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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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ohnehin nur ein heidnischer Brauch, den die Christen übernommen haben. Bei uns gibt's auch keinen Weihnachtsmann, sondern wir haben djed moros - Väterchen Frost.«
    »Und die hier?«, fragte er, indem er auf einen polierten Rosenholzkasten auf einem Sideboard zeigte. In dem mit grünem Samt ausgeschlagenen offenen Kasten lagen zwei Duellpistolen in formgetreuen Mulden. Ihre Griffschalen aus Walnussholz waren teils geriffelt, teils mit Blattwerkschnitzerei reich verziert; die achteckigen Stahlläufe waren brüniert und mit stilisierten Flammen geschmückt.
    »Die müssen hundert Jahre alt sein«, meinte er.
    »Sogar älter. Sie sind der wertvollste Schatz meines Vaters -Duellpistolen, die Puschkin benützt haben soll.«
    »Fantastisch.«
    »Unsere Führer erzählen uns, dass sie den neuen Sowjetmenschen erschaffen, weißt du, dass wir alle neu, von der Geschichte unbefleckt, von schlimmen alten Traditionen und korrumpierender Abstammung befreit sind. Aber Familienwurzeln dieser Art existieren weiter. Sie geben uns weiterhin Halt. Kleine Dinge, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Sie vermitteln uns das Bewusstsein dafür, wer wir sind, diese Dinge . Wie heißt das Wort dafür gleich wieder? Es klingt so poetisch, finde ich.«
    Metcalfe lachte. »Familienerbstück?«
    »Ja, genau!«
    »Falls das Wort poetisch klingt, hast du ihm diesen Klang beigelegt.«
    »Familienerbstück«, wiederholte sie verträumt. Sie behandelte das Wort so vorsichtig, als sei es selbst ein wertvolles antikes Stück. »Mein Vater hat eine ganze Anzahl solcher Erbstücke -seine geheimen Schätze, auf die er sehr stolz ist. Kleine Schätze, die er nicht wegen ihres Werts sorgfältig bewahrt, sondern weil so viele seiner Vorfahren darauf geachtet haben, sie ihm zu hinterlassen. Wie diese Spieluhr von Palech.« Lana deutete auf einen schwarz lackierten Kasten, auf dem ein farbenprächtiger Feuervogel montiert war. »Oder diese Ikone aus dem fünfzehnten Jahrhundert, auf der die Verklärung Christi dargestellt ist.« Die nur etwa zwölf mal fünfzehn Zentimeter große Ikone zeigte Jesus in leuchtenden Gewändern, wie er sich in Gegenwart zweier Jünger in eine strahlende spirituelle Erscheinung verwandelte.
    »Und eines Tages gehören alle diese Sachen dir.«
    Lana wirkte nachdenklich. »Nichts Wertvolles gehört uns jemals. Es ist nur in unsere Obhut gegeben.«
    »Aber ich sehe hier nichts, was dir gehört, Liebste. Du musst viele Geschenke von Verehrern bekommen. Wo bewahrst du die auf?«
    »Dafür sind Großmütter da. Großmütter, die weit von hier entfernt wohnen. Großmütter, die in Jaschkino leben.«
    »Wo liegt Jaschkino?«
    »Jaschkino ist ein kleines Dorf im Kusnezer Becken. Viele Bahnstunden von Moskau entfernt. Die Leute dort bezeichnen sich als >Provinzler durch und durchc, und das ist prahlerisch, nicht entschuldigend gemeint.«
    »Bei euch Russen ist der Unterschied manchmal schwer zu erkennen. Aber wenigstens hast du dort einen sicheren Platz für deine eigenen zukünftigen Erbstücke.«
    »Du scheinst dir Aladins Schatzhöhle vorzustellen. Mein Schatz besteht vor allem aus einem Geschenk von einem ganz bestimmten Verehrer - dafür ist's allerdings ein wahrhaft unvergleichlicher Schatz.«
    »Ah, schon wieder! Heraus mit der Sprache Lana: Ist das prahlerisch oder entschuldigend gemeint?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Du fängst nur gerade an, mich ein bisschen eifersüchtig zu machen.«
    »Dazu hast du keinen Grund. Das Geschenk deiner Liebe ist mir mehr wert als alles andere.« Sie zog ihn an sich. »Mein Stiwa, was du mir gegeben hat, seit wir uns kennen . das bedeutet mir mehr, als du ahnen kannst. Mehr, als du jemals wissen wirst.«
    »Lana, ich .«
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Sie starrte es überrascht an und ließ es mehrmals klingeln, bevor sie widerstrebend nach dem Hörer griff.
    »Allo? ... Ja, ich bin's, Lana ...« Ihr Gesicht wurde blass. Sie hörte zu, warf nur manchmal ein paar Silben ein. Dann bedankte sie sich für den Anruf und legte auf.
    »Das war mein Freund Ilja, der Bühnenarbeiter«, erklärte sie Metcalfe. Sie wirkte beunruhigt, geradezu ängstlich. »Er hat in dem Code gesprochen, den wir uns für Telefongespräche zurechtgelegt haben. Ilja sagt, dass mein Aufpasser Kundrow heute im Bolschoi war und sich eingehend nach mir erkundigt hat. Und nach meinem Freund, dem Amerikaner.«
    »Bitte weiter.«
    »Aber er war nicht der Einzige. Außer ihm waren noch andere da.

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