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Der Tschernobyl Virus

Der Tschernobyl Virus

Titel: Der Tschernobyl Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Huehne
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wissen sie noch über die letzte SARS Epidemie?«, allgemeines Schweigen erfüllte den Raum. Alle Augen waren auf Karg gerichtet. Er entnahm einige Präsentationsunterlagen, die er vorbereitet hatte, und verteilte die Kopien an die Teilnehmer. Auf der ersten Seite war ein Bild einer kristallförmiger Struktur. »Kennt hier jemand dieses liebevolle Wesen?«
    Nach einer Ewigkeit meldete sich Zipper, »Ein für SARS verantwortliches Coronavirus?«
    »Genau das«, Karg nickte, »Coronavirus TOR2.« Er blätterte um, alle anderen taten es ihm nach. Alle begannen, zu hüsteln und Karg vernahm auch leises Stöhnen. Auf der zweiten Seite war die Aufnahme einer blutbeschmierten weiblichen Leiche, deren Augen von einem schwarzen Balken abgedeckt wurden. Daneben das Foto einer menschlichen Lunge, die auf einer Stahltrage lag, »Vier Tage bevor die Bilder aufgenommen wurden, gehörte diese Lunge einer vollkommen gesunden, zweiundvierzig Jahre alten Krankenschwester.«
    Kurz wurde es lauter durch Gemurmel aller Teilnehmer. »Dann hat sie einige wenige Partikel des für SARS verantwortlichen Coronavirus eingeatmet. Wie jedes Coronavirus, das etwas auf sich hält, hat auch dieses hier eine besondere Vorliebe für die menschliche Nasenschleimhaut. Es durchdringt ohne Probleme die Epithelschicht und repliziert sich in den Zellen der Schleimhaut. Dann ist es so weit: Das Immunsystem, die körpereigene Abwehr, macht mobil. Stellen Sie sich die Fresszellen und die Leukozyten in dieser Schlacht als die Infanterie vor. Sie erledigen die Drecksarbeit, den Kampf von Zelle gegen Zelle. Während die Lymphozyten eher wie die Artillerie wirken, die ihre Granaten aus der Ferne abfeuert, in diesem Fall virenspezifische Antikörper. Bei den meisten anderen Coronaviren ist das Kräfteverhältnis nicht gerade ausgeglichen. Es wirkt eher so, als wurde Luxemburg in die Vereinigten Staaten einmarschieren. Der größte Schaden entsteht durch das, was die eigenen Truppen abfeuern: Das Immunsystem des Patienten, und nicht etwa das Virus, ist verantwortlich für Gliederschmerzen, Fieber und flüssigen grünen Auswurf. Ein paar Tage später ist der virale Eindringling unweigerlich ausgelöscht. Doch dieser Bursche ist zäher. In einem signifikanten Prozentsatz der Fälle bleibt er nicht auf die Nasenschleimhaut beschränkt, sondern dringt über die Luftröhre in das Lungengewebe vor. Dort überwindet er die Membran der Lungenbläschen. Was zu einer diffusen Lungenentzündung führt. Und häufig auch, wie in diesem Fall, zu einem Lungenödem. In fünf Prozent aller Vogelgrippefälle stirbt der Patient trotz maximaler Therapie.«
     
    Ein allgemeines Raunen ging durch den Konferenzraum. Karg hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit. »Doch all diejenigen unter Ihnen, die Vogelgrippe für einen apokalyptischen Reiter halten, sollten besser noch einmal nachdenken. Seit Beginn seiner Ausbreitung hat SARS weniger als eintausend Todesopfer gefordert. Betrachtet man jedoch Infektionskrankheiten im Allgemeinen, dann ist das ungefähr so verheerend wie ein Furz bei Gegenwind«, er schüttelte den Kopf. »Oder anders gesagt: Malaria, HIV und Cholera, um nur einige zu nennen,fordern weltweit deutlich mehr Opfer an jedem einzelnen Tag. Das für die Vogelgrippe verantwortliche Coronavirus ist nichts anderes als ein ehrgeiziges Grippevirus.«
    »Schön und gut«, die Kanzlerin unterbrach seine Ausführung etwas unwirsch, »aber was hilft uns das?«
    »Ich möchte ihnen nur erst einmal zeigen, worum es hier geht. Wenn sie von einer Grippewelle reden, werden sie unserem Virus nicht gerecht. Dies hier ist eine besondere Art. Auf der nächsten Seite sehen sie den Burschen, der uns zu unserem Virus führen kann«, alle blätterten um, »Die Spanische Grippe«, er machte eine kleine Kunstpause, »im Herbst 1918. Die Soldaten, die nach dem Waffenstillstand vom elften November 1918 nach Hause zurückkehrten, waren für dieses Virus das perfekte Mittel zur weltweiten Ausbreitung. Im Winter 1918/19 brachte dieses mutierte Grippevirus zwanzig Millionen Menschen um. Nach heutigen Maßstäben entspricht das achtzig Millionen Toten in weniger als sechs Monaten.«
    Der Innenminister stöhnte. Karg nickte, »Eine durchaus angemessene Reaktion. Und wir reden hier nicht von zwanzig Millionen Greisen, die in Altersheimen leben, und auch nicht über verstümmelte Kriegsveteranen, für die der Tod eine Erlösung wäre. Aus unbekannten Gründen tötete dieses Virus besonders junge gesunde

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