Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
Vom Netzwerk:
dich nicht aufregen, und es sollte auch wirklich niemand wissen in unserer Familie, erst recht nicht Mutter oder – schlimmer noch – Wiebke.« Er tupfte mir den kalten Schweiß von der Stirn.
    Es tat so gut, so unendlich gut, seine Wärme und seine Nähe zu spüren. Er würde mich – wie immer – festhalten und davor beschützen, in den Abgrund zu stürzen, der sich heute Nacht vor mir aufgetan hatte. Volker hatte immer eine Lösung. Er war schon dabei, mich zu retten, ich musste nur zuhören!
    »… und auch die Kinder nicht. Letztlich ist es ein bisher gut gehütetes Geheimnis zwischen Lisa und mir.«
    Ich versuchte ihn anzusehen. Wieso hatte er die Stimme nicht gesenkt? Wieso schwebte dieser angefangene Satz noch im Raum? Kam da noch was?
    »… und Nathan.«
    »Na. Than.« Verständnislos wiederholte ich diese zwei Silben.
    »Herzerl. Du hast ja ganz eiskalte Hände. Aber kein Wunder, du musst dich wahnsinnig erschreckt haben.« Volker drückte die Düsseldorfer Tabelle weg und ließ sich wieder lachend in dem Felsen hängen.
    »Du hast dir so viel aufgebürdet mit dem Kind, da wollte ich dich nicht auch noch damit belasten. Ich hab dir ja immer gesagt, dass ich nicht noch ein Kind will. Aber in diesem Fall ist es so, dass unser Nathan …« Er kratzte sich am Kopf, ohne meine Hände loszulassen. Ich kam mir vor wie eine willenlose Marionette.
    »Unser Nathan war halt mal sehr verliebt in Lisa. Sie kannten sich von früher, vom Bridgeclub. Und da kam es wohl mal zu einem One-Night-Stand. Doch Lisa hatte überhaupt kein Interesse an Nathan. Er ist darüber fast verrückt geworden, der arme Junge. Dann zogen Sven und Lisa zufällig in unser Nachbarhaus, und sie saß immer in ihrem knappen weißen Bikini schwanger bei uns am Pool. Da sind dem armen Nathan fast die Augen aus dem Kopf gefallen! Ist dir das nicht aufgefallen?«
    »Nein. Nathan? Nein!«
    »Stille Wasser sind tief, Herzerl. Weißt du doch.«
    »Ja.«
    »Und da ist er ihr auf dieses Schiff nachgereist. Eines ergab sich aus dem anderen. Sven hat natürlich Lunte gerochen und Nathan zur Rede gestellt: Bursche, was willst du hier, lass meine Frau in Ruhe … Und Nathan hat ausgepackt. Anschließend haben sie in Stockholm einen Vaterschaftstest gemacht.« Er schluckte und kratzte sich am Kopf. »Na ja, und den Rest kannst du dir ja denken.«
    Ich brauchte gefühlte zehn Minuten, bis ich begriff, was er da sagte. »Sven wusste also schon die ganze Zeit, dass NATHAN …« Wahrscheinlich kamen Seifenblasen aus meinem Mund. »Und ich habe ihn noch genötigt, beschimpft und aus dem Haus geworfen …« Verzweifelt rang ich nach Luft.
    »Natürlich ist Svens und Lisas Ehe darüber zerbrochen – erinnerst du dich, wie verstört Lisa war?« Volker machte eine vielsagende Pause, während ich mechanisch nickte wie eine Puppe. »Sie wollte das Kind nicht mehr, als sie wusste, dass es von Nathan ist! Für sie war Nathan nichts weiter als ein unüberlegter Ausrutscher.«
    »Ja«, sagte ich und wollte mich sofort übergeben. Was hatte Lisa in der Küche zu mir gesagt? »Ich steh nicht so auf grüne Jungs.« Ein gewaltiger Adrenalinstoß erfasste mich.
    Da hatte sie schon längst … Da war das alles schon …
    »Das konnte ich natürlich unmöglich zulassen«, fuhr Volker ernst fort. »Dass Lisa sich und das Kind zerstört. Und Nathan letztlich auch. Er ist mein Sohn!« Volker blinzelte energisch ein paar Tränen weg. »Er hat Scheiße gebaut, aber ich wollte ihm helfen. Der Junge hat doch sein ganzes Leben noch vor sich!«
    Ich starrte meinen Volker an. Oh, Gott, was hatte er alles durchgemacht, nur um Nathan zu schonen und sein … Enkelkind zu retten! Fanny war sein ENKELKIND !? Deshalb hatte er sich so liebevoll und aufopfernd um sie und Lisa gekümmert!
    »Um Gottes willen, du hast es die ganze Zeit gewusst?« Meine Gedanken überschlugen sich. Auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen! Ich nickte langsam. Auf einmal ergab alles einen Sinn!
    »Ja. Aber gewissermaßen als Arzt, und das fiel alles unter meine Schweigepflicht!« Er nahm meine Hände. »Bitte, versteh das doch! Ich durfte es dir nicht sagen!« Er fuhr sich mit allen zehn Fingern erschöpft durch die Haare. »Und du hattest Lisa dermaßen in dein großes Herz geschlossen, dass wir drei beschlossen haben, dir nichts von Nathans Ausrutscher zu sagen.«
    »Aber du hättest mir doch … In diesem Fall …« Ich schluchzte auf.
    »Nathan hat uns darum gebeten, absolutes Stillschweigen darüber zu

Weitere Kostenlose Bücher