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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Blutspuren befinden. Wir müssen sie beseitigen.«
    »Was sagst du zu deinen Leuten?« fragte Hanns Altdorfer, der bei Girigels Worten noch ein wenig blasser geworden war.
    Ich hatte es mir überlegt, noch als ich vorgeschlagen hatte, für den Abtransport der Leiche zu sorgen.
    »Daß sie ein leichtes Mädchen war, das ich kenne und das umgebracht wurde – wir können das Offensichtliche wohl kaum verbergen. Daß du von der Bekanntschaft wußtest und mich benachrichtigen ließest, um mir einen Skandal zu ersparen; und daß ich für das Begräbnis sorgen will.«
    »Werden sie Euch die Geschichte abnehmen? Ein leichtes Mädchen in Seidengewändern und Perlenstickereien?« fragte der Richter. Ich sah ihn an, und plötzlich erkannte ich, daß ich diese Kleinigkeit übersehen hatte. Ich biß die Zähne zusammen.
    »Ihr habt recht«, sagte ich betroffen. Der Richter runzelte die Stirn.
    »Wir werden ihr das Kleid ausziehen und es selbst aus der Kirche bringen«, sagte er nach einer Weile entschlossen. Hanns Altdorfer keuchte.
    »Ohne mich«, stieß er hervor.
    »Herr Notarius«, sagte Richter Girigel eindringlich. »Wir haben nun schon einiges auf uns genommen, um diesen Mord zu vertuschen. Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, wenn wir die Geschichte Eures Freundes Bernward glaubwürdig machen wollen.«
    Altdorfer verzog den Mund. Er sah nun kranker und erschöpfter aus als jemals zuvor.
    »Wenn Ihr meint«, sagte er kläglich. Ich verspürte Mitleid mit ihm.
    »Es tut mir leid«, murmelte ich. Er fuhr sich heftig über den Mund, als wolle er sich mit Gewalt daran hindern, sich zu übergeben. Seine Hand zitterte.
    »Du hast gesagt, du willst die Männer nach dem Abtransport der Leiche sofort aus der Stadt schicken?«
    »Noch an diesem Morgen. Mir wird schon ein Auftrag einfallen, der sie ein paar Wochen außerhalb Landshut festhält.«
    »Wird das nicht auffällig sein?« erkundigte sich Richter Girigel. »Sie werden denken, daß sie genau aus diesem Grund weggeschickt werden.«
    »Und wenn?« erwiderte ich achselzuckend. »Wichtig ist, daß sie nicht in der Nähe sind, solange der Fall nicht geklärt ist.«
    »Irgendeinen Vertrauten unter deinen Leuten benötigst du«, sagte Altdorfer nüchtern. »Wo willst du die Leiche unterbringen?«
    »Ich habe meinen Verwalter«, sagte ich einfach. »Er wird schweigen, weil er mir einen Skandal ersparen will. Kein Wort über unser Märchen wird je seinen Mund verlassen.«
    »Hast du nicht einmal gesagt, du scheust davor zurück, ihm ein kompliziertes Geschäft anzuvertrauen?« fragte Hanns. »In dieser Angelegenheit willst du ihm jetzt vertrauen?«
    »Das ist etwas anderes«, erwiderte ich steif. »Wenn es um eine persönliche Sache geht, würde er sich lieber umbringen lassen, anstatt mich in Verlegenheit zu bringen.«
    »Wenn du meinst«, sagte er. Ich hatte nicht den Eindruck, ihn überzeugt zu haben. Er zögerte, als wollte er noch etwas hinzufügen, aber der Richter nahm ihn am Arm und drängte: »Laßt uns wieder hineingehen.«
    Die beiden verabschiedeten sich von mir. Ich drehte mich um und machte mich auf den Rückweg. Inzwischen hatten sich die meisten der Handwerker wieder zerstreut und schlafen gelegt, in der sicheren Gewißheit, daß sie nichts zu sehen oder hören bekämen; und wenn es doch etwas Interessantes gab, dann würden sie es erfahren, weil einige von ihnen auf jeden Fall bei der Kirche ausharren würden, bis die Wappner verschwanden. Dafür waren einige der Scholaren und Lehrer aufgewacht, die man zugunsten der Wappner in einen Seitentrakt des Pfarrhauses umquartiert hatte und die nun von groben Händen entschlossen in den Eingang des Hauses zurückgedrängt wurden. Ich dachte, daß der Hauptmann diesen Zwischenfall bestimmt willkommen hieß, um sich abzureagieren.
    Wie ich erwartet hatte, saß mein Verwalter in der Stube und hütete das Feuer. Er wäre nicht einmal zu Bett gegangen, wenn ich es ihm befohlen hätte. Ich setzte mich zu ihm und erklärte ihm mit ernstem Gesicht die Geschichte, die ich mir ausgedacht hatte. Ich hatte ein wehes Gefühl dabei, besonders als ich sah, wie sich seine Züge in einer Mischung aus Mitleid und Furcht um meinen Ruf in die Länge zogen. Er war nicht überrascht, daß ich angab, eine Frau in der Stadt besucht zu haben. Ich erkannte verblüfft, daß er die ganze Zeit über etwas Ähnliches von mir erwartet hatte und erstaunter gewesen wäre, wenn er die Wahrheit erfahren hätte: daß ich seit Marias Tod einen

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