Mann mit dem Ball solle mal besser nicht so viel bitten; wir sollten nur alle hübsch herhören, er selber, der alte Tiroyo habe nämlich gerade höchstpersönlich herausgefunden, wer dieses Vögelchen mit den roten Haaren in Wirklichkeit sei.
    »Nur dass ihr’s wisst«, sagte er mit einem Blick in die Runde, »die Hübsche hier ist ein Flittchen, eine Frau vom Gewerbe, wie das auf hochtrabend heißt. Eine bekannte Hafenhure aus Tocopilla. Das ist sie.«
    Und mit einem

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