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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Vielleicht sogar Sie selbst! Damit will ich vor allem eines sagen, Kundrow: Desertieren Sie - gehen Sie nach Amerika, England oder in irgendein anderes Land, das nach diesem gottverdammten Krieg noch frei ist -, sind Sie nur einer von hunderttausend russischen Flüchtlingen. Bleiben Sie jedoch in Moskau, behalten Ihre Ansichten für sich und arbeiten daran, das System von innen heraus zu verändern, dann haben Sie eine Chance! Die Chance, etwas zu bewirken, das den Lauf der Geschichte verändern kann. Eine Chance, die Maschinerie des Terrors daran zu hindern, unseren Planeten zu zerstören. Die Welt braucht Männer wie Sie in Moskau - anständige Männer, ehrenhafte Männer, vernünftige Männer, verdammt noch mal! Wissen Sie noch, was Sie mir in Moskau erklärt haben? Sie haben gesagt, Helden seien knapp und Russland brauche nicht weniger, sondern mehr Helden.«
    Kundrow hatte sich abgewandt und starrte die Außenmauer der Staatsoper an. Er verharrte so lange schweigend, dass Metcalfe schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete, aber als der Russe sich endlich wieder umdrehte, hatte sein Gesichtsausdruck sich verändert. Der stolze, fast hochmütige Ausdruck war verschwunden; an seine Stelle waren eine unerwartete Verwundbarkeit, ein gehetzter Blick getreten. »Habe ich denn die Wahl?«, fragte er leise.
    Metcalfe nickte. »Ich würde Ihnen Ihren Wunsch nicht abschlagen.«
    »Das meine ich nicht. Ich glaube, dass mir in Wirklichkeit keine Wahl bleibt. Jetzt zu desertieren, wäre für mich ein törichter Traum.«
    Metcalfe verstand, was Kundrow meinte. Er hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört; sein Entschluss stand fest.
    »Sagen Sie mir, was ich für Lana Baranowa tun soll«, forderte der Russe.

Kapitel Vierunddreißig
    Ernst Gerlach war ein loyaler, pflichtbewusster Mitarbeiter der Reichsbank, aber er misstraute den hackenknallenden Beamten von Sicherheitsdienst, Kripo und Gestapo, die sich einen Spaß daraus machten, Männer mit seiner sexuellen Orientierung zusammenzutreiben und in Konzentrationslager zu stecken. Diesem Schicksal war Gerlach bisher entgangen - vielleicht weil er ein wertvoller, möglicherweise sogar unersetzlicher Mitarbeiter war, weil er Gönner in hohen Positionen hatte oder nur durch einen glücklichen Zufall. Jedenfalls wollte er sein Glück nicht auf die Probe stellen. Er gab sich große Mühe, nicht die Aufmerksamkeit dieser uniformierten Schläger zu erwecken.
    Trotzdem drohte jetzt Ärger, und wenn er nicht aufpasste, konnte die Sache auf ihn zurückschlagen. Diese Frau, offenbar eine angesehene Volksgenossin, auch wenn sie ein bisschen zu auffällig angezogen und zu stark geschminkt war, hatte Herrn Quilligan mit einem anderen Namen angesprochen. Sie hatte ihn Daniel Eigen genannt. Quilligan hatte geleugnet, so zu heißen; er hatte behauptet, die Dame müsse ihn mit jemandem verwechseln . und war dann eiligst verschwunden. Dieses Benehmen war verdächtig.
    Gerlach wurde bewusst, dass er noch keine Gelegenheit gehabt hatte, die von Herrn Quilligan übergebenen Dokumente zu prüfen. Was war, wenn dies irgendein Bankenschwindel war? Oder - noch schlimmer - wenn dieser Amerikaner, der sich William Quilligan nannte, in Wirklichkeit ein amerikanischer Agent war, der an einem gegen die Reichsbank gerichteten Unternehmen beteiligt war? Die Engländer und Amerikaner versuchten ständig, deutsche Auslandsguthaben zu beschlagnahmen; was war, wenn »Quilligan« versuchte, an Unterschriften, Kontonummern und sonstige Informationen heranzukommen, mit denen sich Reichsbankkonten beschlagnahmen ließen?
    Natürlich hatte auch an diesem Abend eine ganze Anzahl von Polizisten und Gestapoleuten in der Staatsoper Dienst, aber Gerlach hielt es für klüger, einen seiner Vorgesetzten in der Reichsbank anzurufen. In der Garderobe im Erdgeschoss fand er eine Telefonzelle. Im Dienst war um diese Zeit natürlich niemand mehr; er versuchte, seinen Abteilungsleiter zu Hause anzurufen, aber dort meldete sich niemand. Daraufhin rief er den Vorgesetzten seines Chefs an: Heinrich Klausener, der nur eine Stufe unterhalb der Mitglieder des Direktoriums stand und häufig mit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zu tun hatte. Klausener, der offenbar Gäste hatte, reagierte höchst ungnädig auf diese Störung. »Ich kenne dort keinen Kerl namens Quilligan!«, brüllte er ins Telefon. »Wieso belästigen Sie mich mit dieser Sache, verdammt noch mal? Rufen Sie in Basel an; rufen Sie die Polizei an,

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