Der Umfang der Hoelle
auf Eva Rösner ausgestellt ist. Und daß diese Eva Rösner für ein Detektivbüro arbeitet. Nun, es gibt Berufe, die mir noch schlimmer erscheinen als Versicherungsmakler und Künstleragenten.«
»Sie werden damit leben müssen, mich nicht zum Frühstück verspeisen zu können.«
»Das ist richtig. Ich halte mich an die Regeln. Anders als Sie. Ihr kleiner, häßlicher Beruf sowie der Umstand, eine dumme Waffe in der Handtasche herumzuführen, legitimiert Sie noch lange nicht, sich in mein Haus zu schwindeln.«
»Da hat meine Frau ja wohl recht«, ließ sich nun endlich Siem Bobeck vernehmen, wobei er einen ungemein milden, väterlichen Tonfall zum Einsatz brachte. »Es wäre jedenfalls ein Akt der Wiedergutmachung, wenn Sie uns sagen würden, Frau Rösner, für wen Sie arbeiten und was Sie eigentlich wollen.«
»Meinen Sie das im Ernst?«
»Aber selbstverständlich. Sagen Sie mir, was Sie wissen möchten, und ich werde mich bemühen, eine zufriedenstellende Auskunft zu geben. Dazu bedarf es keiner Revolverkünste. Was glauben Sie denn – oder was glauben Ihre Auftraggeber –, was ich oder meine Frau zu verheimlichen haben?«
»Eine ganze Menge«, behauptete Rösner. »Aber ich bin in keiner Weise befugt, irgendwelche Namen oder Hintergründe auszuplaudern. Das wäre abwegig. Diesen ganzen Aufwand zu treiben, um mich dann auf einen Vergleich einzulassen.«
Bobeck zuckte mit den Achseln und meinte: »Sie schätzen die Verhältnisse nicht richtig ein.«
Leo Reisiger hatte sich ebenfalls erhoben, trat nahe an Eva Rösner heran und sagte: »Wie konnten Sie mir das antun? Perfider geht es ja gar nicht mehr. Ich stehe jetzt wie der größte Trottel da.«
»Damit müssen Sie leben«, erklärte Rösner herzlos. »Ohnehin würde ich Ihnen raten, Ihr Wochenende woanders zu verbringen. An einem Ort, der sicherer ist.«
»Das können Sie ruhig mir überlassen.«
»Ich denke, es reicht«, setzte Claire Rubin einen Punkt. »Frau Rösner scheint nicht gewillt zu sein, das bißchen Größe aufzubringen, sich für ihre Unverfrorenheit zu entschuldigen. Sie benimmt sich, wie sie aussieht. Ein Kind, das nicht erwachsen wird. Was ist, Frau Rösner? Soll ich Sie rauswerfen lassen?«
»Kein Bedarf«, sagte Rösner, hielt sich mit einer Hand an der Schlaufe ihrer Tasche und trat mit einem Schritt, dessen Festigkeit großen Aufwand verriet, aus dem Salon hinaus.
Einen kurzen Moment herrschte eine Stille, die dem Kaminfeuer die Möglichkeit gab, sich wie ein freundlich klingendes Barockkonzert im Raum auszubreiten. Zwischen die Töne schob sich sodann die nicht minder freundlich klingende Stimme Claire Rubins: »Ach bitte, Herr Reisiger, setzen Sie sich doch wieder.«
»Ich weiß nicht«, zögerte Reisiger, »das ist wohl kaum die Situation, in der ich Ihre Gastfreundschaft weiter beanspruchen sollte.«
»Reden Sie keinen Unsinn«, sagte Rubin. »Sie haben nichts getan, was unverzeihlich wäre.«
»Ich hätte diese Frau niemals mitnehmen dürfen.«
»Ach was. Hören Sie auf, zu bereuen. Das verdirbt uns noch den ganzen Nachmittag. Diese Freude sollten wir dem kleinen Luder nicht machen. Wahrscheinlich arbeitet sie für die Dreckskerle von der Presse.«
»Das kommt schon mal vor«, erklärte Siem Bobeck, »daß irgendwelche Schreiberlinge versuchen, sich in unser Haus zu schmuggeln. Die stellen sich weiß Gott was vor, welche Dinge wir hier treiben. Auch ist diese Rösner ja nicht der erste Detektiv, den man versucht hat, uns unterzujubeln. Nur, daß diese Leute in der Regel auch so aussehen, wie man sich das vorstellt. Kleine, dicke Männer in speckigen Anzügen. Na, mal was Neues.«
»Die kleinen, dicken Männer«, gab Rubin zu bedenken, »verhalten sich dafür eine Spur professioneller als diese dumme Pute. Gut, lassen wir das Thema. Ich wäre froh, Herr Reisiger, wenn Sie jetzt wieder Platz nehmen würden. Ich finde es unbehaglich, wenn jemand steht, während ich sitze.«
»Entschuldigung!« sagte Reisiger, entspannte sich und ließ sich in seinem Fauteuil nieder.
Die Entspannung war nun eine allgemeine. Eine Heiterkeit und Leichtigkeit kam auf, als habe sich mit Rösners Abgang gewissermaßen der Klotz am Bein eines jeden hier in Luft aufgelöst. Bobeck trat an eine Anrichte und fertigte Drinks an. Man unterhielt sich ganz allgemein über die Schönheit der hiesigen Landschaft und kam dann auf jenen Habsburger zu sprechen, der dieses Gebäude hatte errichten lassen. Dessen Bekanntschaft mit Mozart und Mesmer
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