Der Traummann meiner Schwester
Sorge …“ Sie klimperte mit den Wimpern und lächelte Kara kalt an. „Ich werde mich weiterhin gut um ihn kümmern. Im Bett und auch außerhalb davon.“
Und damit machte sie auf dem Absatz kehrt und stöckelte davon. Kara betrachtete die wiegenden Hüften, das taillenlange Haar, die langen Beine und die sagenhaften High Heels, in denen sie über den Teppich stolzierte.
Einige Minuten lang stand sie reglos da, verwirrt und benommen. Es war fast so, als würde sie über ihrem Körper schweben und sich mit einer Kamera filmen.
Als sie den Kopf bewegte, bemerkte sie, dass sie die Luft angehalten hatte, und zwang sich einzuatmen. Und auszuatmen. Einatmen, ausatmen.
Die Seeluft, die sie am Morgen so genossen hatte, roch plötzlich ranzig und verursachte eine unangenehme Übelkeit. Trotz der kühlen Apriltemperaturen brach Kara plötzlich in Schweiß aus, und ihre wurde ganz heiß.
Sie wich von der Tür zum Ballsaal zurück und zwang sich loszugehen. Rechts, links, Schritt für Schritt. So lief sie zurück zu Elis Suite, ohne jemanden wahrzunehmen.
Die Suite war leer, als sie dort ankam. Gott sei Dank! Sie hätte Eli in diesem Moment auch sicherlich nicht in die Augen sehen können.
Sie liebte ihn und hatte gedacht, er liebe sie ebenfalls. Sie hatte ihm jedes seiner süßen Worte geglaubt und war doch auf seinen Charme hereingefallen.
Doch während der ganzen Zeit hatte er nur mit ihr gespielt. So, wie sie es befürchtet hatte. Nachdem es mit Laurel aus gewesen war, hatte er sich ihr gewidmet. Klappte es nicht mit der einen Kincaid-Tochter, dann vielleicht mit der anderen. Besonders wählerisch schien er nicht zu sein.
Schuldgefühle und Scham überkamen sie. Sie hatte ihn begleitet, war mit ihm ins Bett gegangen und hatte ihre Familie betrogen. Und wofür? Um sich wie ein dummes Schulmädchen zu fühlen.
Sie begann zu packen. Abwesend, mechanisch. Als sie spürte, wie Tränen in ihr hochstiegen, drängte sie sie mit aller Macht zurück.
Sie war schließlich so dumm gewesen, hatte alles zugelassen und konnte nichts davon rückgängig machen.
Doch sie konnte allem ein jähes Ende bereiten.
Sie konnte aufhören, naiv und manipulierbar zu sein.
Sie konnte Seabrook Island verlassen, ohne zurückzublicken. In der Hoffnung, ihre Familie würde ihr ihre Dummheiten verzeihen – vorausgesetzt, sie würde den Mut finden zu beichten, dass sie in einem Moment noch die Brautjunger ihrer Schwester gewesen und im nächsten schon mit deren Ex-Verlobten im Bett gelandet war.
Mit dem Gepäck fuhr sie nach unten zum Mietwagenservice. Eine halbe Stunde später war sie auf dem Weg zurück nach Charleston, Ocean Breezes, Eli und nichts weiter als traurige Erinnerungen hinter sich lassend.
14. KAPITEL
So ein unbedeutendes Geräusch sollte einem Menschen eigentlich keinen Schrecken einjagen. Doch als jemand mit dem Türklopfer gegen Karas Eingangstür hämmerte, passierte genau das: Sie sprang erschrocken zurück und verschüttete dabei überall heißes Wasser, da sie sich gerade Tee hatte kochen wollen. Vor sich hin fluchend, schnappte sie sich ein Geschirrtuch, um aufzuwischen, machte aber keine Anstalten, zur Tür zu gehen. Sie hatte keine Lust zu öffnen und wollte gar nicht erst wissen, wer da draußen stand.
Seit einer Woche war sie wieder in Charleston, fühlte sich einsam, war wütend und hatte keiner Menschenseele von ihrer Rückkehr erzählt.
Sie hatte sowieso ein schlechtes Gewissen, weil sie ein ganzes Wochenende … sogar eine ganze Woche … verreist gewesen war, während ihre Familie sich mit den Ermittlungen zum Mord ihres Vaters und dem Tatverdacht ihrer Mutter herumschlagen musste. Doch nachdem sie mit gebrochenem Herzen und hängenden Schultern zurückgekehrt war, war sie viel zu niedergeschlagen gewesen, um an irgendetwas anderes zu denken als an sich selbst.
Sie war voller Selbstmitleid, das wusste sie sehr gut. Und seit Tagen machte sie sich große Vorwürfe, weil sie einem Mann auf den Leim gegangen war und sie zugelassen hatte, dass er sie in diesen Zustand versetzte.
Nicht mehr lange, und sie würde ihre Weinerlichkeit ablegen … ganz bestimmt.
Aber wenn das da draußen vor der Tür Eli war, dann würde sie bei seinem Anblick einen Rückfall erleiden und in Selbstmitleid ertrinken. Wenigstens hatte sie seine Anrufe und Nachrichten der letzten Tage völlig ignoriert.
Das Klopfen an der Tür hörte einfach nicht auf. Vielleicht war es ja doch nicht Eli. Dann hörte sie das Seufzen einer Frau.
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