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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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tief.
    »Und tun endlich das, was anständige Ehepaare miteinander tun, wenn sie nicht einschlafen können?« Sein Tonfall war so gespielt streng, dass ich lachen musste.
    »Aber hast du nicht gesagt, du kriegst heute keinen mehr hoch?«, kicherte ich hilflos.
    »Sieht so aus, als könnte ich wieder«, sagte Volker. »Bin ich ein Mann oder bin ich ein Mann?«
    Er warf mich über die Schulter wie einen zusammengerollten Teppich und stapfte mit mir die Treppe hinauf.

18
    M achen wir einen Spaziergang?« Lisa stand mit verschränk ten Armen in der Küchentür. Sie hatte einen rosafarbenen Skianorak an. Klein Fanny krabbelte mit ihren neuen Bauklötzen um ihre Füße herum.
    Kühl sah ich an ihr vorbei. »Es gibt einiges aufzuräumen.«
    In dem Moment wurde mir klar, wie zweideutig meine Antwort gewesen war.
    »Das mache ich!«, rief Volker, der gerade die Treppe hinunter kam, wie aufs Stichwort hin. Er sah gut aus. Frisch rasiert und … Na ja, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen: ausgeschlafen. Jedenfalls erleichtert. Er sah aus wie einer, der endlich alle seine Steuern bezahlt hat.
    »Ihr beiden Mädels sprecht euch jetzt ordentlich aus!«, bestimmte Volker, während er mich bereits zur Tür schob. »Und alle, die Vater zu mir sagen, helfen mir jetzt in der Küche.«
    Dabei zwinkerte er Lisa und mir zu: »Das heißt, ihr nehmt Fanny mit.«
    Mit Schwung drückte er mir sein spielendes … Enkelkind (ich musste mich erst an den Gedanken gewöhnen!) in die Hand. Als hätten sie sich abgesprochen, polterten Charlotte und Pauline aus ihrem Kellerappartement die Treppe rauf und halfen uns, Fanny anzuziehen, während Emil und Nathan durch den verschneiten Garten stapften. Nathan machte wie erwartet keinerlei Anstalten, mir reinen Wein einzuschenken. Ich hatte meinem Mann allerdings noch in der vergangenen Nacht versprechen müssen, die Sache auf sich beruhen zu lassen. »Nathan verlässt sich auf meine Verschwiegenheit«, hatte er gesagt. »Stell mich jetzt bitte nicht vor ihm bloß.«
    Kurz sah mich Volker panisch an, als ich Nathan einen guten Morgen wünschte, aber ich warf ihm einen beruhigenden Blick zu. Fast verkniff ich mir ein winziges Lachen.
    »Einen schönen Mädelspaziergang!«, rief Emil launig. »Lasst euch nicht von fremden Männern ansprechen!« Ob er wohl Bescheid wusste?
    Ich schaffte es, locker zu klingen. »Keine Sorge! Wir haben Wichtigeres zu tun!«
    »Ist ja wohl dicke Luft bei den Weibern«, hörte ich Nathan sagen. »Wieso schmollt die Barbara?«
    Das war ja wohl mal wieder typisch Nathan. Er selbst hatte das Schlamassel angerichtet und bezeichnete mich als schmollendes Weib. Er war so voller Bitterkeit. Bisher hatte ich geglaubt, es läge an der Trennung seiner Eltern, aber nun sah ich seine Verletztheit mit ganz anderen Augen. Er war von Lisa zurückgewiesen worden. Seine Liebe war unerhört geblieben. Lisa hätte fast sein Kind weggemacht! Was musste Nathan gelitten haben, als er sah, wie selbstverständlich wir Lisa und Fanny integrierten! Klar, dass er sich mehr und mehr zurückgezogen hatte. Nein, ich würde das Geheimnis zwischen ihm und seinem Vater nie brechen.
    Lisa und ich stapften los und nahmen meinen Lieblingsweg über die Kreuzbergpromenade. Der Himmel war knallblau, die Luft schmeckte kalt wie scharfes Pfefferminz, und die Burg erstrahlte weiß im Sonnenlicht. Wie viele Lügen hat diese Burg wohl schon überlebt, schoss es mir durch den Kopf. Wie viele Intrigen, Heimlichkeiten, Sorgen und Nöte. Und sie steht da immer noch. Fest gemauert in der Erden.
    Früher hätte ich Lisa solche Gedanken mitgeteilt, heute schwieg ich.
    Zuerst schob sie den Buggy, aber irgendwann übernahm automatisch ich das sperrige Gefährt. Ich kam mit den Gummirädern auf dem verharschten Untergrund besser zurecht.
    Wie symbolisch. Was einst unschuldig weißer Pulverschnee gewesen war, war nun verharscht. Eines Tages würde er in schmutzig braunen Bächen davonfließen, und dann würde die Frühlingssonne wieder darauf scheinen.
    »Das war ein toller Abend gestern«, begann Lisa, als hätten wir sonst nichts zu besprechen. Die Atemwölkchen standen ihr vor dem Mund. »Du hast dich ja echt selbst übertroffen.« Sie sah mich von der Seite an. »Danke noch mal … für alles.«
    Ich schluckte. Ich hatte keine Lust auf Small Talk.
    » Warum hast du es mir nicht gesagt?«, brach es aus mir heraus. Verzweifelt versuchte ich cool zu klingen, aber es gelang mir nicht.
    »Volker sagte schon, dass du

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