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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Unterlippe vor. »Ihr Deckname, Stephen. Er lautet Romeo, stimmt's?«
    Metcalfe verdrehte die Augen, dann zuckte er verlegen mit den Schultern.
    »Ihr Draufgängertum in Bezug auf das schöne Geschlecht bringt mich noch zur Verzweiflung.« Corky lachte trocken und steckte ein weiteres Pfefferminz in den Mund. »Aber gelegentlich ist die von Ihnen hinterlassene Spur aus gebrochenen Herzen unserer Sache sogar dienlich.«
    »Wie das?«
    »Ich spreche von einer Frau, mit der Sie vor einiger Zeit eine Affäre hatten.«
    Metcalfe blinzelte. Das traf auf eine ganze Reihe von Frauen zu, und er hatte keine große Lust, sich auf ein Ratespiel einzulassen.
    »Diese Frau - diese ehemalige Flamme von Ihnen - hat sich mit einem sehr wichtigen Nazi, einem hohen Beamten eingelassen.«
    »Ich weiß nicht mal, von wem Sie reden.«
    »Nein, natürlich nicht. Das war vor sechs Jahren. In Moskau.«
    »Lana!«, flüsterte Metcalfe.
    *
    Er spürte den Schock wie einen Stromstoß. Nur ihren Namen zu hören - ein Name, den er nie wieder zu hören geglaubt hatte -ließ Lana vor seinem inneren Auge erscheinen, so deutlich war seine Erinnerung an sie.
    Lana - Swetlana Baranowa - war eine außergewöhnliche Frau, unglaublich schön, faszinierend, leidenschaftlich. Sie war die erste große Liebe seines jungen Lebens gewesen.
    Das Moskau des Jahres 1934 war eine düstere, verängstigte und mysteriöse Stadt, als Stephen Metcalfe, der eben sein Studium in Yale abgeschlossen hatte, die Metropole besuchte. Die Familie Metcalfe machte in einem gewissen Umfang Geschäfte in Russland - in den zwanziger Jahren hatte Metcalfe senior mit staatlichen sowjetischen Stellen ein halbes Dutzend Gemeinschaftsunternehmen gegründet die von einer Bleistiftfabrik in Nowgorod bis zur Ölexploration in Georgien reichten. Als es irgendwo gehakt hatte, was in der sowjetischen Bürokratie unvermeidbar war, hatte Metcalfe seine beiden Söhne hinübergeschickt, wo sie die Differenzen ausräumen sollten. Während sein Bruder Howard gleichmütig in endlosen, wenig fruchtbaren Besprechungen mit sowjetischen Funktionären saß, erkundete Stephen die Hauptstadt fasziniert staunend. Besonders hingezogen fühlte er sich zu dem großartigen Bolschoitheater, dessen imposanter Portikus von einem bronzenen Apoll auf seinem Streitwagen gekrönt wurde.
    Dort, in dem riesigen Prachtbau aus dem 19. Jahrhundert, erlag er der Faszination einer schönen jungen Ballerina. Auf der Bühne schwebte, sprang und flog sie von einer ätherischen Aura umgeben, die durch ihren Porzellanteint, dunkle Augen und seidiges schwarzes Haar noch erhöht wurde. Abend für Abend bewunderte er ihre scheinbar mühelosen graziösen Bewegungen in Roter Mohn und Schwanensee. Aber sie war niemals eindrucksvoller als in der Hauptrolle von Igor Moisejews Version von Tristan und Isolde.
    Nachdem Metcalfe es endlich geschafft hatte, eine Begegnung mit ihr zu arrangieren, wirkte die junge Russin von den Aufmerksamkeiten des reichen Amerikaners geradezu überwältigt. Aber sie hatte keine Ahnung, wie überwältigt der reiche Amerikaner von ihr war - auch wenn er als kultivierter Mann von Welt auftrat. Als die Verhandlungen im Auftrag des Vaters nach einigen Monaten beendet waren, reisten die Brüder Metcalfe wieder aus Moskau ab. Für Stephen war der Abschied von Swetlana Baranowa die schmerzlichste Trennung seines bisherigen Lebens. Im Nachtzug von Moskau nach Leningrad saß Stephen in einem Schlafwagenabteil die ganze Nacht mit versteinerter Miene wach. Howard dagegen schlief gut neben ihm, und als er eine Stunde vor der Ankunft in Leningrad von der mürrischen Alten geweckt wurde, die ihnen Tee servierte, scherzte er mit seinem jüngeren Bruder und machte sich über ihn lustig. Howard war so vernünftig und gefühllos, wie es nur ältere Brüder sein können. »Komm schon, vergiss sie«, forderte er Stephen auf. »Sie ist eine Ballerina, um Himmels willen. Die Welt ist voller schöner Frauen - das wirst du schon noch merken.«
    Stephen starrte nur trübselig aus dem Abteilfenster, vor dem endlose Wälder vorbeizogen.
    »Außerdem kannst du's mit ihr nicht ernst gemeint haben. Ich möchte nicht wissen, was Vater sagen würde, wenn er jemals herausbekäme, dass du dich mit einer Ballerina eingelassen hast. Das ist fast so schlimm wie eine Schauspielerin!«
    Metcalfe ächzte, starrte weiter aus dem Fenster.
    »Eines gebe ich allerdings zu«, sagte Howard. »Die Kleine war wirklich zum Anbeißen.«
    *
    »Swetlana Baranowa

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