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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Juchuu! Da bist du ja! Hast du meine SMS bekommen?«
    »Nein, aber man hört euch ja über den ganzen Residenzplatz schreien!«
    »Grüß Gott, Herr Doktor! Kompliment! So süße Töchter! Und jetzt noch mal Nachwuchs! – Sie sind mir aber einer! Das haben Sie mir beim letzten Mal gar nicht erzählt!« Die alte Tante schwenkte scherzhaft drohend den Zeigefinger.
    »Also, das ist ein Missverständnis«, mischte ich mich ein. »Wir sind quasi nur die Babysitter …«
    »Ja, ja, vielen Dank«, versuchte Volker das Gespräch abzuwürgen. »Also, was machen wir mit dem angebrochenen Nachmittag?«
    »Setz dich doch zu uns«, flüsterte ich ihm verschwörerisch zu, in der Hoffnung, die Frau vom Nachbartisch würde dann von uns ablassen.
    »Das ist, glaube ich, keine so gute Idee …« Volker warf einen Zwanzigeuroschein auf den Tisch und drängte regelrecht zum Aufbruch. Dort hinten in der Ecke nahm gerade wieder die Rothaarige Platz, die schon neulich im Tomaselli unsere Privatgespräche belauscht hatte. Spätestens jetzt fand ich auch, dass wir den Schauplatz wechseln sollten.
    »Aber ich hab mein Eis noch gar nicht aufgegessen!«
    »Weil du immer so rumschlabbern musst!«
    »Nein, weil ich Fanny gefüttert habe, du blöde Kuh!«
    »Kinder, wir sind hier nicht privat!« Hastig stopfte ich Fanny in den Kinderwagen und warf das rosa Schühchen einfach hinterher. »Man kennt uns hier – bitte hört auf zu streiten!« Nun war mir wirklich unbehaglich zumute. »Wir gehen.«
    »Na toll!«, maulte Pauline. »In der Großstadt dürfte ich jetzt weiter essen.«
    »Hauptsache weg«, murmelte Volker, warf einen verstohlenen Blick auf die Patientin und verdrehte dann die Augen.
    Diese machte inzwischen ihre Tischnachbarin auf die »verblüffende Ähnlichkeit der drei Töchter vom Doktor« aufmerksam.
    »Frau Stark, wir sehen uns nächste Woche! Und essen Sie nicht zu viel Eis – Sie wissen ja, Ihr Cholesterin!«, verabschiedete sich Volker.
    Tja. Volker zahlte einen hohen Preis. Einerseits vergötterten ihn alle, andererseits hatte er ECHT kein Privatleben!
    »Weißt du was?«, flüsterte ich, als wir Schulter an Schulter mit dem Kinderwagen von dannen zogen. »Die alte Schachtel hat geglaubt, ich wäre Fannys Mutter!«
    Volker legte stolz den Arm um mich. »Immerhin besser, als wenn sie gedacht hätte, du wärest ihre Oma. « Er drückte mich an sich. »Das muss dich doch aufbauen!«
    »Tut es auch!«, rief ich übermütig. »Du musst zugeben, dass ich durchaus noch als junge Mutter durchgehe.«
    Er sah mich von der Seite an: »Herzerl, wenn die Welt dich nicht hätte!«
    »Dann?« Ich funkelte ihn spitzbübisch an.
    »Wäre sie wirklich arm.«
    Lachend und plaudernd traten wir den Heimweg an.

13
    A ch du Scheiße! Schau mal, wer da in unserer Einfahrt steht.«
    Ich war gerade mit dem Baby auf der Rückbank beschäftigt. »Wer? Leonore?«, fragte ich, als ich verwirrt wieder auftauchte. »Hat sie ein neues Auto?«
    »Typisch Frau!«, murmelte Volker kopfschüttelnd, während er an dem dort parkenden Wagen vorbeimanövrierte. »Erinnerst du dich nicht an diesen Wagen?«
    Es war irgendwas Schnittiges, Modernes, Chromblinkendes. Oh. Oje. Leider erinnerte ich mich doch.
    »Sven.« Mein Herz machte einen nervösen Hopser. Scheiße. SCHEISSE !!
    »Sieht ganz so aus.«
    »Was macht DER denn hier?« Mir verschlug es den Atem. Natürlich hatte ich weder Volker noch Lisa von meinem letzten Anruf erzählt. Es war ja sowieso nichts Vernünftiges dabei herausgekommen. »Ich kann jetzt hier nicht weg«, waren Svens letzte Worte gewesen. Und »Arschloch« hatte mein letztes Wort gelautet. Nun hatte der verantwortungslose Schuft es sich wohl offensichtlich doch noch anders überlegt.
    »Will der jetzt endlich seinen Vaterpflichten nachkommen?«, schnaufte ich empört.
    »Der wird mit Lisa reden.« Volker fuhr sich über den ver spannten Nacken, während er darauf wartete, dass das Garagen tor hochging. Sein Blick wanderte zum Nachbarhaus hinüber. »Schau, dort drüben brennt Licht.«
    Tatsächlich. Sven und Lisa waren beide im Fertighaus, man sah ihre Silhouetten hinter der Gardine. Anscheinend waren sie in einen heftigen Streit verwickelt. Ich sah ihn wild gestikulieren und sie zurückweichen. Er würde sie doch nicht schlagen?
    »Das ist nichts für die Kinder«, entschied Volker mit rauer Stimme. Sein Gesicht war so versteinert wie noch nie, bis auf das unmerkliche Zucken neben seinem Auge, das mir in letzter Zeit öfter aufgefallen war.

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