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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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wissen, wie es um Sunjas Freier steht. Er hat bereits eingewilligt – wenn auch murrend.«
    Als die Pferde vor ihm zum Stehen kamen, beugte Cinna sich noch tiefer über seine Arbeit, hauchte die Bronzebeschläge an, verschlungene Muster, Ranken, Tiere, die mit dem Gewirr eines Dickichts zu verschmelzen schienen, kaum erkennbare Reiter mit Pfeil und Bogen oder Lanzen. Geschäftig rieb er mit dem Tuch darüber, bis das Metall schimmerte.
    »Du wirst es jetzt dem Jungen überlassen, diese Sachen in Ordnung zu bringen«, sagte Hraban. »Er braucht keine Aufsicht. Sieh lieber zu, dass du etwas zu essen bekommst.«
    Cinna fuhr hoch, wollte widersprechen, als ein Schatten über ihn fiel; Sunja beugte sich zu ihrem Bruder hinunter und berührte ihn an der Schulter. »Mutter sollte sich dein Bein ansehen.«
    Hraban drehte sich um, zu rasch, denn er fuhr zusammen und zog pfeifend den Atem in die Lungen. Wie um sie zu beruhigen, quälte er ein Lächeln auf seine Lippen, bevor er sich auf den Weg zum Haus machte. Er bemühte sich, aufrecht zu gehen, doch wie ein kaum erträgliches Gewicht schien ihn der Schmerz zu Boden zu drücken.
    »Der Ritt hat ihm geschadet«, sagte sie, und Cinna nickte. Die Stute warf den Kopf hoch, sodass die zahllosen winzigen Bronzescheiben an ihrem rotledernen Zaumzeug klirrten. Er erhob sich träge und nahm Cheimon Sattel und Decke ab, griff nach den Zügeln und führte ihn zum Gattertor, wohin Sunja auf ihrem Pferd folgte.
    »Wir haben dir zu danken, Cai.«
    Er warf ihr einen raschen Blick zu. »Wofür?«
    »Für das, was du Hraban gelehrt hast. Saldir erzählte mir davon. Sie ist sehr stolz auf dich.«
    »Nichts zu danken«, erwiderte er und öffnete das Gatter für den Hengst, der mit einem kleinen Satz hineinsprang, den Schweif in den Wind stellte und davontrabte. »Schließlich hat er mir damit das Leben gerettet, nicht ich ihm. Aber warum sollte eure kleine Schwester auf mich stolz sein, obwohl Hraban derjenige war, der gekämpft und gesiegt hat?«
    »Durch seinen Kampfgeist hat er Wodanas gewonnen und mit dessen Hilfe den Kampf. Doch ohne deine Schulung wäre er diesem Gegner zweifellos unterlegen.«
    »Mag sein«, murmelte er.
    Ihre Hände streichelten den Hals ihres Pferdes, als eine Wolke von weißrosa Blütenblättern im Wind heransegelte, die sich in den Falten ihres Rocks verfingen. Er hörte sie leise lachen. Eines der Blätter schmiegte sich in die winzige Mulde an ihrer Fessel. Cinna widerstand dem Wunsch, es wegzuwischen, da rutschte sie mit wehendem Rock vom Pferderücken – zu schnell, als dass er einen Blick hätte erhaschen können. Achtlos wischte sie die Blütenblätter aus dem Stoff, während er die Stute absattelte, ihr das Zaumzeug vom Kopf zog und das Geschirr sorgfältig über den Zaun hängte. Sie schien zu warten, doch schließlich wandte sie sich ab und überquerte den Hof zum Haus hin, und einige Strähnen, die der straffe Zopf nicht halten konnte, schwebten im leisen Wind um ihren Kopf.
    *
    Die Krieger hatten sich vor der Palisade der Siedlung aufgereiht, fünfzig Männer mit Speeren und bunt bemalten Schilden und eine Hand voll Bogenschützen. Nicht alle trugen Helme, und nur einigen hing ein Schwertgurt von der Schulter, die wenigsten besaßen Kettenhemden. Ausstaffiert wie ein Centurio hatte Waihtis die Männer auf dem Rasen zwischen Wald und Feldrain antreten lassen. Er lehnte sich an einen knorrigen Eichenstab – Nachahmung des Weinstocks, den jeder römische Hauptmann als Zeichen seiner Macht trug. Ahtala hielt sich hinter ihm; wie Waihtis trug er ein Kettenhemd und hatte den Helm am Gürtel befestigt.
    Als Hraban vom Pferd geglitten war, gab er Cinna durch einen Wink zu verstehen, er solle bei den Tieren warten und die kleine Truppe von dort aus beobachten. Cinna ließ den Blick über die Männer schweifen, die dastanden, als seien sie gerade überraschend zusammengetrieben worden. Ihre Ausrüstung war kaum ausreichend zu nennen, und ihre Haltung sprach nicht von Soldatentum: Der eine hatte seine Spieße über die Schulter gelegt, der andere klemmte sie sich unter den Arm, manche lehnten sich auf ihre Schilde, andere hatten sie neben sich abgestellt, viele hielten Pferde am Zügel. Das Bild, das sie boten, entbehrte jeglicher Disziplin. Cinna verschränkte die Arme vor der Brust und zog eine missbilligende Grimasse. Das also waren die Helden, welche die drei Unglückslegionen des Varus niedergemetzelt hatten.
    Doch ein einziger knapper Ruf genügte, und die

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