Der Umweg
die, daß du hierhin wolltest?«
»Sie haben gefragt. Woher ich käme und wo ich hinwollte.«
»Und du hast es ihnen gesagt?«
»Klar. Wieso nicht? Die Frau hat Sam sogar noch was zugesteckt. ›Ein Hund für die Holländerin‹, hat sie gesagt. ›Das ist schön.‹«
Der Hund begann zu bellen, wahrscheinlich meinte er die Gänse.
»Sam ist den ganzen Weg vor mir hergelaufen. Als ob er genau wußte, wo wir hingehen.«
»Kannst du zeichnen?«
»Ja. Kommt drauf an, was.«
»Einen Garten?«
»Ach, einen Entwurf? Ja, warum nicht? Wenn ich genug Papier habe.«
»Kannst du einen Fernseher anschließen?«
»Glaub schon.« Er schaute zum Dach des Hauses hinauf. »Eine Antenne. Dann müßte irgendwo ein Kabel aus der Wand kommen, oder durch einen Fensterrahmen.«
»Graben und Schubkarre fahren?«
»Natürlich.«
»Ein Lamm zubereiten?«
»Das auf jeden Fall. Mit Knoblauch und Anchovis.«
»Du kannst ruhig noch einen Tag bleiben.«
Er nickte und löste sich endlich von der Stallwand.
»Anchovis?«
»Dann braucht man kein Salz.«
»Du hast sicher seit heute morgen keinen Kaffee mehr getrunken.«
»Nein. Wenn es hier irgendwann mal einen Fernwanderweg gibt, muß im Wanderführer stehen, daß die Wintermonate weniger zu empfehlen sind. Oder gar nicht.« Er zeigte auf den Schweinestall. »Da könntest du ein Bed and Breakfast draus machen.«
»Komm«, sagte sie.
»Sam!« rief er.
Die hellbraunen Kühe waren wieder zur Gartenmauer gekommen, sie hatte sie noch gar nicht bemerkt. Als der Hund um die Hausecke gerannt kam, stoben sie davon. Die Sonne würde gleich untergehen, für heute reichte es.
33
Der Mann versetzte seinen Fuß. Der Klumpen Gips war schwer und hinderlich, ein Stuhl kam ins Wanken. Seine Krücken lehnten an der Wand. Die Kneipe war halb voll, an vielen Tischen saßen Paare, fast Kopf an Kopf, die Männer hatten ein Glas Bier vor sich, die meisten Frauen eine Cola. In einer Ecke stand schon ein Plastikweihnachtsbaum, über der Theke hingen Tannenzweige mit Lichtern.
»Wie ist das passiert?« fragte der Polizist.
»Ein Karton mit Büchern.«
Sie tranken von ihrem Bier.
»Ich habe etwas erfahren, das mich jetzt doch wünschen läßt, man könnte sie irgendwie ausfindig machen.«
»Was?«
»Ach.« Der Mann setzte das Glas wieder an die Lippen.
»Die Polizei kann dir da nicht helfen«, sagte der Polizist. »Sie ist von sich aus weggegangen. Nichts deutet darauf hin, daß sie irgendwo gegen ihren Willen festgehalten wird.«
»Was soll ich denn machen?«
»Einen Privatdetektiv einschalten.«
»Einen Privatdetektiv? So was gibt es wirklich?«
»Weißt du, wie oft die Dienste von Privatermittlern in Anspruch genommen werden?«
»Offenbar nicht.«
»Wirf mal einen Blick ins Internet.«
»Du kannst mir keinen Tip geben?«
»Nein, ich kann dir keinen Tip geben. Und wenn ich es könnte, dürfte ich es nicht.«
»Ist so was teuer?«
»Ziemlich. Aber in vielen Fällen gibt es dann auch schnell Ergebnisse.«
Der Mann zeigte auf das leere Glas des Polizisten.
»Ich hole was. Du kannst ja kaum laufen.« Der Polizist ging zur Theke und bestellte zwei Bier. Er sagte etwas zu dem Barkeeper, beide lachten. Dann schlängelte er sich zum Tisch zurück.
»Bist du eigentlich verheiratet?« fragte der Mann.
»Nein. Ich bin mit einem Kollegen zusammen.«
»Gehst du manchmal … Hast du manchmal einen anderen?«
»Natürlich. Das ist in unseren Kreisen völlig normal.« Der Polizist schaute ihm in die Augen. »Weshalb willst du das wissen?«
»Nur so. Männer unter sich.«
»Schade. Du hast also nebenher andere gehabt?«
»Einmal, ja. Eine. Aber meine Frau hat es genauso gemacht.«
»Wo ist dann das Problem? Ihr macht immer so eine große Sache daraus.«
»Kann sein, ja. Weil Frauen anders sind als Männer.«
»Ach was. In welcher Hinsicht denn?«
»Wenn Frauen fremdgehen, muß es wirklich ein Problem geben.«
»Bei deiner Frau gibt es also ein Problem.«
»Ja.«
»Hast du Lust auf Bitterballen?«
»Ja.«
»Dann bestelle ich mal welche.«
»Warum sitzen wir hier zusammen?«
»Wie meinst du das?«
»Warum triffst du dich mit mir?«
»Aart! Eine Portion Bitterballen!« rief der Polizist.
Der Barkeeper nickte. Immer mehr Leute betraten die Kneipe, sie brachten Feuchtigkeit mit. Die Fenster beschlugen.
Der Mann leerte sein Glas.
»Warum triffst du dich mit mir , könnte ich fragen«, bemerkte der Polizist.
»Du warst mir gleich sympathisch.«
»Bin ich auch. Hast du eigentlich
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