Der Tristan-Betrug
flüsternd.
»Also gut. Folgen Sie mir hinaus, ohne zu sprechen.«
Kurz nachdem der Diplomat den Laden verlassen hatte, folgte Metcalfe ihm auf die Straße. Als Hilliard auf dem Arbat in Richtung Smolensker Platz weiterging, schloss Metcalfe zu ihm auf.
»Was zum Teufel wollen Sie?«, fauchte Hilliard. »Falls es um die zweite Lieferung Dokumente geht, wissen Sie, dass ich dafür eigens einen toten Briefkasten eingerichtet habe, und außerdem kommt der Kurier erst gegen Abend an. Und ich dachte, ich hätte Ihnen auch klar gemacht, dass es keine persönlichen Treffs mehr geben kann!«
»Ein Freund von mir ist heute ermordet worden.«
Milliard warf Metcalfe einen raschen Blick zu, dann sah er wieder weg. »Wo?«
»Im Metropol.«
»Im Metropol? Jesus. Wo, in seinem Zimmer?«
»In meinem Zimmer. Der Täter hatte es auf mich abgesehen.«
Milliard atmete langsam und lange aus, und Metcalfe erzählte ihm von Roger - wer er gewesen war, seine Verbindung zu ihm, was er in Moskau gemacht hatte.
»Was brauchen Sie also?«, fragte Milliard, dessen Stimme etwas milder klang.
»Zwei Dinge. Erstens muss ich sofort mit Corky Verbindung aufnehmen.«
»Sie haben selbst gesehen, dass der schwarze Kanal nicht sicher ist, Metcalfe .«
»Ich weiß, dass Sie Möglichkeiten haben, Corky zu erreichen. Ob Sie dazu einen Hintereingang, Rauchsignale oder eine gottverdammte Flaschenpost benützen, ist mir egal. Aber Leute wie Sie haben immer eine Möglichkeit. Sie kennen die Vorschriften so gut wie ich - wird jemand aus Corkys Netzwerk Opfer eines Mordanschlags, will er schnellstmöglich davon erfahren.«
»Ich lasse Sie nicht wieder in der Botschaft unsere Nachrichtenkanäle benützen, Metcalfe.«
»Das ist mir scheißegal - Sie können das Telegramm an meiner Stelle schicken. Teilen Sie ihm mit, dass Scoop Martin genau wie die Männer der Pariser Station ermordet worden ist. Er wurde ebenfalls garrottiert. Und an Ihrer Stelle würde ich das Kabel sofort losschicken.«
»Wird gemacht.«
Dann fügte Metcalfe hinzu, weil er sich an seine Zweifel in Bezug auf Milliard erinnerte: »Und ich möchte eine Bestätigung. Einen Beweis dafür, dass Corky meine Nachricht erhalten hat.«
»Wie?«
Metcalfe überlegte einen Augenblick. »Durch ein Wort. Das nächste Wort auf der Liste.« Wie mit allen übrigen Agenten im Einsatz hatte Corky mit Metcalfe eine Liste von Kennwörtern vereinbart, die nur sie kannten. Die von Corky aufgestellte Liste sollte willkürlich ausgewählte Begriffe enthalten, aber Metcalfe hatte seine Zweifel an ihrer Zufälligkeit. Corky war ein zu großer Rätselfreund, um die Gelegenheit zu verschlüsselten Mitteilungen ungenutzt verstreichen zu lassen.
»Wird gemacht«, sagte Hilliard. »Was brauchen Sie noch? Sie haben von zwei Dingen gesprochen.«
»Eine Pistole.«
*
Metcalfe rief aus einer Telefonzelle das Metropol an und gab vor, eine Nachricht für den Hotelgast Roger Martin hinterlassen zu wollen.
Die Reaktion würde aufschlussreich sein. Unterdessen war Rogers Leiche natürlich aufgefunden worden, und das gesamte Hotelpersonal würde davon wissen. Bestimmt war die Polizei verständigt worden; wahrscheinlich auch der NKWD. Aber die Reaktion des Angestellten am Empfang konnte nützliche Hinweise darauf liefern, wie alarmiert und misstrauisch die Behörden waren - ob er Anweisung hatte, speziell auf Metcalfe zu achten, ihn zu ködern und in eine Falle zu locken.
Die Stimme des Hotelangestellten versagte kurz, so stark war die nervliche Anspannung. Dann flüchtete er sich sofort in eisige Förmlichkeit: »Bedaure sehr, dieser Gast ist ... ist nicht mehr in unserem Haus. Weitere Auskünfte können nicht erteilt werden.«
»Ja, ich verstehe«, sagte Metcalfe. »Wissen Sie, wann er abgereist ist?«
»Keine Ahnung«, erwiderte der Angestellte. »Nicht die geringste. Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen.« Und er legte auf.
Metcalfe starrte verdutzt die Rückwand der Telefonzelle an. Das war die angstvolle, unverfälschte Reaktion eines Hotelangestellten gewesen, der nicht wusste, wie er reagieren sollte. Sie verriet Metcalfe etwas: Dieser Mann hatte keine Instruktionen erhalten. Wäre ein Kordon errichtet und ihm eine Falle gestellt worden - oder hätte Metcalfe im Zusammenhang mit dem Mord an Roger nur vernommen werden sollen -, hätte der junge Mann Befehl gehabt, anders zu reagieren. Er hätte den Anrufer ausgequetscht und versucht, möglichst viel aus ihm herauszubekommen.
Sehr verwirrend. Durchaus nicht
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