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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Volkskommissars für Verteidigung. Viele waren mit STRENG GEHEIM gestempelt. Metcalfe hatte keinen Zweifel daran, dass die Schriftstücke der schärfsten kriminal technischen Untersuchung in Berlin standhalten würden. Er bezweifelte auch nicht, dass sie genauestens untersucht werden würden.
    Dann wurde Metcalfe klar, dass Lana ermordet werden würde, falls die Dokumente als Fälschungen erkannt wurden. Und zwar nicht vom NKWD, sondern von den Nazis.
    Also hing von der Qualität der Fälschungen nicht nur der Erfolg von Corkys kühnem Plan ab.
    Auch Lanas Leben hing davon ab.
    Das Deckblatt des Stapels war unbeschriftet - damit nicht jeder, der damit umging, den brisanten Inhalt erraten konnte, vermutete Metcalfe. Als er die Schriftstücke überflog, beeindruckte ihn, wie plausibel sie erschienen, wie detailliert ... und wie außerordentlich irreführend. Corky hatte ihn vor mehreren Wochen eingehend über die sowjetischen Streitkräfte informiert, obwohl Metcalfe damals nicht gewusst hatte, wozu diese Einweisung gut sein sollte.
    »Russland ist ein Moloch«, hatte Corky behauptet.
    »Aber das verstehen die Deutschen nicht.«
    »Ach, kommen Sie«, hatte Metcalfe gesagt. »Natürlich wissen die Deutschen das - weshalb hätte Hitler sich sonst mit Stalin verbünden sollen? Der Führer respektiert nur Stärke. Mit einem Schwächling schließt er keinen Nichtangriffspakt.«
    Corky hatte gelächelt. »Ganz recht. Aber was die Deutschen glauben, dürfen Sie nicht mit dem verwechseln, was sie wissen.«
    Als Metcalfe jetzt die Dokumente überflog, begriff er die Illusion, die Corky, der große Illusionist, damit erzeugte. Es war, als betrachte man das Gemälde Ein Sonntagnachmittag auf der Ile de la Grande Jatte des Pointillisten Georges Seurat: Stand man zu dicht davor, sah man nur die winzigen, präzisen Pinseltupfer. Man musste ein paar Schritte zurücktreten, um die gesamte komplexe Szene zu erfassen.
    Wer diese Dokumente aufmerksam las, würde rasch erkennen, wie schwach die Rote Armee war. Das Gesamtbild war überzeugend, weil die Details stimmig waren. Es gab Soll- und Ist-Aufstellungen, Schriftverkehr zwischen dem Volkskommissar für Verteidigung, Marschall S. K. Timoschenko, und Generalstabschef K. A. Meretskow, Memoranden von Stabsoffizieren, alle mit Bestandslisten, Anforderungen - ein Wust von Papier, der das Bild eines Kolosses auf tönernen Füßen zeichnete. Diesen Fälschungen nach verfügte die Rote Armee nur über zwanzig Kavalleriedivisionen und zweiundzwanzig mechanisierte Brigaden - weit weniger, als die Deutschen glaubten. Die berühmte zweite strategische Welle der Sowjets - vor allem die 16. und 19. Armee und ihre mechanisierten Korps - befand sich in katastrophalem Zustand; ihr fehlten moderne schwere und mittelschwere Panzer. Die Flugzeuge der sowjetischen Luftwaffe waren veraltet. Die Knappheit an Waffen und Ausrüstung war katastrophal; das Material der Roten Armee war längst nicht mehr auf dem neuesten Stand. Der Mangel an Ersatzteilen war erschreckend: Gepanzerte und mechanisierte Brigaden erhielten durchschnittlich nur fünfzehn Prozent der angeforderten Mengen. Es gab kein einheitliches militärisches Fernmeldesystem; in einem Krieg würde die Rote Armee auf Nachrichtenmittel aus dem 19. Jahrhundert wie Kuriere und Telegramme zurückgreifen müssen. Alles in allem dokumentierten diese Schriftstücke alarmierende Defizite, die um jeden Preis geheim gehalten werden mussten.
    Nur stimmte das nicht.
    Metcalfe wusste genug, um zu erkennen, dass das in diesem Material heraufbeschworene plausible Bild auf keiner realen Grundlage beruhte. Die Rote Armee machte gegenwärtig Umwälzungen durch, das wusste er, aber sie war weit stärker, weit moderner - weit schlagkräftiger -, als sie hier dargestellt wurde.
    »Schwäche provoziert«, pflegte Corky zu sagen. Auf dem Birkenholztisch vor Metcalfe lag ein absolut überzeugendes pointillistisches Gemälde eines schwachen Staats. Hitlers Generale würden darin eine Möglichkeit, eine einmalige Chance sehen, die ergriffen werden musste. Sie würden dafür plädieren, Russland zu überfallen; für Hitler-Deutschland gab es dazu keine Alternative.
    Eine brillante Täuschung.
    Als Metcalfe die Dokumente vorsichtig zusammenschob, fiel ihm wieder das leere Deckblatt auf. Eigenartig: dies war kein gewöhnliches Blatt Schreibmaschinenpapier, sondern ein cremeweißer Bogen eines in England hergestellten hadernhaltigen Schreibpapiers, wie Corcoran es bevorzugte. Er

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