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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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abgesehen von den drei Legionen, diesen Tausenden von schwer bewaffneten Fußsoldaten mitsamt aller Geschütze und der Reiterei. Kein Wunder, dass sie sich gegen die Illyrer und Dalmater verdient gemacht hatten. Sie kämpften schnell, hart und äußerst geschickt, selbst ohne Schwerter, zermürbten den Gegner mit kurzen Angriffen und plötzlichem Verschwinden im Schatten des Waldes, um ebenso plötzlich wieder daraus hervorzubrechen. Sie suchten die Entscheidung nicht im offenen Feld, dazu fehlte es ihnen an Kriegern. In den kurzen Zeiten des Friedens konnten sie die Männer nicht auf den Äckern entbehren.
    Als sie sich am Abend auf den Heimweg machten, lahmte Ahtalas Pferd, ein nicht mehr ganz junger, aber mutiger Brauner, der schon seinen Vater in den Kampf getragen hatte. Cinna überließ Hraban die Spitze des kleinen Zuges und glitt von seinem Pferd, um es neben Ahtala nach Hause zu führen.
    Nach Hause. Die Felder, auf denen das Korn spross, das der Wind sanft streichelte wie das Fell eines Bären, das lichte Grün von jungem Laub, das die Wälder färbte, Gras und Büsche gesprenkelt mit weißen und violetten Blüten und die sattgelben Blumen am Wegesrand – all das erfüllte ihn mit warmer Vertrautheit, der Freude auf einen Becher dampfenden, duftenden Kräutersuds, auf ein Stück Speck oder Käse mit Brot, das die Zähne zu harter Arbeit zwang. In der Hütte eines Ziegenhirten, die zu seines Vaters Villa bei Perusia gehörte, war er mit ähnlichen Gaben beglückt worden, als er noch ein Knabe gewesen war und sich dort – schließlich war es ja sein Recht – hatte beschenken lassen. Der Wind verwehte den Geruch nach Pferden, Leder und Schweiß, trug den süßen Atem des Frühlings heran, während hinter der Sonne allmählich der Himmel verblasste.
    Ahtala ging schweigend neben ihm. Hin und wieder blieb er stehen, um die wunde Fessel seines Pferdes zu betasten, murmelte ein paar Sprüche in die Ohren des Braunen, bis dieser unwillig den Kopf schüttelte. Seine stumme Gegenwart rief die Erinnerung an die letzte Nacht am Ufer des Visurgis herauf, an das Dröhnen der sonderbaren Instrumente, das Rauschen der Stimmen, den eisigen Hauch, als die Manen des armen Trebius nach Cinna gegriffen hatten, um ihn an dessen Bitte zu erinnern. Immer noch waren sie in seiner Nähe und suchten ihn heim in der Finsternis der Nacht in seinem einsamen Winkel.
    Auch Ahtala war dabei gewesen, als die Verbündeten des Arminius die drei Legionen des Varus eingekesselt und Mann für Mann erschlagen hatten. Aber aus unerfindlichen Gründen prahlte er nicht damit – anders als Liuba, Waihtis und die anderen –, im Gegenteil schien er sich in Cinnas Gegenwart unwohl zu fühlen, obwohl er dessen Nähe häufig suchte.
    Die Gruppe löste sich auf dem Weg zu ihren Häusern auf, die Pferde verlangten Pflege, Zaumzeug und Waffen mussten aufgeräumt werden, Gelegenheit für Cinna, Hraban nach dem Grund für Ahtalas düstere Stimmung zu fragen. Doch er erhielt keine Antwort.
    *
    Als ein wüster Fluch Cinna aus seinen Decken riss, war ihm schlagartig klar, dass der böse Geist, der Liuba umtrieb, wieder die Oberhand gewann. Am Vortag war Inguiotar mit Hraban davongeritten und hatte Hof und Dorf für kurze Zeit der Obhut seines Ältesten anvertraut. Obwohl der Tag kaum angebrochen war, hatten die Frauen sich bereits in das Spinnhaus zurückgezogen, wohin Liuba ihnen niemals folgte; Weiberkram war unter seiner Würde. Cinna hielt sich fern von ihm und verbrachte den Vormittag auf der Koppel bei den Pferden, deren Gesellschaft ihm weitaus lieber war als die Nähe Liubas.
    Doch als die Pferde schnaubend aufmerkten und das Weite suchten, wusste Cinna, dass es vorbei war mit der trügerischen Ruhe. Die schweren Schritte, die hinter ihm lauter wurden, verrieten Liuba. Cinnas Hand erlahmte, er starrte das Farnstrohbüschel an, mit dem er Sunjas Stute abgerieben hatte, und wartete, während Liuba sich hörbar hinter ihm aufbaute.
    »Du hast noch immer nicht gelernt, dich zu benehmen, Römerlein.«
    Langsam drehte Cinna sich um, klopfte sich die Hände ab und ließ sie einfach sinken. Sein Blick suchte Liubas Augen, hellgraue, funkelnde Lichter, die ihn durchbohren wollten.
    »Darf bei euch ein Sklave seinem Herrn ins Gesicht starren?«
    »Das kommt ganz auf den Herrn an«, erwiderte Cinna vorsichtig. »Und auf den Sklaven.«
    »Gute Antwort. Ein Schwächling von einem Römer erlaubt es seinen Knechten, ihn dreist anzuglotzen. Bei mir ist das anders.

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