Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
vor einer weiteren Patrouille warnen konnten.
    Er würde irgendwie nach Moskau zurückkehren müssen, und das war von der Datscha aus bestimmt am ehesten möglich. Dort würde es Autos geben, von denen er notfalls eines stehlen konnte; dort würde es Gäste geben, die er bitten konnte, ihn in die Stadt mitzunehmen. Sein Ruf als trinkfreudiger Partygänger würde ihm zustatten kommen, wenn er sein erbärmliches Aussehen erklären musste: Er sei draußen mit einem Mädchen verabredet gewesen, konnte er verlegen behaupten; er sei betrunken gewesen, hingeknallt und bewusstlos geworden . Irgendeine Geschichte dieser Art ließ sich erfinden und würde vermutlich sogar geglaubt werden. War die Gattin des Botschafters noch dort, was anzunehmen war, weil sie Wochenendgäste hatte, dann würde sie nur zu gerne die tollsten Geschichten über ihn glauben. Gewiss, sie hatte ihn wegfahren gesehen, aber sie würde nicht im Geringsten überrascht sein, wenn sie hörte, dass er mit einer Frau verabredet gewesen war.
    Als er sich der Datscha näherte, stieß er als Erstes auf den Stall, den er von der Veranda aus gesehen hatte. Hier waren die Pferde von Botschaftsangehörigen eingestellt. Und hier würde er für den Rest der Nacht schlafen können, ohne irgendwelche Fragen beantworten zu müssen.
    Er bemühte sich, den Stall möglichst lautlos zu betreten, um die Tiere nicht zu wecken.
    Aber er hörte die Pferde schnauben und prusten, als er hereinkam. Von der Stalldecke hing eine Petroleumlampe herab, die vermutlich wegen der Pferde auch nachts brannte. Sie strahlte flackerndes gelbliches Licht ab. In den insgesamt zehn Boxen standen nur drei Pferde: prachtvolle Araber, zwei Schwarze und ein Brauner. Ein Pferd wieherte leise. Diese Tiere waren schön, aber ziemlich nervös, und wenn er's nicht schaffte, sie zu beruhigen, würden sie vielleicht so viel Lärm machen, dass jemand vom Personal oder die in der Datscha schlafenden Gäste aufwachten.
    Ein Pferd nach dem anderen begann den Kopf zu heben, einen langen Hals zu machen und durch die Nüstern zu schnauben. Ihre Ohren waren jetzt aufgestellt, wurden nach hinten gedreht, sie horchten aufmerksam. Metcalfe näherte sich dem ersten Tier nicht genau von hinten, was es nervös gemacht hätte, sondern von der Seite. Dabei sprach er halblaut und beruhigend auf das Pferd ein. Das Tier prustete leise, als er begann, erst Hals und Widerrist und danach seine schlanken Flanken zu tätscheln. Binnen weniger Minuten legte sich die Nervosität des Pferdes; seine gespitzten Ohren sanken nach vorn, und es bleckte nicht mehr die Zähne. Auch die anderen Tiere wurden ruhiger. Ihr Atem wurde regelmäßig, fast unhörbar.
    Metcalfe streckte sich auf einigen Strohballen in der Nähe der etwas Wärme spendenden Petroleumlampe aus. Der dringend benötigte Schlaf kam rasch, aber ihn quälten seltsame, wirre Träume.
    Ein Strahl hellen Sonnenlichts weckte Metcalfe. Es war früher Morgen, und obwohl er noch stundenlang hätte weiterschlafen können, wusste er, dass er schleunigst aufbrechen musste. Er fühlte sich wie zerschlagen, denn das unbequeme Nachtlager im Stroh hatte die Prellungen und Zerrungen, die er auf der Flucht durch den Wald erlitten hatte, noch verschlimmert. Und er war über und über mit staubigem Stroh bedeckt. Er setzte sich auf, wischte sich Stroh aus dem Gesicht und rieb sich dann die müden Augen.
    Plötzlich knarrten rostige Türangeln, und der Stall wurde von Sonnenlicht durchflutet. Die Tür öffnete sich. Metcalfe sprang auf, war mit einem Satz in einer leeren Pferdebox und drückte sich an die Seiten wand. Die Pferde wieherten leise - nicht ängstlich, sondern zur Begrüßung. Sie schienen die Gestalt zu kennen, die jetzt hereinkam.
    Das tat auch Metcalfe.
    Eine schlanke Gestalt in Reitkleidung mit einer Strickmütze mit Ohrenklappen: Lana.

Kapitel Achtzehn
    »Lana«, sagte er halblaut.
    Sie blinzelte, als sei sie überrascht, ihn zu sehen, und wirkte trotzdem nicht völlig überrascht. Bevor sie ihrem Gesicht einen missbilligenden Ausdruck geben konnte, erhaschte Metcalfe einen flüchtigen Blick auf etwas, das Freude täuschend ähnlich sah.
    »Stiwa?« Sie schien zu versuchen, einen kühlen, ermahnenden Ton in ihre Stimme zu legen. »Aber ... wir waren uns doch einig, heute bei Einbruch der Dunkelheit im Sokolniki-Park.«
    »Ich konnte es wohl nicht erwarten.«
    Sie schüttelte den Kopf und musste unwillkürlich kichern. »Sieh dich bloß an! Was ist aus dem bestgekleideten

Weitere Kostenlose Bücher