Der Tristan-Betrug
ist jetzt Primaballerina am Bolschoi«, sagte Alfred Corcoran. »Und seit einigen Monaten ist sie die Geliebte eines in Moskau stationierten hohen Beamten des deutschen Auswärtigen Amts.«
Metcalfe schüttelte den Kopf, als wolle er sein Gehirn von Spinnweben befreien. »Lana?«, wiederholte er. »Mit einem Nazi?«
»Offenbar«, sagte Corcoran.
»Und ... und woher wissen Sie, dass ich ... dass ich eine ... eine Affäre mit ihr gehabt habe?«
»Sie werden sich bestimmt erinnern, dass ich Sie bei der Einstellung einen langen, detaillierten Fragebogen habe ausfüllen lassen, über fünfzig Seiten. Darin sollten Sie sämtliche Auslandskontakte angeben - Freunde, Angehörige, Verwandte, jedermann. Sie haben Verwandte in Buenos Aires, Schulfreunde in Luzern, Freunde in London und Madrid angegeben. Aber niemanden in Moskau, obwohl Moskau auf der Liste Ihrer Reiseziele genannt war. In diesem Punkt habe ich nachgehakt -sollten Sie wirklich ein paar Monate in Moskau gelebt und niemanden kennen gelernt haben? Und Sie haben zugegeben, dass Sie dort diese ... nun, diese Affäre gehabt haben.«
»Das hatte ich vergessen.«
»Mein New Yorker Mitarbeiterstab ist ziemlich klein, wie Sie wissen, aber meine Leute sind findig. Sie verstehen sich darauf, Querverbindungen herzustellen. Als ein Bericht über einen gewissen Rudolf von Schüssler, Attaché der deutschen Botschaft in Moskau und angeblich kein überzeugter Nazi, auf dem Schreibtisch einer Rechercheurin gelandet ist, war sie clever genug, um eine Verbindung zwischen zwei Fakten herzustellen. In dem Überwachungsbericht wurde Schüssler mit einer Ballerina des Bolschoitheaters namens Swetlana Baranowa in Verbindung gebracht, und dieser Name ist meiner Mitarbeiterin bekannt vorgekommen.«
»Lana die Geliebte eines deutschen Diplomaten?«, sinnierte Metcalfe laut, allerdings mehr für sich selbst.
»Seit Hitler und Stalin letztes Jahr ihren Nichtangriffspakt geschlossen haben, dürfen die deutschen Diplomaten in Moskau gesellschaftlich relativ frei mit ausgewählten privilegierten Russen verkehren. Der deutsche auswärtige Dienst ist natürlich ein Hort reicher Aristokraten aus alten Familien - das Gesellschaftsregister ist nicht auf unser Land beschränkt, wie Sie wissen -, von denen einige ganz unverblümt durchblicken lassen, dass sie Hitler und seine Nazirabauken verabscheuen. Wir vermuten, dass Rudolf von Schüssler mit der geheimen Opposition gegen Hitler sympathisiert. Aber trifft das zu? Und wie stark sind seine Sympathien? So stark, dass er bereit wäre, an Hitlers Sturz mitzuarbeiten? Das müssen Sie für mich herausfinden.«
Während Metcalfe nickte, fühlte er seine Erregung wachsen. Wieder nach Moskau! Und ... zu Lana!
»Den Ablauf stelle ich mir folgendermaßen vor«, fuhr Corcoran fort. »Heutzutage ist's für Ausländer verdammt schwierig, in die Sowjetunion reinzukommen. Das war noch nie einfach, aber jetzt ist's schwieriger denn je. Vermutlich wäre es möglich, einen Agenten getarnt einzuschleusen, aber das wäre außerordentlich riskant. Und es ist in diesem Fall auch nicht nötig. Ich möchte, dass Sie ohne Tarnung hinreisen - einfach als Sie selbst. Sie werden einen völlig plausiblen Grund für eine Moskaureise haben: Ihre Familie muss abschließende Verhandlungen wegen einer Kapitalerhöhung bei einigen alten Gemeinschaftsunternehmen führen.«
»Davon weiß ich nichts.«
»Oh, Ihnen wird schon was einfallen. Die Einzelheiten besprechen Sie am besten mit Ihrem Bruder. Dazu verschaffen wir Ihnen bald Gelegenheit. Glauben Sie mir, sobald Aussicht besteht, dass Devisen ins Land kommen, sind die Sowjets nur allzu gern zu Gesprächen bereit. Auch wenn sie uns täglich in der Prawda anprangern.«
»Sie reden von Schmiergeldern.«
»Ich rede von allem, was nötig ist. Die Methode interessiert nicht. Wichtig ist nur, dass die Russen Ihnen ein Visum ausstellen, damit Sie sich legal in Moskau aufhalten können. Während Ihres Aufenthalts werden Sie auf einer Party in unserer Botschaft >zufällig< Ihrer alten Flamme Swetlana wieder begegnen. Sie werden sich mit ihr verabreden, was ganz normal ist.«
»Und?«
»Die Details überlasse ich Ihnen. Vielleicht können Sie die alte Romanze wieder aufleben lassen.«
»Die ist passe, Corky. Wir haben uns getrennt.«
»In aller Freundschaft, wie ich Sie kenne. Ihre ehemaligen Geliebten scheinen sich alle mit wehmütiger Zuneigung an Sie zu erinnern. Wie Sie das schaffen, ist mir ein Rätsel.«
»Aber
Weitere Kostenlose Bücher