Der Tschernobyl Virus
weiteren Anstieg des Meeresspiegels um etwa 60 Meter gerechnet werden. Holland wäre dann komplett unter Wasser. Bei uns in Deutschland würden Düsseldorf, Hannover und Berlin zu Küstenstädten werden. Und weil sich mit der Erhöhung der Temperatur auch die Temperaturunterschiede zwischen verschiedenen Regionen vergrößern, insbesondere zwischen Land und Meer, aber auch zwischen den Luftschichten selbst, werden die Luftbewegungen heftiger. Habt ihr nicht bemerkt, dass es jetzt schon immer öfter gewaltig stürmt bei uns? Die Hurrikane und Taifune werden noch mehr und mit ihnen die Schäden, die sie anrichten. Der Süden der USA, Japan und andere asiatische Inselstaaten werden besonders betroffen sein. Das sind gewaltige Auswirkungen, oder?«
»Mehr als das«, Maries Stimme zeigte, wie schockiert sie war. Marie drehte ihren Kopf, der inzwischen wieder auf Kochs Schoß, lag zu ihm und sah ihn kurz an, bevor sie sich wieder Heip zuwandte. Zu seinem Erstaunen war Koch gerade dabei, sie am Kopf zu streicheln und leicht durch ihr Haar zu kraulen. Damit hatte er anscheinend unbewusst begonnen. »Tja Freunde, und was ist, wenn ich euch sage, dass der Klimawandel auch zu Kriegen führen wird?«
»Wieso Kriege?« Jetzt war auch Koch schockiert.
»Viele Zonen der Erde werden nicht mehr bewohnbar sein. Daher müssen die Leute wandern wie schon in früheren Eiszeiten und Warmperioden. Riesige Migrationsströme vom Süden in den Norden sind die Folge. Angesichts der Kürze der Zeit, um die es diesmal geht, werden sie nicht ohne kriegerische Auseinandersetzungen, ethnische Konflikte, Bürgerkriege und schlimme soziale Not stattfinden können. Es wird ein Hauen und Stechen geben, bis die Welt die Siedlungsstruktur gefunden hat, die für die neue Warmzeit passt. Dies ist sicherlich die größte reale Gefahr, die aus dem Treibhauseffekt resultiert. Fände die Erwärmung in Tausenden von Jahren statt, so fiele es der Welt sicherlich leichter, die Siedlungsstrukturen anzupassen, aber so viel Zeit bleibt diesmal nicht. Also ist es nicht nur die Frage, womit ich in ein paar Jahren mein Auto fahre. Die Folgen sind viel schwerwiegender.«
»Und wie können wir das stoppen?« Marie war inzwischen sehr interessiert.
»Das«, Heip zeigte mit dem Finger auf Marie, »das, meine Liebe, das ist die große Frage. Und hier haben Marc und ich unsere kleinen Meinungsverschiedenheiten.«
»Und wieso?« Wieder drehte sie ihren Kopf zu ihm. Diese ständigen Berührungen an seinen empfindlichen Stellen wurden ihm fast zu viel. Aber was fühlte Koch da, streichelte sie ihn etwa am Oberschenkel? Und warum war seine Hand inzwischen unter ihr Shirt gerutscht und massierte ihre Schulter? Koch wollte etwas sagen, aber irgendwie hatte er einen Frosch im Hals. Er brachte kein Wort heraus. Heip sprang ein, »Marc meint, wir sollten jetzt alle zu Naturfreunden werden und nur noch Strom aus Sonne und Wind benutzen.«
»na ja«, endlich konnte Marc wieder sprechen, »ganz so ist es nicht. Wir sind nur ein einem Punkt unterschiedlicher Meinung. Bei den Atomkraftwerken. Basti verteidigt sie und ich will sie abstellen.«
»Wieder Einspruch«, Heip meldete sich wieder zu Wort, »ich hätte nichts lieber, als das die Atomkraftwerke morgen abgeschaltet werden könnten. Wir müssen aber auch politische Grundlagen bedenken. «
»Wieso das?«, Marie war etwas verwirrt.
»Es gibt viele technische Neuerungen, jeden Monat gibt es neue Patente für erneuerbare Energien. Aber sollten wir wirklich jetzt sofort alles tun, was technisch möglich ist, oder sollte man seine Kräfte nicht lieber auf jene Maßnahmen konzentrieren, die relativ zu dem Geld, das sie kosten, die größte Einsparung beim Ausstoß des gefährlichen CO2 versprechen? Sollten wir die Atomoption nicht doch offen halten, statt allein auf die regenerativen Energiequellen zu setzen? Die entscheidende Frage ist aber, ob wir Deutschen überhaupt durch unsere Aktionen das Weltklima retten können.«
»Alleine nicht«, stimmte Marie zu, »Wir sind zwar nur ein kleiner Teil der Menschheit, aber wir gehen mit gutem Beispiel voran und tun, was wir können. Natürlich reicht das nicht, aber es ist mehr als nichts. Je mehr andere Länder unserem Beispiel folgen, desto mehr wird im Endeffekt erreicht, oder?«
»Leider falsch, meine Liebe«, Heip hatte mit seinen Ausführungen Koch und Marie so gefesselt, dass sie gar nicht mehr merkten, wie die beiden sich immer näher kamen und unbewusste Liebkosungen immer
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