Der Umfang der Hoelle
schönster Ordnung in weiße Einbuchtungen gebettet.
Man stand also völlig allein in der hohen Halle einer monströsen Tomatenzucht. Offensichtlich war der Großteil der Besatzung noch damit beschäftigt, die Bohrinsel auf ihren Untergang vorzubereiten. Was auch immer in diesem Fall zu tun war.
»Wir werden nicht warten«, erklärte Bobeck, »und eines von den kleineren Booten nehmen.«
Tatsächlich befanden sich in einem separaten Bereich weitere Kapseln, in die zwei bis drei Leute paßten, jedoch nicht minder tomatig in ihrem Aussehen.
»Hier braucht es keinen Trakl«, sagte Bobeck und drückte einen Knopf, der gleich einem minimalen Geburtsfehler von der Außenhaut abstand. Etwas wie ein Stromstoß schien durch das Gerät zu gehen. Ein letzter Akt des Brütens. Dann fuhr eine Klappe nach oben und wies in einen grell erleuchteten Innenraum.
»Den Rollstuhl müssen Sie hier lassen«, sagte Bobeck, »dafür sind diese Dinger nicht gebaut.«
»Kann ich mir denken«, sagte Reisiger und ließ sich von Bobeck aus dem Stuhl heben. Er stand jetzt auf seinen Beinen wie auf Frittaten. Ja, das war nun mal das Gefühl, das er hatte, wenn er mit den beiden Gliedern in die Aufrechte geriet. Was sich rasch änderte, da der gealterte Bobeck ihn nicht zu halten verstand. Reisiger stürzte in das Innere der Kapsel und schlug seitlich auf dem Boden auf. Ein weicher Boden immerhin. Auch schien er sich nicht verletzt zu haben, ein Umstand, den er wie eine Krone über das Faktum seines Sturzes stellte.
»Verzeihen Sie«, sagte Bobeck.
»Ich bin drinnen«, stellte Reisiger demütig fest.
Bobeck folgte und half Reisiger auf die bodennahe Erhebung einer Kunststoffsitzbank. Dann legte er seine Hand auf einen in die innere Verschalung eingefügten Monitor, der in der Art aller nervösen, eifrigen Maschinen sogleich eine Flut von Daten präsentierte. Wie um zu zeigen, was für ein fescher Kerl er sei.
»Mein Güte«, meinte Reisiger. »Was ist das hier? Der nächste James-Bond-Film?«
»Ein James-Bond-Film im Bauhaus-Stil«, definierte Bobeck und hatte nicht unrecht, da bei aller futuristischen Gestaltung ein Lämpchenmeer fehlte, das Ensemble als Ganzes einen möbelhaften Eindruck hinterließ und neben dem einen Bildschirm nur noch ein zweiter in derselben beinahe übergangslosen Weise in die Wand eingelassen war. Mehr wie ein Gegenstand, der auf einer Oberfläche schwimmt. Dazu gehörte allerdings auch eine Computerstimme, die die Daten auf den beiden Bildschirmen praktisch vorlas, als hätte sie es mit Analphabeten zu tun.
»Das kann man sich ersparen, wir wissen ja, wie das Wetter draußen ist«, sagte Bobeck und schaltete den Ton aus, und zwar nicht etwa, indem er den Bildschirm oder eine Tastatur berührte. Auch artikulierte er keinen Befehl. Sondern hob seine rechte Hand und spreizte zwei Finger, während er einen dritten nach dem ersten Glied in einen rechten Winkel versetzte.
»Was tun Sie da?« fragte Reisiger.
»Kommunizieren.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Diese Computer sind störrische Hunde«, erklärte Bobeck. »Am ehesten folgen sie, wenn man sie mit einer simplen Zeichensprache konfrontiert. Klingt archaisch, wenngleich es keine geringe Intelligenzleistung darstellt, die Bedeutung dreier Finger zu erkennen.«
Erneut hielt Siem Bobeck seine Rechte in die Höhe, kreuzte Mittel- und Zeigefinger und legte sodann den kleinen Finger der linken Hand quer in die wippenartigen Furche der Überkreuzung. Die solcherart entstandene Fingerformation hielt er dem Bildschirm entgegen. Sogleich fuhr die Klappe, die den Eingang bildete, herunter, während gleichzeitig an den Polen der Kapsel – als handle es sich um die Ouvertüre zu einem Stummfilm – sich mittels einer linsenartigen Öffnung jeweils die Ausbuchtung eines Fensters ergab. Keine wirklich großen Fenster, durch die man viel hätte erkennen können.
»Sieeem!« vernahm man nun eine Stimme, die aber von außerhalb kam und über die Box einer Gegensprechanlage in das Innere der Kapsel drang. »Sieeem! Wo steckst du? Glaub nicht, daß du mich los wirst. Ich weiß doch, daß du da bist.«
»Gott, diese Nervensäge«, stöhnte Bobeck, »ich hätte sie beinahe vergessen. Natürlich wär’s besser, nicht zu reagieren. Aber das kann man nicht machen.«
»Warum?« fragte Reisiger flüsternd. »Rettungsboote gibt es ja zur Genüge. Ich denke, für drei Leute ist es hier ein bißchen eng. Ihre Schwester ist nicht die dünnste.«
»Familie ist Familie. Man kann
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