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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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seine Finger blätterten, blätterten, blätterten.
     Er verlagerte sein Gewicht, als man ihm neue Unterlagen hinschob.
    Sie hatten begonnen, über das Abendessen zu streiten – Pizza oder Fish and Chips, Hauptsache, kein Hühnchen. Sie |431| sorgten sich um ihre Frauen, die sich wieder über die Überstunden aufregen würden. Konnte Mavis nicht anrufen und es ihnen
     erklären? Es war schon fast sieben.
    Dann rief Benny Griessel triumphierend: »Ferreira, Ferdy«, und hielt die Papiere hoch. Sie hörten alle auf zu arbeiten, einige
     klatschten.
    »Wilson, Drew Joseph. Hier sind sie.« Die Detectives kamen zu Griessel. Er zog einen Packen Unterlagen nach dem anderen heraus
     – Anmeldungen, Aufgaben, Prüfungen, Benotungen, Quittungen, Fragen und Antworten, Abschlußnoten. Alles zusammengeheftet.
    »MacDonald, Coetzee, Wallace, Nienaber. Alle da.«
    »Gibt es ein Foto?«
    Griessel suchte.
    »Nein«, sagte er. »Aus welcher Kiste kam das?«
    Slabbert kam aus der Ecke, wo er unter großen Schwierigkeiten versuchte, die Kartons zu stapeln. »Das Foto wird bei einem
     Teilnehmer in den Unterlagen stecken.«
    Hände griffen nach den zusammengehefteten Unterlagen der einzelnen Teilnehmer, Finger blätterten hastig.
    »Hier«, sagte Griessel, auf den offensichtlich die Götter herablächelten. Er stand auf, reckte sich, löste die Heftklammer,
     ließ die anderen Blätter zu Boden fallen und hielt nur das Foto sorgsam fest. Er starrte den leicht vergilbten Abzug an. Joubert
     erhob sich, ging hinüber zu Griessel und versuchte ihm über die Schulter zu schauen.
    »Wie jung Nienaber aussieht«, sagte Petersen, der neben Griessel stand, überrascht.
    Joubert streckte die Hand nach dem Foto aus. Einen Augenblick glaubte er gesehen zu haben …
    Es war ein Schwarzweißbild. Die Männer standen in einem |432| Halbkreis und trugen Jacketts und Krawatten, jeder hielt ein Diplom in Händen. Wilson hatte die Augen auf dem Foto geschlossen.
     MacDonald ragte breit grinsend über die anderen auf. Coetzee schaute ernst. Ferdy Ferreiras Schultern hingen schief, die linke
     wegen seines Hinkens tiefer, er schaute nicht in die Kamera. Wallace hatte die Hände vor sich verschränkt, zwischen ihm und
     Ferreira gab es eine Lücke, Abstand. Mat Joubert sah das alles nicht.
    Er starrte verständnislos die kleine, schlanke Frau an, die vor ihnen stand, einen Kopf kleiner als der kleinste Mann. Er
     sah sie an, ohne zu begreifen, was er sah. Die Zeit stand still. Vorsichtig nahm er Griessel das Foto aus der Hand, hielt
     es ins Licht.
    Sie lächelte nicht. Er kannte die Falte zwischen ihren Augenbrauen, die Kontur ihres Kopfes, die Nase, den Mund, das Kinn,
     die schmalen Schultern. Vor sieben Jahren war ihr Haar länger gewesen, es hing über ihre Schultern, bis hinunter zu ihren
     kleinen Brüsten. Das Kleid, grau auf dem schwarzweißen Foto, reichte bis über ihre Knie. Sie trug flache Schuhe. Ernst. Sie
     sah so ernst aus …
    »Das war die kleine Hester«, sagte Slabbert hinter ihm. »Ein kleines, schmales Ding.«
     
    Es war ein altes Haus in Observatory, restauriert und von außen in einer kräftigen Erdfarbe gestrichen, dunkelbraun. Das schmiedeeiserne
     Gitter an der Außenwand war weiß lackiert und gepflegt. Das Gartentor ließ sich geräuschlos öffnen. Er ging den Zementweg
     entlang, zwei Reihen Blumen auf beiden Seiten, der kleine Vorgarten ordentlich und sauber. An der Tür gab es einen Messingklopfer,
     aber er klopfte leise mit den Knöcheln. Er hielt das Foto in der linken Hand.
    »Du kennst sie«, hatte Griessel gesagt, als er bemerkte, wie |433| blaß Joubert geworden war. Plötzlich starrten ihn alle an. Er sagte nichts. Er schaute weiter das Foto an, ein Augenblick
     im Leben, sieben Jahre her. Er konnte nicht einmal anfangen, seine Fragen zu formulieren, denn die Unmöglichkeit, daß sie
     dort war, unter den Toten, überwältigte ihn einfach.
    »Ich kenne sie«, hatte er schließlich gesagt, und er hörte nicht die Stimmen, die fragten: »Wen?« und »Wieso?« und »Wann?«
     Das Foto zitterte leicht in seiner Hand. Das Leben erschien ihm unwirklich wie in einem seiner Träume, in dem jemand auftauchte,
     der nicht dort hingehörte, plötzlich und so unpassend, daß man lachen wollte, daß man rufen wollte: Oje, Mat Jouberts eigenartiger
     Geist! Aber dies war kein Traum, es war die Wirklichkeit.
    »Ich gehe allein.«
    De Wit war mit ihm zum Wagen gegangen. »Ich muß mich bei Ihnen entschuldigen, Captain.« Joubert

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