Der Turm von Zanid
seiner letzten Worte zu dämmern begann, säuselte sie: »Oh, in diesem Fall komme ich natürlich sofort.«
Der Vorhang zur Küche teilte sich, und Fallons Jagaini trat ein. Sie war eine üppig gebaute große Krishnanerin, nach einheimischen Kriterien durchaus wohlgestaltet und attraktiv zu nennen. Ihre Beziehung zu Fallon war weder die einer Geliebten noch die einer Ehefrau, sondern ein Zwischending aus beiden.
Die Balhibuma pflegten nämlich die Institution der Ehe nicht, da sie sie für ein kriegerisches Volk – welches sie in früheren Jahrhunderten gewesen waren – für unpraktikabel hielten. Statt dessen lebte jede Frau bei einem ihrer Brüder und wurde in Abständen von ihrem Jagain besucht – eine freiwillige Verbindung, die nach Belieben lösbar war, für die Dauer ihres Bestehens jedoch Ausschließlichkeitscharakter hatte. Unterdessen zog der Bruder den Nachwuchs auf. Daher trugen die Balhibuma auch nicht, wie bei den anderen Varasto-Nationen üblich, den Namen des Vaters, sondern den des Onkels mütterlicherseits, der sie großgezogen hatte. Gazis voller Name lautete Gazi er-Doukh: Gazi, Nichte des Doukh. Eine Frau, die wie sie mit ihrem Jagain zusammenlebte, wurde als unglücklich erachtet und von der Gesellschaft gemieden.
Als Fallon Gazi so anschaute, wie sie da im Türrahmen stand, fragte er sich für einen Moment, ob es wirklich so klug von ihm gewesen war, sich ausgerechnet Krishna zum Schauplatz seiner extraterrestrischen Umtriebe zu wählen. Warum verließ er sie nicht? Aufhalten konnte sie ihn nicht. Aber sie war eine exzellente Köchin. Und irgendwie mochte er sie …
Er hielt ihr den Kelch hin, den er für sie eingeschenkt hatte. Sie nahm ihn und sagte: »Es ist lieb von dir, aber ich schätze, du hast wieder einmal den Rest von unserem Haushaltsgeld dafür ausgegeben.«
Fallon griff in die Geldkatze, die an seinem Gürtel hing, und präsentierte ihr die Handvoll Goldstücke, die er Qais abgelotst hatte. Gazi bekam große Augen, und ihre Hand zuckte vor, um nach dem Geld zu greifen. Fallon zog seine Hand blitzschnell mit einem Lachen zurück und reichte ihr zwei Zehn-Kard-Stücke. Den Rest steckte er in den Geldbeutel zurück.
»Das dürfte den Schornstein für ein paar Zehn-Nächte am Rauchen halten«, sagte er. »Wenn du wieder was brauchst, sag mir Bescheid.«
»Baghan«, murmelte sie, dann ließ sie sich in den anderen Stuhl sinken und nahm einen Schluck aus ihrem Kelch. »Wie ich dich kenne, hat es wenig Sinn, dich zu fragen, wo du das Geld her hast.«
»Sehr klug erkannt«, erwiderte er fröhlich. »Langsam scheinst du zu begreifen, dass ich niemals über Geschäfte rede. Das ist einer der Gründe dafür, dass ich noch immer am Leben bin.«
»Ein schändliches, unwürdiges Geschäft, dessen bin ich sicher.«
»Jedenfalls hält es uns am Leben. Was gibt's zum Essen?«
»Unhakotelett mit Badr und zum Nachtisch Tunest. Ist dein geheimnisvolles Geschäft für heute beendet?«
»Ich glaube schon«, erwiderte er vorsichtig.
»Was hält dich also davon ab, mich heute Abend zum Fest auszuführen? Es gibt ein Feuerwerk und eine Schauschlacht.«
»Tut mir leid, meine Liebste, aber du vergisst, dass ich heute Nacht Wachdienst habe.«
»Irgendwas ist immer!« Sie starrte missmutig in ihren Kelch. »Was habe ich den Göttern getan, dass sie mich so strafen?«
»Trink dir noch einen, dann fühlst du dich wieder besser. Eines Tages, wenn ich meinen Thron wiederhabe …«
»Wie oft habe ich mir diese Leier schon anhören müssen!«
»… wenn ich meinen Thron wiederhabe, wird es für dich Vergnügen und Spiele genug geben. Einstweilen aber kommt das Geschäft vor dem Vergnügen.«
Die dritte Abteilung der Juru-Kompanie der Bürgerwehr von Zanid, auch Stadtwache genannt, war bereits im Antreten begriffen, als Fallon in der Rüstkammer eintraf. Er nahm seine Pike vom Ständer und reihte sich ein.
Wie Fallon Mjipa auf dem Festplatz erklärt hatte, wäre es in der Tat ein recht befremdlicher Anblick gewesen, wenn die Juru-Kompanie zu einer Parade angetreten wäre. Der Juru-Bezirk wurde größtenteils von armen Nichtkrishnanern bewohnt, und seine Vertretung in der Bürgerwehr ähnelte einer Musterkollektion aller Planeten des Erdentyps, die intelligente Bewohner hatten. Außer den Krishnanern war neben Fallon eine Reihe weiterer Erdenmenschen vertreten: Weems, Kisari, Nunez, Ramanand und noch ein paar andere. Dann gab es zwölf Osirer und dreizehn Thothianer. Auch ein Thorianer
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