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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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geht mit dem Baby ins Kinderzimmer.« Hastig scheuchte ich die Kinder samt Baby aus der Gefahrenzone und ging anschließend auf wackeligen Beinen zur Tür. »Was willst du hier?!«, hörte ich meine schneidende Stimme.
    Blöde Frage. Ich hatte ihn doch selbst aufgefordert, zu kommen und sich sein Kind anzusehen.
    »Kann ich dich mal kurz sprechen?«
    »Moment!«
    In heller Aufregung lief ich zu den Mädchen und sagte: »Gebt mir das Baby.«
    »Mama, NEIN !«, winselten beide. »Wenn er es jetzt ent führt …«
    »Das wird er nicht. Er hat ein Recht darauf, sein Kind zu sehen.«
    »Mama, BITTE NICHT !«, heulten sie panisch auf. »Er trägt es zum Auto und fährt weg.«
    »Kinder, ich habe die Situation hier im Griff. Papa ist schließlich auch noch da. Der würde das niemals zulassen. Also los, bringen wir es hinter uns!«
    Mit dem zufrieden glucksenden Baby im Arm schritt ich zur Haustür und machte auf.
    Im Dunkeln stand Sven. Ich wusste, dass er groß war, aber so riesig hatte ich ihn gar nicht in Erinnerung. Er sah umwerfend gut aus im hellen Blazer. Er war braun gebrannt, und sein blondes, kurz geschnittenes Haar war noch heller als sonst. Seine blauen Augen durchbohrten mich.
    Natürlich, dachte ich. Weiberheld! Klar, dass auf dich alle Frauen stehen. Wie konntest du das so schamlos ausnutzen!
    »Hallo, Barbara.« Svens Stimme war weich, fast bittend. Logisch. Er hatte ein megaschlechtes Gewissen. Bestimmt hatte Volker ihm so richtig eingeheizt. Und jetzt tröstete Volker die verstörte Lisa, die hoffentlich nicht wieder Selbstmordgedanken hatte! Mein wunderbarer Volker.
    »Sven.« Ich nickte kurz mit dem Kopf, zum Zeichen, dass er hereinkommen solle. »Sonst zieht es dem Baby.«
    Sven trat ein und stand in jenem Essbereich, in dem wir am ersten Abend alle zusammen gesessen, Wein getrunken und miteinander geplaudert hatten. Doch heute fehlten uns die Worte.
    »Ist das …?«
    »Nein, das ist ein indisches Adoptivkind aus Kalkutta. Natürlich ist sie das! Wie viele Babys, glaubst du, haben wir hier im Haus?«
    Er beugte sich ein bisschen vor, nahm seinen Finger und strich Fanny ganz behutsam über das Köpfchen. Ich ertappte mich bei dem Wunsch, ihm das Kind zu entreißen, duldete es aber, dass er es streichelte. Schließlich sah er sein Töchterchen zum ersten Mal. Er hatte ein Recht darauf.
    »Süß«, sagte Sven.
    Na toll. Der Mann war WIRKLICH einsilbig.
    »Ist das alles?«, brauste ich auf. »Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«
    »Nein, sie ist wirklich süß und sieht Lisa sehr ähnlich: Die gleiche kesse Stupsnase, die gleichen Locken …« Ungeschickt tätschelte er Fannys Wange.
    Sein Töchterchen sabberte vergnügt.
    Und DIR sieht es auch ähnlich, du elender Drückeberger!, dachte ich. Schau mal, die weißblonden Härchen! Aber DAS passt dir wohl nicht in den Kram, was?
    »Wie … habt ihr euch denn jetzt geeinigt?«, fragte ich so sachlich wie möglich.
    »Ja, also erst mal danke, dass ihr euch so um Lisa küm mert …«
    »Keine Ursache«, sagte ich knapp. Hinter mir hörte ich, wie die Kinderzimmertür einen Spalt aufging. Die Mädchen spähten neugierig hindurch. »Das hätten wir so oder so getan. Wir wussten ja, dass du … ein Seemann bist.«
    Ob er diese Spitze wohl verstanden hatte?
    »Trotzdem kannst du dich doch nicht einfach so vor der Verantwortung drücken!«, hörte ich mich mit strenger Stimme sagen. Wahrscheinlich wollte ich die Mädchen mit meinem Mut beeindrucken.
    »Nein, das habe ich auch nicht vor.«
    »Also?« Ich legte ihm das Baby mit Schwung in die Arme und stemmte die Hände in die Hüften. »Du bist der Vater. Glaubst du nicht, dass es zwischen dir und Lisa noch mal was werden kann?«
    Sven betrachtete selbstvergessen sein Töchterchen, wiegte es etwas ungeschickt hin und her und machte »dududu« – was Väter eben so machen, wenn sie ihr Kind zum ersten Mal auf dem Arm halten.
    »Sven!«, riss ich ihn aus seiner Trance. »Wie wär’s, wenn du dir einen Job an Land suchst? Volker würde dir bestimmt helfen!«
    »Und was soll ein Kapitän an Land so machen?« Sven schaute von seinem Kind auf. Er hatte so etwas Verzweifeltes in seinem Blick, und ich begriff, wie dumm mein Vorschlag gewesen war.
    »Ach so, ja.« Ich kratzte mich verlegen am Kopf. Diese Moralapostelnummer war aber auch so gar nicht mein Ding! »Aber wie geht es denn jetzt weiter mit euch?«
    Sven drückte mir sein Töchterchen abrupt wieder in die Arme. Hätte ich nicht reflexartig die Hände ausgestreckt,

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