Der Tribun
und die auffallend dunklen Augen geweitet. Als Cinna ihn heranwinkte, flog sein Blick zu Boden, doch er verharrte wie angewurzelt, die Hände auf dem Rücken verschränkt, die Schultern hochgezogen, und keine Geste veranlasste ihn, sich zu rühren. Schließlich überschaute Cinna die Geschirre, die noch fleckig neben ihm auf dem Boden lagen, und angelte ein Zaumzeug aus dem Haufen, das er ihm zuwarf. Wie erwartet fing der Knabe es geistesgegenwärtig auf, ehe er sich ohne zu zögern auf den Boden setzte, um sich an die Arbeit zu machen.
Bald darauf polierte der Junge die Kettenhemden, und seine Wangen glühten vor Eifer und vielleicht sogar Freude über diese Arbeit, die ihm so viel erstrebenswerter erscheinen musste als das Schweinehüten, mit dem er während der Abwesenheit seines Herrn betraut worden war. In vielem erinnerte dieser Junge Cinna an Damon, seinen Leibsklaven, und er fragte sich, ob dieser immer noch die Sachen seines verschollenen Herrn bewachte, oder ob man ihn mit allem Gepäck zurück nach Italien geschickt hatte oder gar verkauft. Damon würde seinen Herrn nicht vermissen; zu oft hatte er dessen Hand oder die schlanke Gerte spüren müssen. Ein braver Sklave wie er konnte es nur besser treffen, es sei denn, dass ihn jemand in seine Hände brachte, um sich an dem hübschen Knaben zu weiden.
Galle stieg ihm in die Kehle, doch die Erinnerung an einen harten Griff in seinen Nacken verblasste angesichts der Frage, was Aulus Trebius in dem halben Jahre seit seiner Gefangennahme widerfahren sein mochte. Seine Schlachtung ein Menschenopfer zu nennen erschien Cinna absurd, nachdem alles Menschliche in ihm getilgt worden und ihm nur die Begabung zu sprechen geblieben war.
Kopfschüttelnd griff er nach Hrabans Schwert, das neben ihm an einem der Pfosten lehnte, zog es aus der Scheide und musterte die Klinge. Einige winzige Scharten verunzierten die Schneide, Kratzer und Schlieren. Das Blut war abgewaschen worden, und dennoch war ihm, als hafteten Spuren auf dem Stahl und verschmierten zu einem matten Film, während er beharrlich mit dem fettigen Tuch darüber rieb. Ob auch die Lanze, die sich in seinen Oberschenkel gebohrt hatte, noch Spuren seines Blutes trug? Oder das Schwert, das seine Schulter getroffen hatte?
Ungleichmäßige Schritte kamen über den Hof, und Cinna sah Hraban, der das rechte Bein noch immer nachschleifte und das Gesicht zu einem schwachen Lächeln verzog. Am Morgen war er gemeinsam mit Sunja aufgebrochen, um die Anstrengungen seiner Mutter, seine Verletzungen zu heilen, mit einem Opfer und Gebeten beim Quellheiligtum zu unterstützen. Das Mädchen hatte offenbar Gefallen am Reiten gefunden, denn sie saß noch immer auf der mausgrauen Stute in der Mitte des Hofes und hielt Cheimons Zügel.
Cinna strich ein letztes Mal der Länge nach über die Klinge, blickte prüfend auf den weißen Stahl, ehe er ihn in der schützenden Scheide versenkte. Die Schlieren waren geblieben, selbst wenn niemand außer ihm sie sehen konnte, sie waren da.
»Du musst das nicht tun«, begann Hraban und deutete auf den Jungen. »Das ist seine Arbeit.«
Cinna blickte auf. »Jemand sollte ihm zeigen, wie man es macht. Außerdem ist es nicht meine Art, untätig herumzusitzen.«
»Das hat anfangs anders ausgesehen.« Hraban ließ die Augen aufblitzen. »Und nun haben wir andere Aufgaben für dich.«
»Ich fürchte, das wird unmöglich sein, da dein Bruder jetzt wieder hier ist.«
»Er wird nicht lange bleiben. Ich spüre den Geist, der ihn umtreibt, und stehe damit nicht alleine. Gunthis und die Aussicht auf einen Sohn werden ihn nicht lange bändigen können.«
Um das verletzte Bein zu entlasten, lehnte Hraban sich an den Schuppen. Cinna folgte seinem Blick über den Hof, wo Sunja mit schräg gelegtem Kopf wartete. Der Rock bauschte sich lose um ihre Beine, entblößte die Knöchel über den feinledernen Schuhen.
Cinna wandte sich ab, und als er sah, dass Hraban wachsam die Brauen hob, schoss ihm das Blut ins Gesicht. Rasch senkte er den Kopf, zumal Sunja ihre Stute und den Fuchs mit einem Zungenschnalzen veranlasste, sich ihrem Bruder zu nähern.
»Wir werden morgen zu Waihtis gehen und die Männer in Augenschein nehmen«, sagte Hraban.
»Ich halte das für keine gute Idee«, murmelte Cinna. »Was wird geschehen, wenn Liuba bemerkt –«
»Was soll schon geschehen? Er wird gar nicht hier sein. Vater hat ihn geheißen, gemeinsam mit ihm Dagumers’ Anwesen und Land zu besuchen. Schließlich wollen sie
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