Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
den Rudergänger beschimpfte er: »Wenden, wenden, du Hundesohn. Wenden, hab ich gesagt!« Vom gelähmten Entsetzen seines Rudergängers erzürnt, griff Will selbst in die Pinne und riss sie mit all seiner Kraft herum.
    Langsam und schwerfällig reagierte die Norwich Lass und begann endlich, sich zu drehen. Die Segel blähten sich im Wind, waren mit einem Mal zum Zerreißen gespannt, das Schiff erwachte zum Leben und durchschnitt mit einer Behändigkeit die Wellen, die Will Conyers bei ihr noch nie erlebt hatte. Vielleicht wusste sie ja, was sie erwartete, und versuchte auf ihre Weise, dem Schicksal zu entkommen. Doch der Kapitän hatte keine Zeit für Gefühle der Dankbarkeit.
    »Kanonen. Sie haben die Geschützpforten geöffnet!«, gellte der Ruf über Deck.
    Und so war es. Die Danneborg, die direkt an Steuerbord lag und vier Mal so groß wie die Kogge war, zeigte ihnen ihre mächtige Flanke, die mit einer Reihe bronzener Bombarden gespickt war.
    »Runter. Alle runter!«, brüllte Will.
    Edward hörte nicht auf den Kapitän. »Bogenschützen?« Die Männer strafften sich und versuchten, auf dem schlingernden Deck das Gleichgewicht zu halten. »Auf mein Zeichen. Eins, zwei, drei ... Schuss!«
    Ein guter Bogenschütze feuert ungefähr fünfzehn Pfeile pro Minute ab, und diese Bogenschützen waren gut. Sie waren die letzten, die von Edwards Welsh Guard übrig geblieben waren. Sie hatten ihren König auf der wahnsinnigen Jagd von Nottingham durch Lincolnshire begleitet, gemeinsam mit seinen treuesten Freunden und Verbündeten: seinem Bruder Richard von Gloucester, William Hastings, dem Großkämmerer von England, und seinem Schwager Lord Rivers. Und nun sahen sie dem Tod aufs Neue ins Auge, obwohl die Küste der Niederlande, ihre sichere Zuflucht, schon zum Greifen nah war.
    Mit tödlichem Sirren trafen die Pfeile der Engländer auf die Matrosen der hanseatischen Karacke und bewiesen einmal mehr, was Edward längst wusste: seine beste Waffe waren seine Bogenschützen, nicht ihre Bogen. Wie verwachsen mit ihren gekrümmten Ebenholzbogen schossen sie einen Pfeil nach dem anderen ab, mit einer rhythmischen Präzision, die einem Uhrwerk Ehre gemacht hätte. Und sie zeigten Wirkung, die Gegner kamen ins Wanken, einige Männer an den Geschützen schossen daneben. Und dann wurde der Kapitän auf seinem mit Zinnen verzierten Deck getroffen, woraufhin die Karacke ins Schlingern geriet und an Geschwindigkeit verlor.
    Das reichte, reichte knapp und geschah keine Sekunde zu früh, denn die Bogenschützen hatten fast alle ihre Pfeile abgeschossen.
    Will Conyers bekreuzigte sich staunend und dachte einen Augenblick an sein Weib, das zu Hause in Lynn auf ihn wartete. Sie war von diesem Abenteuer nicht gerade begeistert gewesen. Und während er seine Männer anbrüllte, die Segel neu zu stellen, und er eigenhändig das Ruder herumriss, gab er sich ein Versprechen. Er wollte die Lass verkaufen und sich an der Bierschänke seines Schwiegervaters beteiligen. Er hatte genug von der See. Ja, dieses verrückte Abenteuer mit Edward Plantagenet hatte ihn eines Besseren belehrt. Verdammt sollte er sein, wenn er sein Schiff oder sein Leben wegen eines Mannes verlöre, der in dieser selbst verschuldeten Katastrophe seinen Thron aufs Spiel gesetzt hatte.
    Will drehte die Norwich Lass weiter zum Wind und redete dabei auf sie ein wie auf ein Pferd oder ein Weib. Sie war ein heikles Ding und fühlte sich von seinen verräterischen Verkaufsplänen womöglich verletzt. »Komm schon, mein Mädchen, ja, so ist's gut. Und jetzt volle Fahrt, schneller, Wind fassen!«
    Und so geschah es. Die Männer schrien sich heiser vor Erleichterung und stampften mit den Füßen, als sich die kleine Kogge von der Karacke entfernte, die in ihrem bescheidenen Kielwasser schlingerte. Ihre Schreie wurden vom Schlagen der Wellen und vom Heulen des Windes übertönt, der die Segel bauschte. Und dort, keine drei Meilen entfernt, lag der kleine, holländische Hafen von Alkmaar, ein Anblick so willkommen wie kaum je ein anderer.
    Edward jubelte mit seinen Leuten und spürte, wie die Angst sich verzog und sein Herzschlag sich normalisierte. Nun würde sich das Glück auf seine Seite schlagen, bitte, lieber Gott. Die Niederlande gehörten zum Herzogtum seines Schwagers, Karl von Burgund. Bald schon würden sie unter Freunden sein und endlich Zeit haben, die wirre Lage zu durchdenken, in die England durch seine Flucht geraten war. Er brauchte Geld, Männer und Waffen, um sein

Weitere Kostenlose Bücher