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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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schniefte.

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    Das kleine Lager in Maitland hatte die Größe eines Hangars, es war ein schmutziger, rostiger Stahlbau zwischen einem Schrotthändler
     und einer Autowerkstatt. Slabbert schob mühsam eine große Holztür beiseite und verschwand im Dämmerlicht. Sie hörten einen
     Schalter klicken, dann ging das Licht flackernd an und leuchtete schließlich von der hohen Decke des Lagerhauses.
    O’Grady verwandelte »Scheiße« in ein dreisilbiges Wort. Die anderen starrten bloß stumm. Reihe um Reihe brauner Kisten zog
     sich vor ihnen hin, von einer Seite bis zur anderen, sieben Meter hoch, ordentlich standen sie auf Regalen aus Metall und
     Holz.
    »Das Problem«, sagte Slabbert, als er ihnen bedeutet hatte, sie sollten hereinkommen, »ist, daß wir am Anfang nicht damit
     rechneten, daß es so viel werden würde, aber dann fragten immer wieder Leute nach Kopien ihrer Prüfungen, ihrer Diplome, und
     so wurde uns klar, daß wir alles aufheben mußten. Da war es allerdings schon so viel, daß wir erst 1992 mit einem Ablagesystem
     begannen.«
    »Und davor?« fragte Vos besorgt.
    »Das ist ein kleines Problem.«
    »Oh?« fragte Joubert, und sein Mut sank.
    »Die Sachen sind nicht geordnet. Wir haben einfach nicht genug Mitarbeiter. Mitarbeiter kosten Geld. Außerdem bekommen wir
     selten Anfragen für die Zeit vor 92.«
    |429| »Wo müßten die Unterlagen für 89 sein?« fragte Joubert.
    »In dieser Reihe.«
    »Wo in dieser Reihe?«
    »Um ganz ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung.«
     
    Bart de Wit bat per Funk um Unterstützung, diesmal nur von der Mordkommission, denn er wollte um jeden Preis den Brigadier
     vermeiden. Die anderen krempelten die Ärmel hoch und begannen Kartons aus dem Regal zu nehmen. Sie entwickelten ein System,
     und als die Verstärkung eintraf, weiteten sie es aus.
    Kiste um Kiste wurde heruntergeholt, geöffnet und dann an ein anderes Team weitergegeben, das den Inhalt herausnahm und auf
     dem Boden ausbreitete, wo Joubert, Petersen, Vos, O’Grady und später auch Griessel fieberhaft durch die Unterlagen blätterten
     und nach Daten, Namen, Themen suchten.
    »Wer stellt das alles wieder weg?« fragte Slabbert mit einem gereizten Schniefen.
    »Ihre Mitarbeiter«, sagte de Wit entschlossen.
    »Zeit ist Geld«, beklagte sich Slabbert und begann ebenfalls zuzupacken, er zerrte Kisten, die bereits durchgesehen worden
     waren, in eine Ecke.
    Es ging langsam voran, denn die Unterlagen waren ursprünglich ohne jedes System verpackt worden – Bedienungsanleitungen für
     Computer lagen neben einer
Einführung in den Journalismus.
Und
Schweißen für Anfänger
lag in derselben Kiste wie
Jeder kann Zeichnen lernen
.
    De Wit ließ Mittagessen kommen – Kentucky Chicken und Cola –, und sie aßen beim Arbeiten, sie fluchten, lachten, mutmaßten.
     Kiste um Kiste wurde ohne Pause überprüft. Der Nachmittag neigte sich dem Ende zu, es wurden langsam weniger Kisten. Kurz
     nach drei waren sie halb durch, ohne Erfolg. |430| Sie hatten die Krawatten abgelegt, die Ärmel aufgekrempelt, die Hemden aus den Hosen gezogen, die Pistolen lagen in ihren
     Lederholstern in einer ordentlichen Reihe neben der Tür. Kleidung, Arme und Gesichter waren staubig. Manchmal sagte jemand
     etwas, während die Zeit unerbittlich weitertickte.
    Joubert und Griessel machten Pause und standen draußen in der Sonne, sie waren ganz steif. Joubert war erschöpft.
    »Ich werde den Colonel um Beurlaubung bitten«, sagte Griessel und zog an seiner Gunston. »Ich will mit meiner Frau und meinen
     Kindern zwei Wochen wegfahren und mal sehen, ob wir von vorne anfangen können.«
    »Das ist gut, Benny.«
    »Vielleicht lasse ich mich auch versetzen. Aufs platte Land. Revierchef, Stationsleiter irgendwo in einem Dorf, wo man bloß
     am Freitagabend die Besoffenen einsperren und ab und zu einen Hühnerdiebstahl klären muß.«
    »Ja«, sagte Joubert und fragte sich, wie er wieder von vorne anfangen könnte.
    Dann gingen sie zurück. Sie setzten sich auf den kalten Zementboden, leckten sich die Finger und begannen wieder zu blättern
     – Joubert beeilte sich, weil er noch etwas vorhatte, und langsam bekam er das Gefühl, daß er es nicht schaffen würde. Er fragte
     sich, ob ihm noch Zeit blieb, die Karten für den nächsten Abend umzutauschen, und ob Hanna Nortier dann auch Zeit haben würde.
Ich möchte ausgehen. Ich stecke in einer Klemme
. In welcher Klemme konnte so eine Frau stecken, fragte er sich, während

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