Der Turm der Könige
Gemeindevorstehern, einem Majordomus, einem Prior, einem Schatzmeister, einem Laienseelsorger, zwei Schreibern und einem Zahlmeister bestand. Aber in ihren Reihen befanden sich auch viele Laien, die verantwortungsvolle Posten in der Stadt bekleideten. Um dem Orden anzugehören, musste man Einwohner Sevillas sein, unbescholten, Angehöriger einer Familie, die glaubhaft unter Beweis gestellt hatte, dass sie ein gottgefälliges, ehrbares Leben führte, und durfte kein Blut von Morisken, Mulatten oder durch die Inquisition Verfolgten in den Adern haben.
Beiderlei Geschlechter waren zugelassen, aber Frauen mussten verheiratet, verwitwet oder Laienschwestern sein und beim Eintritt in den Orden mehr Geld als die Männer zahlen, da sie weder Ämter in der Verwaltung ausübten, noch zum Sammeln von Spenden verpflichtet waren. Geistliche, Gelehrte und Schreiber bezahlten ihren Eintritt in die Bruderschaft mit ihrer Arbeit, und Seeleute waren angehalten, auf ihren Reisen Sammelbüchsen mitzuführen, die sie später stifteten. In der langen Liste der Mitglieder waren Ritter des Malteserordens zu finden, Soldaten, Goldschmiede, Chirurgen und Bader, Handwerker, Händler, Anwälte und Richter.
Dank der unterschiedlichen Berufe und Posten der Ordensmitglieder, die der Komturei treu verbunden waren, erfuhr der Prior, dass das Domkapitel eine Reihe von Baumaßnahmen an der Kathedrale plante, um die Schäden zu beseitigen, die das Erdbeben verursacht hatte. Dabei hatte man die Schwere der Beschädigungen in Betracht gezogen, die voraussichtlichen Kosten und die neuen Bedürfnisse der Stadt. Erfahrene Architekten kamen zu dem Schluss, dass man die Bögen des Bischofspalastes abreißen und stattdessen Mauern hochziehen müsse. An anderer Stelle sollten Mauern eingerissen werden, um einem Anbau Platz zu machen.
Im Gegenzug musste das Gebäude weichen, das neben der Puerta de San Miguel an die Kathedrale angebaut war, um dort die Bögen des Bischofspalasts zu errichten. Der Stadtrat und das Domkapitel gerieten erneut in Streit darüber, was mit dem Corral de los Olmos geschehen sollte, jenem Gewirr unübersichtlicher Gassen, die an der Ostseite der Kathedrale begannen und dann immer schmaler wurden – ein perfekter Unterschlupf für Taugenichtse und Spitzbuben. Bei Regen standen Pfützen auf dem Boden, die sich in schmutzige Sturzbäche voller Unrat verwandelten, den die Bewohner aus den Fenstern warfen. Im Sommer häufte sich derselbe Unrat an den Straßenecken und verpestete die Gegend mit seinem widerlichen Gestank; Abfallberge, in denen die Ratten sich fröhlich vermehrten. Es wurde beschlossen, das Viertel einzuebnen, und wenige Wochen später begannen die Abrissarbeiten.
Die Händler, die bislang auf den Stufen der Kathedrale ihren Geschäften nachgegangen waren, mussten sich einen neuen Platz suchen, was einige Verwirrung bei den Kunden zur Folge hatte, die durch die Straßen irrten und fragten, wo man nun frische Kastanien und getrocknete Kichererbsen kaufen könne oder wo der Stand mit den Seifen geblieben sei. Den Marzipan- und Brezelverkäuferinnen blieb nichts anderes übrig, als auf die Plaza del Pan auszuweichen, die Schreiber stellten ihre Tische rings um die Druckereien auf. Die Waisenkinder mit den schmutzstarrenden Gesichtern mussten nun vor den Türen anderer Kirchen Schuhe putzen.
Der Prior von San Juan de Acre ließ seine Verbindungen spielen und erreichte, dass einige Angehörige des Ordens Anstellung bei den Wiederaufbauarbeiten an der Kathedrale fanden. Es wurde eine Gruppe gebildet, die tagsüber harte Arbeit leistete mit dem Auftrag, jeden Stein umzudrehen, und eine weitere, die nachts heimlich und mit der ausdrücklichen Genehmigung des Verwaltungsgremiums in die Kathedrale ging, um diesen heiligen Ort zu durchsuchen. Alles war erlaubt, solange es im Dienste einer höheren Sache geschah.
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LEÓN GEHÖRTE DIESER GEHEIMTRUPPE AN. Er wartete, bis seine Frau schlief, um durch die verwaisten Straßen zu schleichen und mit Hilfe der Schlüssel, die ihnen die Gefährten von der Morgenschicht überließen, in die Kathedrale zu gelangen. Dort erwartete ihn für gewöhnlich Bruder Dámaso, der sich bald als großer Geschichtskenner erwies. Nachdem die Ordensbrüder zu der Ansicht gelangt waren, dass der Schlussstein Hinweise auf die Spielregeln enthielt und die Spur mit der Eroberung Sevillas begann, kamen sie zu dem Ergebnis, dass der erfolgversprechendste Ort in der Kathedrale die Capilla Real war.
Sie befand
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