Der Triumph der Heilerin.indd
sind unsere Pfannen und mein großer Kochkessel. Ja, die schwarze ...«
Das Brummen der Männer - in diesem verlassenen Nest gab es wohl weder ein Schankmädchen noch selbst gebrautes Bier - und die aufgeregten Schreie des Knaben drangen von fern an Annes Ohr. Sie hatte so viele Fragen, die der Erschöpfung entsprangen.
Sie schloss einen Augenblick die Augen und fing unwillkürlich an zu beten. »Ihr, die ihr hier wart, ihr, die ihr jetzt hier seid, helft mir. Dies ist das Haus meiner Mutter, aber es ist jetzt auch mein Zuhause und das Zuhause meines Sohnes. Gebt uns euren Segen. Bewahrt uns in Sicherheit. Behütet uns und schenkt uns Ruhe in dieser Nacht. Ich bitte euch im Namen unser aller Mutter.«
Sie öffnete ihre Augen und hielt die Kerze nach oben. Dort war ein kleines Fenster, tief eingelassen in die dicken Mauern. Anne stellte die Kerze auf den Sims. Im kostbaren, grünen Fensterglas spiegelte sich die Flamme. Sie fühlte sich bereits besser und zündete ein Strohbüschel an der Kerze an, das sie auf das rasch aufgeschichtete Eichenreisig im Kamin warf. Schon hatte es Feuer gefangen und verbreitete ein freundliches Licht. Als Deborah und die Männer mit dem Gepäck in die Küche kamen, hatten sich die Schatten in die hintersten Winkel verzogen.
»Es könnte schlimmer sein, Mistress. Wenigstens ist hier regelmäßig ausgefegt worden, und ich glaube, das Dach ist dicht. Ich rieche auch keinen Schimmel.« Deborah sprach bewusst laut und fröhlich, um die Männer nicht zu entmutigen.
»Ja, das Haus macht wirklich einen soliden Eindruck. Essen, Wärme und Schlaf, das ist es, was wir jetzt brauchen, und dann werden wir weitersehen ...«
»Was sehen, Wissy?«
Anne lächelte ihren Kleinen an, der unter der Last seiner Habseligkeiten stolz in die Küche wankte.
»Nun, wir werden sehen, wo die ganzen Leute sind, Edward. Sehr weit können sie nicht sein.«
Anne und Deborah tauschten über dem Kopf des kleinen Edward einen Blick aus.
Hoffentlich waren die Nachbarn ihnen freundlich gesinnt.
Kapitel 51
Es war bitterkalt, als Edward Plantagenet bei Ravenspur die Küste von York ansteuerte. In dem heulenden Sturmwind waren seine Schiffe auseinandergetrieben worden.
Es war Mitte März, und in diesem trostlosen Winkel der Welt - dem Meerarm hinter der gekrümmten Landspitze an der Mündung des Humber - gab es nicht viele Menschen, die die Rückkehr des einstigen Königs bemerkten. Als Erstes hörten die Nonnen des kleinen, wohlhabenden Klosters Unserer Lieben Frau vom Sand die Nachricht, aber nur, weil der geistesschwache Fuhrmann Beck sein armes Pferd mit Peitschenhieben durch das Klostertor trieb und brüllte: »Männer! Pferde und Männer! Und Boote. Flieht, Schwestern, flieht. Die Wikinger, die Wikinger sind im Anmarsch!«
Beck brachte mit seinem Geschrei sämtliche Gänse in Aufruhr, und die Mesnerin war so verängstigt, dass sie nach der Morgenandacht mit aller Kraft eine Stunde lang die Glocke läutete, in der vergeblichen Hoffnung, die Menschen in den umliegenden Dörfern zu warnen. Der Schrecken, vom Glockengeläut geschürt, trieb die anderen Schwestern des Klosters in einem ungeordneten Haufen zur Mutter Oberin, die in der Kapelle im Gebet versunken war. Das aufgeregte Geschnatter der Schwestern störte ihre heilige Ruhe.
»Mutter, Mutter, was sollen wir tun? Ob es wirklich die Wikinger sind?«
Mutter Elinor, die Äbtissin des Klosters, war nicht weniger beunruhigt als ihre Schwestern, wollte sich aber ihre Besorgnis nicht anmerken lassen.
»Was wir tun sollen? Beten natürlich. Aber erst versperrt die Pforte mit allem, was ihr an schweren Gegenständen finden könnt!«
Edward hörte das wilde Läuten der fernen Glocke und sah, woher es kam - von einer Gruppe grauer Häuser, die von einer dicken Mauer umgeben waren. Er und William Hastings wurden von der Anthony, seinem ausgeliehenen Flaggschiff, das in der breiten Flussmündung festgemacht war, an Land gerudert. Der Wind hatte sich gelegt und das Schiff lag ruhig vor Anker. Die Überfahrt bei der trügerischen Sandbank nahe Spurn Point war im Gegensatz dazu sehr unruhig gewesen und war ihnen auf den Magen geschlagen.
»Zu Hause, William. Wir sind zu Hause.«
Noch bevor das Boot das Ufer berührte, sprang Edward Plantagenet in das eiskalte Wasser, watete an Land, fiel auf die Knie und küsste den tangbedeckten Schlick. Die Geste hätte lächerlich wirken können, doch Hastings, der erfahrene Höfling und Zyniker, war wider Willen gerührt, als
Weitere Kostenlose Bücher