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Der Turm der Könige

Der Turm der Könige

Titel: Der Turm der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nerea Riesco
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geschickt, damit er deine Erziehung übernimmt und dich auf die wichtige Aufgabe vorbereitet, zu der du bestimmt bist.«
    »Monsieur Verdoux …«, murmelte Abel. »Er …?«
    »Ja. Er ist ein Ritter unseres Ordens, so wie es auch León war. Wir waren am Tag der Beerdigung deines Vaters ganz in deiner Nähe. Du warst der Bewahrer des elfenbeinernen Elefanten, aber du warst noch so klein … Wir wollten sichergehen, dass du gut auf ihn achtgibst. Als ich sah, wie du ihn in der Kapelle in die Vase in der Wandnische getan hast, fand ich das …« Bruder Dámaso suchte das richtige Wort, »… genial! Nur ein Kind kann auf ein so gutes Versteck kommen. Dann kam ich auf den Gedanken, diese Nachricht auf das Kalenderblatt zu schreiben und den Elefanten darin einzuwickeln. Ich nutzte unsere Kontakte zur Kathedrale, um an die Schlüssel zu gelangen. Ich war überzeugt, wenn du irgendwann kämst, um ihn zu holen, würdest du bereit sein, dich unserer Mission anzuschließen. Unserer Suche.«
    »Einer Mission, wegen der mein Vater sein Leben verlor«, brach es aus Abel hervor. »Und jetzt verlangt ihr von mir, dass auch ich mich für etwas opfere, das ich nicht einmal verstehe. Unsere Suche?«
    Bruder Dámaso seufzte.
    »Das ist eine lange Geschichte. Am besten, ich fange ganz von vorne an.«
    Der Prior setzte sich auf einen Stuhl direkt neben Abel.
    »Es gab eine Zeit, da die Iberische Halbinsel in islamischer Hand war. Sie nannten das Gebiet Al-Andalus und teilten es in Königreiche, die so genannten Taifas. Doch die Christen gaben das Gebiet nicht einfach verloren, sondern studierten ihren Gegner, um seine Schwächen zu ergründen. Der Legende nach stand König Alfons  VI . von Kastilien im Jahre 1078 vor Sevilla und belagerte die Stadt. Der Druck war so mächtig, dass der Herrscher Al-Mutamid irgendwann nur noch eine Lösung sah. Er beschloss, den christlichen König zu einer Partie Schach mit seinem Höfling Ibn Ammar herauszufordern. Es war ein riskantes Spiel, denn der Sieger sollte Sevilla erhalten.«
    »Sie spielten Schach um die Stadt?«, fragte Abel überrascht.
    »So heißt es«, bestätigte Bruder Dámaso. »Ibn Ammar war ein hervorragender Spieler, und so gewann er die Partie. Daraufhin bat Al-Mutamid Alfons  VI . von Kastilien, die Stadt zu verschonen. Der christliche König war ein Ehrenmann, und so konnte er die Bitte nicht abschlagen und sah von einer weiteren Belagerung ab.«
    »Er zog kampflos ab?«
    »Fürs Erste ja. Doch zweihundert Jahre später kehrte Ferdinand  III . mit seiner Armee und in Begleitung seines Sohnes, Kronprinz Alfons, nach Sevilla zurück …«
    »Kronprinz Alfons, der spätere König Alfons der Weise«, erklärte Bruder Lorenzo.
    »Genau. Wie du weißt, mein lieber Abel, gewannen die Christen diese Schlacht …«
    Und dann erzählte ihm Bruder Dámaso die Geschichte von Schachpartien und Herrschern, Ehre und Verrat, die fünfhundert Jahre zuvor mit einer Wette unter Königen begonnen hatte.
    »Und wer hat gewonnen?«, fragte Abel, fasziniert von dieser verworrenen Geschichte.
    »Soweit wir wissen, stand es unentschieden.«
    »Also steht noch eine Partie aus.«
    »So ist es.«
    »Und worauf wartet ihr?«
    »Um spielen zu können, müssen wir erst die Spielregeln finden. Der von beiden Herrschern unterzeichnete Vertrag verschwand Anfang des 16. Jahrhunderts«, erklärte ihm Bruder Dámaso. »Der König hat es so gewollt.«
    »Warum?«, fragte Abel. »Kennt ihr die Regeln nicht mehr?«
    »Es ist so, dass der wahre Inhalt des Vertrags im Laufe der Jahre verändert wurde. Anonyme Briefe gingen hin und her, in denen die Schachpartien mit echten Schlachten in Verbindung gesetzt wurden.«
    Bruder Dámaso schrieb etwas auf ein Papier und legte es Abel vor.
    1248. Eroberung von Sevilla. Kd2++
    1262. Eroberung von Niebla. Sa4++
    1270. Siebter Kreuzzug. Txf1++
    1271. Krak des Chevaliers. e2
    1279. Belagerung von Algeciras. Lc7++
    »Daran erinnere ich mich«, murmelte Abel.
    »Du hast sie an dem Tag gesehen, als León de Montenegro ermordet wurde. An jenem Tag war der marokkanische Botschafter in Sevilla zu Gast. Er hatte die gefälschte Liste bei sich, die du gesehen hast und die sein Volk für echt hielt. Aber dein Vater war ein hervorragender Diplomat und erreichte, dass der Botschafter ihm vertraute und an unsere Aufrichtigkeit glaubte.«
    Abel sah ihn interessiert an.
    »Und was hat der elfenbeinerne Elefant mit all dem zu tun?«, fragte er.
    »Bevor die letzte Partie gespielt wird,

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