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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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beschreiben.«
    »Ich bin ihr Aufpasser, Metcalfe. Nicht mehr. Ich kann's nicht ändern, wenn meine Nähe zu ihr meine Aufgabe schwieriger gemacht hat, aber ich mache mir keine Illusionen, was ihre Meinung von mir betrifft. Sie hat mich stets für ihren Gefängniswärter gehalten - vielleicht etwas kultivierter, etwas zivilisierter als der Durchschnitt, aber trotzdem ein Gefängniswärter.«
    »Sie ist keine Frau, die man einsperren kann.«
    »Oder besitzen kann«, ergänzte Kundrow. »Die Hilfe, um die Sie mich bitten wollen - sie muss grashdanka Baranowa zugute kommen.«
    »Das tut sie.«
    »Ich würde alles tun, was in meinen Kräften steht, um ihr zu helfen. Das wissen Sie, glaube ich.«
    »Deshalb bin ich hier.«
    Kundrow nickte, nahm einen weiteren Zug von seiner Zigarette. »Eine schlimme Angewohnheit, aber viel angenehmer, wenn man statt einer russischen Zigarette eine deutsche raucht. Sogar die Faschisten stellen bessere Zigaretten her als wir.«
    »Für die Beurteilung eines Landes gibt's wichtigere Kriterien als seine Zigaretten.«
    »Gewiss. Aber Deutschland und Russland haben heutzutage mehr Gemeinsamkeiten als Differenzen.«
    Metcalfe zog die Augenbrauen hoch. »Mich wundert, dass Sie das sagen.«
    »Das habe ich Ihnen doch schon in Moskau gesagt. Ich kenne das System von Grund auf. Ich kenne seine Nachteile weit besser, als selbst Sie jemals vermuten würden. Deshalb überrascht es mich nicht, dass Sie grashdanka Baranowa helfen wollen, aus Russland zu flüchten.«
    Metcalfe war außerstande, seine Überraschung zu verbergen.
    »Aber ich glaube nicht, dass sie das will«, fuhr Kundrow fort. »Es gibt zu viel, was sie an Russland fesselt. In gewisser Weise lässt diese Frau sich doch einsperren.«
    »Sie hat darüber mit Ihnen gesprochen?«
    »Niemals. Das war nicht nötig.«
    »Sie verstehen sie.«
    »Ich verstehe, dass sie hin und her gerissen ist.«
    »Sie verstehen ihren Wunsch, aus der Sowjetunion zu fliehen?«
    »Verstehen? Ich empfinde ihn selbst. Ich würde ihn sogar zur Bedingung machen.«
    »Zur Bedingung? ... Wofür?«
    »Dass ich Ihnen helfe, dass ich Lana helfe. Das wäre mein Preis.«
    »Sie wollen überlaufen? Habe ich das richtig verstanden?«
    »Ich besitze Informationen, wertvolle Kenntnisse über GRU und NKWD, die der amerikanischen Regierung ungeheuer nützen könnten. Oder dem Dienst, für den Sie arbeiten. Ich kann Ihnen von großem Nutzen sein.«
    Metcalfe war wie vor den Kopf geschlagen. Nichts an Kundrows Art wies darauf hin, dass dies nur ein Versuchsballon war, mit dem der Russe seine Reaktion testen wollte. Nein, Kundrow meinte es ernst. »Weshalb? Warum wollen Sie desertieren?«
    »Fragen Sie das im Ernst?« Kundrow ließ seine Zigarettenkippe fallen, trat sie aus und zündete sich mit einem kleinen Messingfeuerzeug sofort eine neue Juno an. Seine Hand zitterte leicht; der Mann war nervös. »Sie, der mit eigenen Augen gesehen hat, was ein schrecklicher Tyrann aus einem der wundervollsten Länder der Welt gemacht hat, fragen mich, warum ich mein Land verlassen möchte. Sie, der den Terror, den Verfolgungswahn, die Verlogenheit, die Grausamkeit mit eigenen Augen gesehen hat? Erlauben Sie mir die Gegenfrage: Warum verstehen Sie nicht, dass ich aus diesem Gefängnis fliehen möchte?«
    »Aber Sie sind einer der Gefängniswärter!«
    »Auch Gefängniswärter sind manchmal nicht freiwillig auf ihrem Posten«, antwortete Kundrow leise, fast flüsternd. »Als ich Anfang zwanzig war, wurde mein Vater, der damals Oberstleutnant war, verhaftet. Er kam ins Gefängnis. Fragen Sie mich nicht, weshalb; Sie sollten wissen, dass es dafür oft keine handfesten Gründe gibt. Aber ich habe mich auf die Suche nach ihm gemacht. Ich habe bei sämtlichen Moskauer Dienststellen nachgefragt, bis ich in die GRU-Zentrale am Arbatplatz kam. Und dort bin ich selbst eingesperrt, misshandelt und gefoltert worden.« Er zeigte auf die neben seinem Mundwinkel verlaufende dünne weiße Narbe. Der zynische Gesichtsausdruck Kundrows, das erkannte Metcalfe jetzt, entstand in Wirklichkeit durch diese schmale Narbe, die seinen Mund entstellte. »Ich wurde schließlich unter der Bedingung entlassen, dass ich für die GRU arbeite.« Er nickte, als er Metcalfes ungläubige Miene sah. »Ja, nicht wenige von uns sind auf diese Weise >angeworben< worden.«
    »Und Ihr Vater?«
    »Der ist im Gefängnis gestorben«, sagte Kundrow gleichmütig. »Angeblich an einem Herzschlag. Die Wahrheit habe ich nie

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