Der Tschernobyl Virus
gebildet haben. Dazu ist unsere Lampe kaputt, das heißt, wir müssen im Dunkeln arbeiten. Und glaubt mir, im Dunkeln sehen können die auf alle Fälle besser als wir. Wir haben nur eine Chance, wenn wir sie schlafend oder müde erwischen.«
Heip nickte zögernd, »Das sehe ich ein. Dann schlage ich vor, dass wir uns heute ausruhen und uns um Sam kümmern. Haben wir irgendwas dabei, das ihm helfen könnte? Irgendwelche Medizin?«
»Nein«, Marie schüttelte den Kopf, »wir haben eine kleine Notration Antibiotika da, aber gegen diesen Virus hat das bei keinem Patienten geholfen.«
»Hat es die Krankheit auch nicht verlangsamt?« Heip hatte inzwischen vollends die Position des Anführers und Wortführers eingenommen. Koch war beeindruckt von der Gabe Heips, Situationen schnell zu analysieren, nach Lösungen zu suchen und dabei auch die Teammitglieder immer wieder zum richtigen Zeitpunkt mit in die Planungen einzubeziehen, »Das wissen wir nicht«, in Koch keimte etwas Hoffnung auf, »wir hatten keine Besserung bemerkt, nachdem wir mit Antibiotika behandelt hatten, aber wir hatten auch keine Vergleichsfälle, das heißt, wir wissen nicht, ob der Virus sich durch das Antibiotikum verlangsamt hatte.«
»Da jede Minute zählte«, Heip sah zu Marie, »denke ich einmal, wir sollten nach jedem Strohhalm greifen, der sich uns bietet. Marie, kannst du Sam etwas davon geben?«
Sie nickte, stand auf, und wollte gerade gehen, als Heip ihr zurief, »Vergiss nicht den Mundschutz und Handschuhe. Sam ist ansteckend.«
Marie nickte, holte die Tasche mit den Medikamenten und ging nach oben.
Kapitel 32
Koch sah auf seine Uhr, es war jetzt bald Mitternacht. Er saß in der Lobby auf der einen Couch und kämpfte gegen seine Müdigkeit an. Auf der anderen hatte es sich Heip gemütlich gemacht. Heip lag langgestreckt auf der Couch und starrte auf die Decke. Seine Kaffeetasse hatte er sich auf die Brust gestellt und hielt sie mit beiden Händen fest. Koch und Heip hatten die erste Nachtwache, in ein paar Stunden würden sie von Kempe und Lehman abgelöst werden. Die Frauen kümmerten sich im Schichtdienst um Sam. Heip selbst hatte den Wachdienst vorgeschlagen, da er meinte, man könne nicht wissen, was Moroz und Mediev vorhatten und ob die nicht eventuell einen Angriff starten würden, während die Ärzte schliefen. Koch hatte sich sofort für die erste Wache gemeldet, da er sich mit Heip noch über einiges unterhalten wollte.
»Basti«, Koch sprach sehr leise, falls Heip schlief, wollte er ihn nicht wecken, »schläfst du?«
Er sah, wie sich Heips Kopf zu ihm drehte, »Nein, während der Wache schlafe ich nicht. Ich habe nur ein wenig nachgedacht.«
»Worüber?«
»Ach«, Heip setzte sich auf, er schien dankbar für die Unterhaltung, »über die ganze Situation hier. Wie unwirklich mir das alles hier vorkommt. Dann auch über die Ursache, also diesen Supergau hier und auch über unser Gespräch.«
»Da musste ich auch die ganze Zeit dran denken«, Koch war froh, dass Heip selbst angefangen hatte, »mir ist irgendwie nicht klar, wie du darüber denkst.«
»Über Atomkraft?«, Koch konnte durch das Mondlicht, das durch das Fenster schien, Heips Kopf sehen. Anscheinend sah er Koch direkt an, »Atomkraft ist der Teufel, wenn du mich fragst.«
»Du kamst mir immer anders vor. Ich hatte immer das Gefühl, dass du gegen alle Argumente, die ich für die regenerativen Energie habe, etwas hast und du das das mit dem Klimawandel nicht so ernst nimmst.«
»Ach, denkst du?« Heips Ton hatte an Schärfe gewonnen, »mit der Atomkraft sind so viele Gefahren verbunden. Das kannst du dir gar nicht vorstellen. Von der ersten Planung eines Atomkraftwerks bis zur Inbetriebnahme vergehen locker zwanzig Jahre. Dann maximal 40 Jahre in Betrieb, weitere 50 Jahre, bis das Kraftwerk nach der Abschaltung soweit dekontaminiert ist, dass es abgebaut werden kann. Und der Atommüll, den man übrigens zu Atombomben aufbereiten könnte, lagert noch Jahrhunderte. Also, wenn wir heute ein Kraftwerkplanen würden, reden wir von mindestens 120 Jahren, bis das Werk wieder abgebaut ist. So lange liegt dort atomar verseuchtes Material herum. Nun ja, wenn ich bedenke, was alles bei uns in Deutschland in den letzten 120 Jahren passiert ist. Wie sehr vertraust du da in politische Systeme in Ländern wie Nordkorea, China, Indien, Nigeria und all den anderen Ländern mit Atomkraft?«
Koch hob die Augenbrauen »Daran habe ich noch nicht gedacht. Ich habe echt
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