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Der Überläufer: Tweed 3

Der Überläufer: Tweed 3

Titel: Der Überläufer: Tweed 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Stufen getreten. Eigenartig, daß die Leute immer in der Mitte einer Treppe hinauf- oder hinuntergingen. An Bord seines Kutters war Prii daran gewöhnt, die Niedergänge auf der Seite zu benützen, besonders bei stürmischer See, weil er sich dann am Geländer festhalten konnte.
    Vorsichtig trat er auf die Pikk-Straße hinaus, schaute nach beiden Seiten und stellte fest, daß sie menschenleer war. Bevor er zu seiner Unterkunft zurückkehrte, drehte er sich um und spuckte voll böser Verachtung auf die Stufen des Eingangs.
    Vierhundert Kilometer entfernt, jenseits der Ostsee, saß Ingrid auf dem Bettrand und stellte einen Bericht fertig, der die letzten Vorkommnisse enthielt, genaue Zeitangaben inbegriffen. Sie schrieb das alles in Geheimschrift in ihr Notizbuch. Sie machte das Büchlein zu, gähnte und verspürte großen Hunger.
    Sie mochte das Mansardenzimmer, das sie bewohnte. Es hatte zwei große Giebelfenster. Wollte man jedoch einen Blick auf die Stadt werfen, mußte man das von einem Erker aus tun. Es war gemütlich und ruhig hier.
    Es klopfte jemand leise an die Tür. Sie öffnete vorsichtig, ließ die Sicherheitskette eingehakt, schaute durch den Türspalt und löste die Kette.
    Auf Sicherheit bedacht, sagte sie kein Wort, bis der Besucher im Vorraum stand und sie die Tür zugemacht und versperrt hatte.
    »Tweed! Oh! Wie froh bin ich, Sie wiederzusehen …«
    Sie schlang die Arme um seinen Nacken und drückte ihn zärtlich an sich. Normalerweise hätte ihn das verlegen gemacht, doch jetzt umfaßte er ihre zarte Taille und zog sie ebenfalls an sich. Er hatte noch seinen Schlapphut auf und hielt seine Aktentasche umklammert.
    »Sorgen?« fragte er, als sie einander losließen und sie ihn ins Schlafzimmer führte und ihm Hut und Mantel abnahm. Der Mantel wurde sorgfältig über einen Bügel gehängt, dann sagte sie ihm, er solle sich setzen.
    »Wann sind Sie angekommen, Tweed? Sind Sie direkt hierhergekommen? Wieso wußten Sie, wo ich war?«
    Es war typisch für Ingrid – der Strom von Fragen, die Erregtheit, die offen gezeigte Freude über sein Kommen. Der Nonstopflug von London, die lange Fahrt vom Arlanda-Flughafen hatten ihn müde gemacht, und doch fühlte er sich durch den warmen Empfang, der ihm hier bereitet wurde, bereits merklich erfrischt.
    »Ich stelle lieber das Radio an«, flüsterte sie. »Ich bin sicher, daß niemand mir gefolgt ist – aber ich tu’s dennoch.«
    Er sah ihr zu, wie sie sich beschwingt durch den Raum bewegte, das Radio einschaltete und einen Sender fand, der Popmusik brachte. Für den unwahrscheinlichen Fall, daß man eine Wanze im Zimmer angebracht hatte, würde die Musik ihr Gespräch bis zur Unverständlichkeit verzerren. Als er sie auf einer Party in Stockholm kennengelernt hatte, war sie in dieser Art von Tätigkeit ohne jede Erfahrung gewesen, hatte sich dann aber rascher alle Tricks angeeignet als jeder Berufsagent, der ihm je untergekommen war.
    »Wann haben Sie zuletzt gegessen?« fragte er sie.
    »Es ist schon einige Zeit her, aber …«
    »Kein Aber – wir werden den Zimmerservice kommen lassen und ein Festmahl bestellen.«
    »Ist schon gut. Bleiben Sie sitzen. Ich weiß, wo die Speisekarte ist.
    Sie haben geräucherten Lachs. Ich liebe geräucherten Lachs.«
    Sie studierten gemeinsam die Karte, dann hob sie den Hörer ab und bestellte ihr Mahl, dazu eine Flasche guten Weißweins, die Tweed ausgesucht hatte. Während sie auf den Kellner warteten, erzählte sie ihm alles, was seit ihrem Eintreffen auf dem Flughafen Arlanda geschehen war.
    Tweed blieb schweigsam, beobachtete sie, die entspannt mit hochgezogenen Beinen auf einem Sessel saß, den sie nahe zu ihm herangezogen hatte. Er war ein guter Zuhörer, und sie hatte eine erstaunliche Fähigkeit, Fakten knapp und geordnet vorzutragen.
    Als sie bei dem Vorfall mit dem geparkten Volvo und dem Polizisten anlangte und dabei Tweed die Kamera zeigte, mußte sie lachen.
    »Ich glaube, dieser Polizist hätte mich gerne zum Abendessen eingeladen.«
    »Sein Pech ist mein Glück. Also, um Ihre Fragen zu beantworten: von Arlanda nahm ich mir geradewegs hierher ein Taxi. Von Monica wußte ich, daß Sie im ›Grand Hotel‹ wohnen. Sie sagten es ihr telefonisch, und ich habe sie von Arlanda aus angerufen. Ich habe ein Zimmer im ›Diplomat‹ bestellt – aber ich habe beschlossen, sofort hierher überzuwechseln, selbst wenn ich unten in der Halle übernachten müßte.«
    »Das ist ja wunderbar. Aber wohnen Sie nicht gewöhnlich

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