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Der Überläufer: Tweed 3

Der Überläufer: Tweed 3

Titel: Der Überläufer: Tweed 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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aus, schwang die Beine hoch und ließ sich zurückfallen.
    Sie schob ihm ein Kissen unter den Kopf, öffnete ihm Krawatte und Hemdkragen. Er schlief sofort ein.
    Sie weckte ihn nicht, als der Kaffee kam. Sie schenkte sich selber eine Tasse ein, stellte sich einen Stuhl zum Fenster, setzte sich darauf und beobachtete das Hereinbrechen der Nacht, während sie Schluck um Schluck ihren Kaffee trank. Nach einer Stunde war die Kaffeekanne leer, und Newman schlief noch immer. Sein Atem ging ruhig. Sie schaltete auf der anderen Seite die Nachttischlampe ein, stellte das Kissen hoch, zog die Stiefel aus und streckte ihre langen, schlanken Beine auf dem zweiten Bett aus.
    Durch ihre Gläser beobachtete sie den Fremden von jenseits des Meeres, diesen Engländer, der sie, als sie ihn am Flugplatz zum erstenmal sah, sofort an eine einsame, verirrte Seele erinnert hatte.

5
    Kurz nach 17.30 Uhr verließ Tweed die Halle des Flughafens Charles de Gaulle, ein Bauwerk im Stil des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Nachdem er aus der Air-France-Maschine ausgestiegen war, brauchte er keine Zeit mit dem Warten beim Gepäckskarussell zu verschwenden. Er reiste mit leichtem Gepäck, nahm das, was er hatte, eine kleine Reisetasche, stets als Handgepäck mit ins Flugzeug.
    Dadurch war er in großem Vorteil. Jeder, der ihm folgte, blieb zurück, weil er auf sein Gepäck warten mußte. Auf französisch instruierte er den Taxifahrer.
    »Hotel ›Bristol‹, bitte.«
    Häufig wird die Meinung vertreten, daß es, wenn man unbeobachtet Paris besuchen will, am besten sei, in einem obskuren Hotel am linken Seineufer abzusteigen. Das ist ein Fehler, den selbst erfahrene Reisende begehen.
    Die Concierge in solch kleinen, meist schäbigen Etablissements hat es sich zur Gewohnheit werden lassen, ihre Gäste zu bespitzeln. Für eine vergleichsweise bescheidene Summe ist sie bereit, die Anwesenheit eines Fremden jedem zu melden, der daran Interesse zeigt. Eine weitere Gefahr stellt das unterirdische Netzwerk von Kontakten dar, das alle diese Conciergen untereinander unterhalten.
    Ganz anders sieht die Sache in den großen Hotels am rechten Ufer der Seine aus, zu denen auch das
Bristol
gehört. Hier verdient der Chefportier nicht wenig Geld damit, den Launen seiner betuchten Klientel dienlich zu sein – darunter an oberster Stelle den Amerikanern, was hieß, daß 1984, angesichts des hohen Dollarkurses, die »Yankees« für ein Butterbrot alles haben konnten.
    Kein Chefconcierge eines Luxushotels hätte im Traum daran gedacht, dieses lukrative Geschäft dadurch zu gefährden, daß er Informationen über seine Gäste verhökerte, wie hoch die Bestechungssumme auch sein mochte. Tweed war mit diesen Realitäten des Lebens nur zu wohl vertraut.
    In der Rue du Faubourg St.-Honoré entlohnte er den Taxifahrer, ließ den Träger die Reisetasche aufnehmen und betrat das
Bristol,
das nur einen Steinwurf vom Elysée-Palast und vom Ministerium des Inneren auf der Place Beauvau entfernt ist.
    Jeder, der Tweed folgte – und das war noch keinem gelungen, ohne daß Tweed es bemerkt hätte –, wäre über Tweeds Wahl des Ortes für ein Abendessen an diesem 30. August überrascht gewesen.
    Während sechzehnhundert Kilometer entfernt Newman, von Laila Sarin behütet, in Helsinki in tiefem Schlaf lag, packte Tweed eilig seine Reisetasche aus. Er wusch sich und trat, nachdem er ein Ortsgespräch geführt hatte, auf den Hotelkorridor hinaus.
    An die Türklinke hängte er das Schild »Bitte nicht stören« und nahm den Zimmerschlüssel in der Hosentasche mit. Es war schwül und stickig, als er auf der Rue du Faubourg St.-Honoré dahinschlenderte. Er überquerte die Place Beauvau, ging am Ministerium des Inneren vorbei, wo Polizisten mit Pistolen im Halfter vor den geschlossenen Gittertoren Wache standen, und setzte seinen Weg vorbei am Elysée-Palast fort.
    Paris hatte sich seit seinem letzten Besuch verändert – und nicht zu seinem Vorteil. Selbst vor dem Präsidentenpalast war das Gehsteigpflaster nach allen Seiten schief, und alles sah nach Verfall und Vernachlässigung aus. Von den Mauern blätterte der Verputz, die Stadt wirkte schäbig und ungepflegt.
    Gelegentlich stehenbleibend und einen Blick in ein Schaufenster werfend, nahm er sich erst ein Taxi, als er sicher war, daß keine Spürhunde ihn begleiteten. Er wies den Fahrer an, ihn in die Rue des Pyramides zu fahren, eine Querstraße der Rue St.-Honoré, die diese mit der Rue de Rivoli verbindet. Es war nur eine

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