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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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morgens weckte Dobrynin ein hartnäckiges Klingeln an der Tür.
    In nichts als seinen schwarzen kurzen Unterhosen lief Pawel durch das Wohnzimmer, wobei er bemerkte, dass Woltschanow tief und fest schlief und sich mit der Decke bis über den Kopf zugedeckt hatte. Er öffnete.
    Zwei Männer standen vor seiner Tür: der Rotarmist, der ehemals Milizionär gewesen war, und Waplachow, der ge­-quält und verquollen aussah und dessen Haar gänzlich er­graut war.
    „So“, sagte der Rotarmist, ohne zu grüßen. „Es hat ge­klappt! Gib mir die Lebensmittel und dann nimm ihn! Gut, dass er noch lebt!“
    Dobrynin, der nur mit Mühe begriff, ging langsam zur Küche und öffnete auf dem Weg dorthin die Tür zur Vorratskammer, in der alle möglichen Lebensmittelvorräte lagerten. Glücklicherweise standen Büchsen mit Schmorfleisch und ähnliche Konserven auf breiten Holzregalen in der Vorratskammer aufgereiht. Am selben Ort hingen auch Taschen und Beutel für den häuslichen Gebrauch. Pawel wählte eine etwas kleinere Tasche und begann Schmorfleisch, Kompott und Fettkonserven hinein zu legen. Als seine Hand das Gewicht spürte, entschied Dobrynin, dass es genug war, und er trug den Beutel zu dem Rotarmisten. Der schätzte gleichfalls das Gewicht der Lebensmittel ab. Für alle Fälle zog er eine Blechbüchse heraus, es war geschmortes Schweinefleisch, er leckte sich die Lippen, sagte: „Also dann, Wiedersehn“ und polterte die Treppe hinunter.
    „Komm herein!“, sagte Dobrynin und blickte seinen Ge­hilfen an.
    Sie gingen in die Küche.
    „Ich bin sehr hungrig!“, gestand Dmitrij erschöpft.
    Dobrynin zündete das Gas an und setzte den Teekessel auf. Er öffnete eine Büchse mit Fleisch, holte einen Löffel, steckte ihn in das Fleisch und schob Waplachow die Büchse hin.
    Gierig begann der Urku-Jemze zu essen und verschluckte sich sofort.
    „Wo bist du gewesen?“, fragte Dobrynin.
    Waplachow gab keine Antwort. Er wiegte nur vielsagend den Kopf.
    Im Laufe von zehn Minuten aß er die Konserve leer. Das Teewasser kochte.
    „Du musst mich verstecken …“, sagte Dmitrij. „Wenn sie mich sehen, erschlagen sie mich.“
    „Wer?“
    Auch dieses Mal schwieg der Urku-Jemze vielsagend.
    „Ich darf nicht reden“, versuchte er zu erklären, während er den zu heißen Tee hinunterschluckte. „Sie haben mir zuerst gesagt, dass ich schweigen muss, wenn ich am Leben bleibe. Und wenn ich bis achtzig lebe, dann erlauben sie mir, in Moskau zu wohnen. Eine Wohnung geben sie mir dann, und eine Rente …“
    Mit wild aufgerissenen Augen sah Dobrynin seinen Gehilfen an und wollte schon glauben, dass dieser einfach verrückt geworden sei.
    „Kannst du mir das vernünftig erklären?!“, verlangte der Volkskontrolleur, und es war schon keine Frage mehr.
    Unten hupte plötzlich ein Auto. Dobrynin schrak auf.
    „Sie kommen, um Woltschanow zu holen!“, sagte er.
    „Versteck mich!“, bat der verängstigte Urku-Jemze.
    „Geh in die Vorratskammer!“, befahl Dobrynin. „Und sitz dort still, damit niemand dich hört!“, ergänzte er, während er bereits hinter dem Urku-Jemzen die Tür verriegelte.
    Ein erstaunlich munterer Timofej kam in die Küche.
    „Der Wagen ist ja früh dran“, bemerkte er, als er auf die Küchenuhr mit dem Kuckuck blickte. „Oh! Du hast den Tee schon fertig?“
    Und Timofej setzte sich auf den Platz, an dem noch eben der Urku-Jemze gesessen hatte. Er schenkte sich Tee in Dmitrijs Tasse ein und nippte daran.
    Dobrynin schenkte sich gleichfalls eine zweite Tasse ein.
    „Weshalb stehst du so früh auf?“, fragte Timofej. „Magst du etwa den Morgen?“
    „Ja, das tue ich“, stimmte Pawel zu.
    „Und, wie weiter? Kommst du mit mir in den Kreml?“, schlug der Unterleutnant vor.
    „Ich weiß noch nicht …“
    „Komm, fahren wir, dir schicken sie doch keinen Wagen, und heutzutage ist es auf den Straßen gefährlich!“
    Dobrynin gab der Hartnäckigkeit seines Freundes nach.
    Marija Ignatjewna schlief, doch Pawel beschloss, sie nicht zu wecken. Sie zogen sich schnell an und fuhren davon.
    Im Kreml führte Woltschanow Dobrynin zu Twerins Arbeitszimmer.
    „Ach, ach“, sagte er, als er sich schon ein paar Schritte entfernt hatte. „Ich habe vergessen, bei dir das Fell-Buch mitzunehmen! Wenn wir uns nicht sehen, bittest du deine Frau, es mir zu geben. Ja?“
    Dobrynin nickte.
    Diesmal stand kein Soldat mit Kalaschnikow an der Tür zu Twerins Büro.
    Dobrynin klopfte und öffnete.
    Am Tisch schrieb der Herr des

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