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Der Überläufer: Tweed 3

Der Überläufer: Tweed 3

Titel: Der Überläufer: Tweed 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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seiner Frau aufzuspüren.«
    »Und das könnte gefährlich werden?«
    »Sehr. Finnland ist ein faszinierendes Land, aber es liegt im Schatten der Sowjetunion. Die Finnen spielen das politische Spiel mit außerordentlichem Geschick – einerseits gut Freund mit dem Kreml, anderseits entschlossen, sich ihre Unabhängigkeit zu erhalten. Ein wahrer Drahtseilakt. Dafür bewundere ich sie. Aber ich fürchte, Newman unterschätzt in seiner Trauer und seinem Zorn, wohin er sich da begibt.«
    »Und das wäre?«
    »Das große Niemandsland Westeuropas.«

4
    Das große Niemandsland Westeuropas.
    Flug BA 668 verlor rasch an Höhe, schwenkte in einen Kreisbogen ein. Zum ersten Mal schaute Newman aus dem Fenster, riß sich aus der Betäubung, in die ihn das monotone Dröhnen der Triebwerke versetzt hatte. Plötzlich stieß das Flugzeug durch die dicke Wolkendecke, und da lag es unter ihm. Finnland!
    Offenes Land, eine Handvoll netter Häuser mit roten Dächern inmitten großer Inseln dichten, dunklen Waldes. Während der langen Winter konnte man in diesen einsamen Behausungen wohl Platzangst bekommen. Viele lebten so, isoliert inmitten von Kiefern und Föhren, mit nichts als einem schmalen Karrenweg, der sie mit der nächsten Straße verband. Kleine, metallisch glitzernde Seen waren über die Ebene verstreut.
    Dann landeten sie. Der undurchdringliche Kiefernwald wischte am Fenster vorüber. Mit einem sanften Ruck setzten die Räder auf der Landepiste auf. Dann das plötzliche Langsamerwerden, als die Landeklappen nach unten fielen und die Triebwerke mit Gegenschub arbeiteten. Sie glitten nur noch dahin, mit jeder Sekunde an Geschwindigkeit verlierend. Was er durchs Fenster sah, erinnerte Newman an Arlanda, den wesentlich größeren Flughafen von Stockholm, der ebenfalls von dichtem Kiefernwald umgeben war.
    Als die Maschine zum Stehen kam, löste er den Sicherheitsgurt, dankte der Stewardess, die ihm den Mantel reichte, zwängte sich hinein, trat in den Mittelgang, seine Aktentasche umklammernd.
    Die gleiche pulsierende Nervosität hatte er auch bei seinem ersten Besuch Finnlands empfunden. Hier war er weit im Osten, so weit im Osten, als es möglich war, ohne russischen Boden zu betreten.
    In seiner Ungeduld erreichte er als erster den Ausgang. Keine gedeckte Fluggastbrücke, nur eine bewegliche Treppe, die man herangefahren hatte und auf die er hinaustrat. Das Flughafengebäude war gleich vor ihnen, klein und deswegen anheimelnd wirkend; in schmucken Lettern trug es die Aufschrift: HELSINKI – VANTAA.
    Während er die kurze Distanz zwischen Flugzeug und Flughafengebäude zurücklegte, atmete er die kalte, frische Luft ein. In London hatte er eine Hitzewelle hinter sich gelassen; jetzt befand er sich in einer anderen Welt. Eigenartigerweise war er dankbar und zugleich erleichtert, weg zu sein von allem Vertrauten.
    Eine dunkle Wolkendecke bedeckte den Himmel, schien aber da und dort in Auflösung begriffen. Die Sonne kam durch, eine verschwommene, neblige Scheibe, nicht größer als eine 5-Markkaa-Münze. Und überall diese Ks, dachte er mit schiefem Lächeln, während er das Gebäude betrat. Davon würde er noch etliche zu sehen bekommen.
    Vantaa ähnelt Cointrin in Genf und Kastrup in Kopenhagen.
    Klein, behaglich. Welten enfernt von der Ausgedehntheit und dem Getöse von Heathrow. Und noch ein Unterschied – Newman merkte ihn gleich wieder, nachdem er die Paßkontrolle hinter sich hatte und beim Gepäckkarussell auf seinen Koffer wartete. In Vantaa gibt es nicht die endlosen Flächen von Kunststoffbelag, die anderen Flughafengebäuden einen so unpersönlichen Charakter verleihen. In Vantaa ist der Boden mit Brettern belegt. Holz gibt es genug in Finnland.
    Das Mädchen trat auf ihn zu, als er die Ankunftshalle durchquerte, um zum Taxistand zu gelangen. Das flachsblonde Haar, das ihm hier wieder oft begegnen würde. Schlank, einsfünfundsiebzig groß, saubere blaue Jeans, die in kniehohen Stiefeln steckten. Der Oberkörper in einer weißen Strickjacke mit Rhombenmuster.
    Später erfuhr er, daß das neueste Mode war. Sie hielt sich sehr aufrecht und blickte ihn durch ihre Brillengläser direkt an.
    »Mr. Robert Newman?«
    Sofort wurde er wachsam und feindselig. Verdammt, er wollte in Ruhe gelassen werden. Er ging ohne Antwort weiter, beschloß jedoch, als er fast an ihr vorüber war, es wäre besser, zu erfahren, was sie wollte.
    »Ich kenne Sie nicht«, sagte er kurz, »und ich bin in Eile. Reden Sie öfter fremde Männer

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