Der Tristan-Betrug
Corcoran hin.
Corcoran stand auf, nahm den Ordner entgegen und schlug ihn auf, während er in seinen Sessel zurücksank. Er nickte, als er den Text überflog.
»Weisung Nummer sechzehn«, sagte der Präsident.
»Von Hitler selbst unterzeichnet. Die Deutschen haben dem Unternehmen den Decknamen >Seelöwe< gegeben - dies ist ihr streng geheimer Plan für eine Landungsoperation gegen England, bei der eine Viertelmillion Mann eingesetzt werden soll. Erst Luftlandeunternehmen, dann Amphibienlandungen, Infanterie- und Panzerverbände . Ich glaube nicht, dass Großbritannien die Invasion zurückschlagen kann. Siegen die Deutschen auch dort, verleibt das Dritte Reich sich ganz Europa ein. Das dürfen wir nicht zulassen. Ist Ihnen klar, Corky, dass wir alle erledigt sind, wenn Ihr junger Agent es nicht schafft, seinen Auftrag auszuführen? Ich frage Sie noch einmal: Hat Ihr Mann die Fähigkeiten, die er dazu braucht?«
Corcoran kniff die Augen zusammen, während er den Rauch seiner Chesterfield inhalierte. »Das Risiko ist hoch, das gebe ich zu«, sagte er mit undeutlicher Stimme, »aber Untätigkeit wäre noch riskanter. Wann immer Sterbliche sich anmaßen, den Lauf der Geschichte zu beeinflussen, kann alles schrecklich danebengehen.«
»Corky ... wenn auch nur ein einziges Wort dieses Plans an die Öffentlichkeit dringt, könnte er so katastrophal fehlschlagen, dass die Folgen schlimmer wären, als wenn wir nie etwas unternommen hätten.«
Corcoran drückte seine Zigarette aus und hustete bellend. »Dieser Zeitpunkt dürfte kommen, wenn der junge Mann seine Aufgabe erfüllt hat. Beginnt das eigene Schiff, leckzuschlagen, muss man manchmal Ballast über Bord werfen.«
»Sie waren schon immer ein herzloser Kerl.«
»Ich nehme an, dass Sie das im besten Sinn meinen.«
Der Präsident bedachte ihn mit einem eisigen Lächeln.
Corcoran zuckte mit den Schultern. »Tatsächlich nehme ich an, dass er diese Expedition nicht überleben wird. Tut er's jedoch und muss geopfert werden, dann sei's drum.«
»Jesus, Corky, haben Sie eigentlich Blut oder Eiswasser in den Adern?«
»Wer könnte in meinem Alter den Unterschied erkennen, Mr President?«
Kapitel Dreizehn
Metcalfe schlief schlecht, wälzte sich die ganze Nacht unruhig im Bett. Das lag nicht nur daran, dass das Bett unbequem, die Bettwäsche steif und kratzig oder das Hotelzimmer ungewohnt waren, obwohl alle diese Faktoren dazu beitrugen. Es lag an der Unruhe, die seinen Körper durchflutete, seine Gedanken antrieb, sein Herz jagen ließ. Unruhe, die das Wiedersehen mit Lana ausgelöst hatte - und seine Erkenntnis, wie sehr er diese Frau geliebt hatte, auch wenn er sich seit Jahren eingeredet hatte, sie habe ihm nicht mehr bedeutet als irgendeine von den vielen anderen Frauen, die er seither besessen hatte. Unruhe, die ihre Reaktion von gestern Abend ausgelöst hatte - eine gewisse Koketterie, Sprödigkeit, Spott und Verachtung. Hasste sie ihn jetzt? So schien es zu sein, aber sie schien sich auch noch zu ihm hingezogen zu fühlen wie er zu ihr. Wie viel davon erfand er, bildete er sich nur ein? Metcalfe war stolz darauf, alles nüchtern zu sehen, sich nie Illusionen zu machen, aber wenn es um Swetlana Michailowna Baranowa ging, ließ ihn seine Objektivität im Stich. Er sah sie wie in einem Zerrspiegel.
Sicher war er sich jedoch, dass sie sich auf eine Weise verändert hatte, die ihn erregte und zugleich alarmierte. Sie war kein verletzliches, flatterhaftes junges Mädchen mehr; sie hatte sich zu einer emanzipierten und selbstbewussten Frau entwickelt, zu einer Diva, die ihre Wirkung auf andere sehr wohl kannte, die sich der Macht ihrer Schönheit und Berühmtheit durchaus bewusst war. Sie war schöner als je zuvor, aber in mancher Beziehung härter. Die Weichheit, die Verletzlichkeit - er dachte an das Grübchen in ihrem Nacken, an die weiche Porzellanhaut, die er so gern geküsst hatte - war verschwunden. Sie hatte sich eine abweisende Art, eine harte Schale zugelegt. Die schützte sie zweifellos, aber sie rückte Lana auch in weitere Ferne, machte sie unerreichbar. Woher kam diese Härte? Von dem Albtraum, in Stalins Russland zu leben? Einfach vom Erwachsenwerden?
Und er fragte sich: Wie viel von dieser scheinbaren Härte war Schauspielerei? Denn Swetlana war nicht nur eine wundervolle Tänzerin, sondern auch eine begabte Schauspielerin. War diese harte Schale eine Art Maske, die sie nach Belieben an- und ablegte?
Und dann stellte sich die Frage nach ihrem
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