Der Tristan-Betrug
nicht mehr; auf der Bühne und im Saal herrschte Chaos! Aber Metcalfe konnte nicht aufblicken, um festzustellen, was passiert war. Der Blonde setzte sich zur Wehr, drehte und wand seinen Körper und versuchte, Metcalfe mit starken Armen wegzustoßen, aber er war von dem Zusammenprall noch halb benommen. Plötzlich traf etwas Hartes Metcalfes Hinterkopf - so kräftig, dass er Blut schmeckte. Das war der Pistolengriff des NKWD-Mannes: Dem Russen war es gelungen, die rechte Hand zu befreien und mit der Waffe zuzuschlagen.
Metcalfe grunzte; dann rammte er dem NKWD-Agenten sein Knie noch kräftiger in den Magen und entwand ihm gleichzeitig die Waffe. Er holte aus und traf den Russen mit dem Pistolengriff so fest an der Schläfe, dass er zuerst fürchtete, er habe ihn erschlagen.
Der Körper des Blonden wurde schlaff, seine Arme sanken herab, und Metcalfe konnte das Weiße seiner Augen sehen. Er war bewusstlos - aber wie lange?
Jetzt erklangen die Schreie aus allen Richtungen. Männer kamen auf ihn zu, Bühnenarbeiter, die sich beeilten, den Eindringling zu fassen. Metcalfe sprang auf, sah sich umzingelt!
Er warf sich nach rechts herum, rannte zu einer Eisenleiter und stieg sie hastig hinauf. Sie führte zu einer aus Metallrohren und Holzbohlen konstruierten Brücke direkt über der Bühne. Sobald Metcalfe die Brücke erreichte, zog er die Leiter hoch, damit niemand ihm folgen konnte. Als er über die Brücke lief, sah er zum ersten Mal, was geschehen war, als er das Seil gelöst hatte. Kein Wunder, dass die Musik verstummt war und im Zuschauerraum eine wüste Kakophonie herrschte. Metcalfe hatte einen schweren Samtvorhang vor der Bühne herabgehen lassen und die Vorstellung jäh unterbrochen. Das Publikum war begreiflicherweise verwirrt, und viele Leute drängten zu den Ausgängen, weil sie fürchteten, irgendwo im Theater sei ein Brand ausgebrochen.
Die Brücke führte zu einem weiteren Steg in luftiger Höhe. Metcalfe rannte den schmalen Metallsteg entlang, bis er eine Luke erreichte, die mit einer Holztür gesichert war. Die Schreie von unten wurden lauter, aufgeregter, während Bühnenarbeiter versuchten, den Eindringling im weißen Arztmantel zu fassen, der mitten in Schwanensee den Vorhang hatte fallen lassen. Metcalfe zog die schwere Tür auf. Dahinter lag ein Gang, in dem es stockfinster wurde, als die Tür wieder zufiel. Metcalfe tastete sich durch den niedrigen Lauf gang weiter. Die Stimmen, die Schreie auf der Bühne unter ihm klangen jetzt gedämpft. Er stolperte weiter und streckte dabei die Hände aus, um vor unsichtbaren Hindernissen sicher zu sein.
Ein schmaler Lichtstreifen quer über dem Fußboden kündigte eine weitere Tür an; Metcalfe machte Halt, tastete nach dem Türrahmen und fand die Klinke dieser nächsten Tür. Als er sie herabdrückte und die Tür aufstieß, befand er sich auf einem schlecht beleuchteten Korridor, der ihm vage bekannt vorkam.
Ja! Er war ihn entlanggegangen, als er Lana neulich in ihrer Garderobe aufgesucht hatte. Im nächsten Augenblick hatte er die Orientierung wiedergefunden, ging in entgegengesetzter Richtung weiter, bog um eine Ecke und befand sich auf dem langen Flur zwischen den Künstlergarderoben. Die dritte Tür, auf der BARANOWA, S. M. stand, war einen Spalt weit offen.
Metcalfe rannte darauf zu, hörte Stimmen aus der Garderobe. Sie war dort drinnen! Lana trug noch das schneeweiße Kostüm der Schwanenkönigin, hatte den Federkopfschmuck auf und sprach mit einem jungen Bühnenarbeiter mit rosigen Pausbacken.
»Das hat nichts zu bedeuten«, versicherte der junge Mann der Primaballerina. »Kein Grund zur Besorgnis - eine Panne in der Bühnentechnik, bestimmt nicht mehr.«
»So was Verrücktes!«, sagte Lana aufgeregt. »Das ist noch nie passiert! Wo ist der Direktor, der Inspizient? Jemand muss vor den Vorhang treten und die Leute beruhigen!«
Sie sah auf, holte erschrocken tief Luft. »Stiwa!«, rief sie aus. »Was tust du hier? Was ...?«
»Keine Zeit, Lana. Hör mir zu!« Sein fragender Blick galt dem Bühnenarbeiter.
»Keine Sorge, Stiwa. Dies ist mein Freund Ilja. Du erinnerst dich? Der mich angerufen hat, um mich zu warnen.«
»Nein, tut mir Leid, Lana. Wir müssen unter vier Augen miteinander reden.« Er deutete auf die Tür. Ilja nickte verlegen und ging hastig hinaus.
Lana warf sich in Metcalfes Arme und drückte ihn an sich. Sie war für die Bühne stark geschminkt, und ihre Augen waren dick schwarz umrandet, aber das tat ihrer Schönheit
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