Der Tschernobyl Virus
geboren, in der Tschernobyl in die Luft geflogen ist. Nur ein paar Kilometer von dort entfernt. Ihr Vater war ein Arbeiter im Kraftwerk, musste den Sarkophag mitbauen. Ihre Eltern sind beide schwerkrank. Ihre ältere Schwester starb an Leukämie. Schrecklich.«
»Das war schlimm«, Koch erinnerte sich an diese Katastrophe, »zum Glück sind unsere westlichen Kraftwerke sicher.«
»Ha«, Lehman lachte laut auf, »haben sie sich jemals wirklich über ihre ach so sicheren Kraftwerke informiert?«
»Nein, … na ja«, Koch wurde verlegen, »aber ich erinnere mich an kein Kraftwerk bei uns oder bei ihnen, das in die Luft geflogen ist.«
»In die Luft geflogen nicht wirklich«, bestätigte Lehman, »aber es gab schlimme Zwischenfälle. Erst im März 2008. In einem Bunker zur Bestrahlung von elektronischen Bauteilen wurde ein Mitarbeiter radioaktiver Strahlung ausgesetzt. Ein halbes Jahr davor hatte die Firma SGS Tecnos die Verstrahlung eines Mitarbeiters melden müssen. 2005 gab es hier bei uns in England einen Zwischenfall. In Sellafield wurde nach über sieben Monaten ein Leck in der Wiederaufbereitungsanlage entdeckt, durch das mehr als 80.000 Liter einer radioaktiven Flüssigkeit, bestehend aus Schwefelsäure, Uran und Plutonium, austraten. Die betroffene Halle wurde massiv verstrahlt, so dass ferngesteuerte Maschinen die Entsorgung der Flüssigkeit vornehmen mussten. Diese Liste könnte ich endlos weiterführen. In den USA, bei ihnen in Deutschland, überall in der Welt. Und vergessen sie nicht Krümmel, oder Büttelborn. Das ist bei ihnen in Deutschland. War das Juni oder Juli 2007? Da hatte es einen Brand gegeben. Aus Panik wurde das Kraftwerk zu schnell heruntergefahren. Angeblich ist nichts Gefährliches entwichen, aber Gasmasken wurden dennoch verteilt. Komisch, oder?«
»Sie wollen mir doch nicht sagen, dass die Atomkraftwerke bei uns im Westen unsicher sind. Sagen sie jetzt bloß noch, dass die Atomkraft Schuld an unserem Virus ist.«
»Doktor Koch«, Lehman machte eine beschwichtigende Handbewegung, »ich wollte sie nicht angreifen, aber ich habe das Leid der betroffenen Menschen miterlebt. Und es macht mich krank, wenn die Menschen die Gefahren nicht sehen wollen.«
»Wir brauchen die Atomkraft«, Koch bestellte noch einen Scotch, »Sehen sie doch mal, das Öl wird knapp, und teuer. Da bleibt keine Alternative.«
»Darf ich sie fragen, wofür das Öl benutzt wird?«
»na ja, für Benzin, Heizung…weiß nicht, Energie. Es gibt viele Nutzungsmöglichkeiten.«
»Erdöl wird hauptsächlich für Treibstoffe benutzt. Ein Drittel des gesamten Öls wird für unsere Autos als Benzin und Diesel verfeuert. Ein weiteres Drittel verfeuert die Industrie in ihren Kesseln und die Landwirtschaft benutzt es für die Traktoren. Dann kommen noch so kleine Punkte wie Dieselloks, Schiffe und so weiter. Fast ein Drittel wird gebraucht als Grundstoff für Chemikalien, Kunststoffe und Arzneimittel. Bleiben noch ein paar Tropfen übrig. Die werden dann zur Energiegewinnung benutzt, um genau zu sein sind es bei ihnen in Deutschland 0,3 Prozent. Also, was hat die Kernkraft mit dem Ölpreis zu tun?«
»Nun ja, also…aber es wird Energie gewonnen damit.«
»Die paar Liter, die für die Energiegewinnung benutzt werden, werden schnell von regenerativer Energie aufgefangen. Das Gros des Verbrauchs ist der Transport. Sollen unsere Autos etwa mit Atomkraft fahren? Jeder Verkehrsunfall ein Supergau?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Also, jeder, der sagt, wir brauchen mehr Atomkraft weil das Öl knapp wird, vergleicht Äpfel mit Birnen. Das ist pure Angstmacherei der großen Konzerne und der Politik.«
Das musste Koch erst einmal sinken lassen. So hatte er die Sache noch nie gesehen, »gut, aber wie kommen wir dann da raus, ich meine wegen Öl. Autos, Flugzeuge und so? Ich meine, vierzig Jahre sind nicht viel. Soll ich mit achtzig nicht mehr in den Urlaub fliegen können?«
»Man sollte sich auf die wichtigen Punkte beschränken, ein Auto kann man mit vielem bewegen. Gas, Strom, es gibt sogar schon Versuche, Autos mit Wasser anzutreiben. Hier müsste man viel mehr investieren, um Autos mit alternativen Antriebsmethoden zu entwickeln. Bei Flugzeugen sieht die Sache anders aus. Derzeit haben wir noch keinen Antrieb, der über die Energiedichte verfügt, um ein Flugzeug in die Luft zu bekommen, außer Kerosin. Also, wenn wir das Öl nicht mehr in den Autos verbrennen, bleibt länger Zeit, um alternative Antriebe für Flugzeuge zu
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