Der Turm von Zanid
Hörweite des terranischen Missionars, der noch immer gestenreich von seiner Kiste wetterte.
»Wer ist das?« fragte Fallon. »Der scheint ja alles und jeden zu hassen.«
»Er heißt Wagner – Welcome Wagner. Amerikaner, glaube ich, ökumenischer Monotheist.«
»Amerikas Beitrag zur interplanetarischen Völkermißverständigung, hä?«
»So ähnlich könnte man es nennen. Das Komische daran ist, dass der Kerl ein geläuterter Abenteurer ist. Sein eigentlicher Name ist Daniel Wagner; als Schrecklicher Dan war er früher einmal auf den Cetischen Planeten berühmt und berüchtigt, ein üblerer Windhund als Borel und Koshay zusammen. Ein Mann ohne jede Kultur.«
»Was ist mit ihm passiert? Musste er sitzen?«
»Genau das, und während er im Gefängnis von Novorecife über seine Sünden nachdachte, hat ihn die Religion gepackt. Als er rauskam, nahmen ihn die ökumenischen Monotheisten, die damals im Westen noch keine Missionare hatten, sofort unter ihre Fittiche, bildeten ihn im Schnellverfahren zum Missionar aus und schickten ihn hierher. Und jetzt ist er eine größere Plage als je zuvor.« Ein missmutiger Schatten huschte über das dunkle Gesicht. »Diese Burschen bereiten mir mehr Kopfzerbrechen als einfache kleine Ganoven wie Sie.«
»Ganoven wie ich? Aber mein lieber Percy, Sie kränken mich, und was noch schlimmer ist, Sie tun mir Unrecht. Ich habe niemals in meinem Leben …«
»Ach, kommen Sie, hören Sie schon auf! Ich weiß alles über Sie. Oder zumindest«, korrigierte sich der penible Mjipa, »mehr, als Sie glauben.«
Sie kamen zu dem großen flaggengeschmückten Zelt. Der Afrikaner nahm die Ehrenbezeugungen der Hellebardenträger, die den Eingang bewachten, mit einem knappen Nicken entgegen und ging hinein. Fallon folgte ihm durch ein Labyrinth von Gängen in einen Raum, der dem Konsul für die Dauer des Festes zur Verfügung gestellt worden war. Dort saß ein untersetzter vierschrötiger runzliger Mann mit weißem Bürstenhaarschnitt, einer Stupsnase, breiten Wangenknochen, blauen Unschuldsaugen und weißem Schnurr- und Spitzbart. Er trug legere irdische Reisekleidung. Als sie eintrafen, erhob er sich und nahm die Pfeife aus dem Mund.
»Doktor Fredro«, sagte Mjipa, »hier ist Ihr Mann. Er heißt Anthony Fallon. Fallon, das ist Doktor Julian Fredro.«
»Danke«, murmelte Fredro wie überwältigt, den Kopf leicht gesenkt, mit unstet huschendem Blick, so als wäre er verlegen oder schüchtern.
»Doktor Fredro«, fuhr Mjipa fort, »ist hier, um archäologische Forschungen zu betreiben, und dabei sieht er sich alle Sehenswürdigkeiten an. Er ist der unermüdlichste Besichtiger, der mir je untergekommen ist.«
Fredro machte eine abwehrende Geste und sagte in seinem stark slawisch gefärbten Englisch: »Mister Mjipa ibertreibt, Mister Fallon. Ich finde Krishna interässanten Planet, das ist alles. Also värsuche ich, soviel mitzukriegen wie meglich.«
»Und ich habe mir dabei die Füße wundgelaufen«, seufzte Mjipa.
»Ach, das ist bisschen ibertrieben«, schwächte Fredro ab. »Ich lerne gerne die Sprachen der Länder, die ich bäsuche, und mische mich unter die Leite. Zur Zeit ich lerne die Sprache. Und was die Leite anbetrifft – äh –, Mister Fallon, kennen Sie irgändwelche balhibischen Philosophen hier in Zanid? Mister Mjipa hat mich mit Soldaten, Adligen, Kaufleiten und Arbeitern bekannt gemacht, aber nicht mit Intellektuellen.«
»Ich fürchte nein«, antwortete Fallon. »Die Krishnaner legen keinen großen Wert auf die Erforschung des Reiches des Geistes, und schon gar nicht die Balhibuma, die sich als eine kriegerische Rasse betrachten. Der einzige Philosoph, den ich je kennen gelernt habe, war Sainian bad-Sabzovan. Das war vor ein paar Jahren am Hofe des Dur von Gozashtand. Und den habe ich nie begriffen.«
»Wo ist dieser Philosoph jätzt?«
Fallon zuckte die Achseln. »Wo ist der Schnee vom vergangenen Jahr?«
»Nun«, schaltete sich Mjipa ein, »ich bin sicher, Sie können Doktor Fredro auch so eine ganze Menge interessanter Dinge zeigen. Es gibt da eines, auf das er besonders erpicht ist und das normale Touristen nie zu Gesicht bekommen.«
»Und das wäre?« fragte Fallon. »Meinen Sie vielleicht Madame Farudis Haus im Izandu?«
»Nein, nein, nichts dergleichen. Er möchte bloß, dass Sie ihm Zutritt zum Safq verschaffen.«
2
F allon starrte ihn einen Moment ungläubig an, dann schrie er: »Wie bitte?«
»Ich sagte«, wiederholte Mjipa, »Doktor Fredro möchte,
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