Der Tristan-Betrug
führen. Dessen war er sich sicher.
*
Amos Hilliard hatte den Eindruck, die Pistole unter seinem Jackett sei bleischwer. Er war es nicht gewöhnt, eine Waffe zu tragen, mochte ihr Gewicht nicht und verabscheute, was er damit tun sollte. Aber es musste nun einmal getan werden. Corky hatte darauf bestanden. Die verschlüsselt übermittelte Nachricht war mehr als eindeutig gewesen.
Metcalfe ist eine Gefahr für das Unternehmen, deshalb eine Gefahr fürs Schicksal der freien Welt. Er muss aus trauriger Notwendigkeit liquidiert werden.
Der junge Agent hatte befehlsgemäß seinen Auftrag ausgeführt. Aber er war enttarnt worden. In Moskau wimmelte es von gottverdammten NKWD- und GRU-Leuten, die kurz davor waren, den Kerl zu fassen. Sie würden ihn erwischen; das war nur noch eine Frage der Zeit. Corky konnte Metcalfe unmöglich rechtzeitig außer Landes schaffen lassen. Und sobald er geschnappt war, würden sie ihn verhören, wie es nur die Russen konnten, und Metcalfe würde auspacken; auch das stand absolut fest. Das gesamte Unternehmen würde verraten werden, und das durfte -und wollte - Corky nicht zulassen. Hier stand zu viel auf dem Spiel. Der Erfolg seines Unternehmens durfte nicht durch Rücksichtnahme auf ein einzelnes Menschenleben gefährdet werden.
In Augenblicken wie diesem fragte Milliard sich immer wieder, ob er tatsächlich für seinen Job geeignet war. Solche Aufträge waren wirklich der schlimmste Teil seiner Arbeit. Er mochte Metcalfe irgendwie, aber das war nicht der Hauptgrund. Er wusste, dass Metcalfe einer der guten Kerle, vielleicht sogar ein Idealist war. Der junge Mann war kein Verräter. Aber Corky hatte unmissverständlich den Befehl erteilt, und Hilliard blieb keine andere Wahl. Er musste den Auftrag ausführen, ob er wollte oder nicht. Metcalfe erreichte das Restaurant Aragwi sieben Minuten zu früh. Bei Milliard, der bestimmt überpünktlich war, bedeutete »in ungefähr einer halben Stunde« genau dreißig Minuten. Die gewohnte Warteschlange vor dem Eingang hatte sich noch nicht gebildet, weil es zum Abendessen zu früh war; so war es für Metcalfe leichter, das Kommen und Gehen zu beobachten. Während er Haupt- und Nebeneingang des Restaurants von seinem Beobachtungspunkt auf den Stufen vor dem Telegrafenamt in der Gorkistraße im Auge behielt, fiel ihm ein, dass er Ted Bishop versprochen hatte, ihn wegen eines Treffpunkts anzurufen. Dieser Anruf würde warten müssen, bis er mit Milliard gesprochen hatte. Die Schmerzen in seiner Schulter hatten ein wenig nachgelassen, aber er spürte weiter ein dumpfes Pochen und konnte den Arm kaum heben.
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Um nicht gesehen zu werden, betrat Amos Milliard das Aragwi durch den Hintereingang und folgte dem schwach beleuchteten Korridor zur Herrentoilette.
Er war überrascht und leicht entnervt, als er dort jemanden vorfand. Am Waschbecken stand ein Mann, der sich mit Wasser und Seife energisch die Hände wusch. Nun, das machte nichts. Hilliard würde warten. Sobald der Kerl gegangen war, würde er seine Pistole ziehen und den Schalldämpfer auf das Spezialgewinde an der Mündung schrauben. Dann würde er sich nochmals davon überzeugen, dass die Waffe durchgeladen und entsichert war.
Stephen Metcalfe würde erwarten, hier falsche Papiere und genaue Anweisungen dafür zu bekommen, wie er Russland heimlich verlassen sollte. Keinesfalls würde er damit rechnen, dass Milliard eine Pistole mit Schalldämpfer ziehen und ihn mit zwei, drei Kopfschüssen erledigen würde.
Milliard verabscheute diesen Auftrag, aber er hatte wirklich keine andere Wahl.
Er zögerte, sah zu dem Mann am Waschbecken hinüber, der sich bemerkenswert gründlich die Hände wusch und dabei weit mehr Schaum produzierte, als Milliard mit dieser beschissenen Russenseife für möglich gehalten hätte.
Irgendetwas an dem Mann mit der ausdruckslosen Miene, den aristokratischen Zügen und den langen, zarten Fingern kam Milliard quälend bekannt vor. Er überlegte, ob er dieses Gesicht schon einmal irgendwo gesehen hatte. Erst vor kurzem, dachte er; konnte das sein? Aber nein, er war nur ein bisschen nervös.
Dann sah der Mann am Waschbecken auf, ihre Blicke begegneten sich, und Amos Milliard empfand jäh einen unerklärlichen Schauder.
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Genau eine Minute vor der für ihren Treff vereinbarten Zeit überquerte Metcalfe die Gorkistraße und ging zum Lieferanteneingang des Restaurants weiter. Dieser Eingang war natürlich nicht abgesperrt, weil häufig Lebensmittel und Getränke
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