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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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Büros konzentriert etwas. Er lächelte, als er den Kontrolleur erblickte.
    „Komm rein! Komm rein, Pascha!“
    Dobrynin ging zu ihm und setzte sich.
    „Na, wie sieht es aus bei dir, ist die Sache mit dem Ge­hilfen in Ordnung?“
    „Ja.“
    „Ein erstaunliches Volk haben wir in unserem Land!“, bemerkte Twerin. In welchem Zusammenhang er da sprach war nicht ganz klar. „Ja, ich habe doch tatsächlich vergessen, dir den Orden zu geben …“
    Der Herr des Büros griff in die obere Tischschublade und zog dort ein rotes Büchlein und eine Schachtel mit einem Orden hervor. Er stand auf, streckte die Hand aus und sagte:
    „Ich gratuliere!“
    Nach dem Händedruck setzten sie sich wieder hin.
    „Deinem Gehilfen kann ich jetzt keinen Orden geben …“, sagte Twerin bedauernd und wiegte den Kopf. „Wir verleihen ihm den später, der geht nicht verloren! Ja, und da ist noch etwas von mir für dich, ich hab es extra aufgehoben!“
    Hier reichte Twerin dem Volkskontrolleur das dritte Büchlein „Lenin für Kinder“. Dieses Büchlein war um vieles dicker als die beiden vorigen, und das freute Dobrynin.
    „Weißt du, ihr solltet langsam aus Moskau abreisen.“ Twerin sprach jetzt in ernsterem Ton. „Es gibt viel Arbeit für dich und für deinen Gehilfen im Land. Geheime Rüstungs­betriebe muss man streng durchkontrollieren. Was meinst du? Und nach dem Krieg kannst du dich ja dann ausruhen! Hm?“
    „Was soll ich da sagen?“, antwortete Dobrynin nicht sehr sicher. „Ich bin bereit.“
    „Na dann ist es gut.“ Twerin seufzte. „Übrigens hat Marija Ignatjewna angerufen und darum gebeten, dass wir dir helfen, Kleider zu kaufen. Es ist alles schon fertig.“
    Dobrynin wollte bereits aufspringen, als er dies hörte.
    „Setz dich, setz dich!“, winkte Twerin ab. „Es gibt keinen Grund, verlegen zu sein, der Volkskontrolleur eines solchen Landes darf nicht in Lumpen gehen! Hier, nimm diese Liste, und du wirst zur Kleiderkammer gebracht, wo du alles erhältst.“
    „Und danach?“, fragte Dobrynin verwirrt.
    „Danach wirst du nach Hause gebracht und heute Nacht fährst du los zum Flugplatz.“
    „Mit Waplachow?“, unterbrach ihn der aufgeregte Kontrolleur.
    „Ja, ja, mit deinem Gehilfen, nur sag ihm, dass er jetzt ein Russe ist, nicht irgend so ein … Jemze oder Nemze. Alles Übrige steht in deinem Brief, den bekommst du bei der Landung. Klar?“
    „Ja“, antwortete Dobrynin knapp und ergeben.
    „Na, Pascha, komm, lass dich küssen!“ Twerin war wieder aufgestanden. „Vielleicht sehen wir uns zum letzten Mal … Ich bin ja doch sehr krank und alt.“
    Sie umarmten sich fest und standen so fünf Minuten. Als erster lockerte Dobrynin erschöpft die Umarmung.
    Dieses Mal stand ein Rotarmist im Flur. Er schien bereits zu wissen, wohin er den Genossen Dobrynin führen musste. Sie gingen durch den halben Kreml hindurch, bis sie sich in einem niedrigen Lagerraum wiederfanden, in dem ein Bürschchen von Soldat, einer Liste folgend, Dobrynin zwei Paar Uniformhosen und ein Paar schwarzer langer Hosen aushändigte, zwei Uniformhemden, ein weißes Hemd, eine grüne Krawatte, ein feines schwarzes Sakko mit fünf Knöpfen, neue, glänzende Schuhe aus Schweinsleder, hohe Fellstiefel mit zwei Garnituren schwarzer Schnürsenkel, einen schweren dunklen Mantel, einen bis zu den Füßen reichenden langen, unglaublich weiten Ledermantel, Schal, Fäustlinge und Fingerhandschuhe, eine braune Aktentasche mit Verschluss und Schlüsseln, drei Paar graue Fußlappen und zwei Paar dicke grüne Socken, zwei schwarze Fellmützen und einen dunkelblauen Hut. Das alles half der Soldat ihm in zwei große, aus festem Segeltuch gefertigte Militärsäcke zu packen. Daraufhin schafften der Rotarmist und Dobrynin diese Säcke zum Erlösertor des Kreml, wo bereits ein Militär-Dienstauto wartend bereit stand.
    „Dort hilft Ihnen dann der Fahrer!“, sagte der Rotarmist im Weggehen.
    Der Fahrer nickte dazu.
    Er half auch wirklich, alles in den zweiten Stock hinauf zu schaffen, ließ die Säcke im Flur stehen und ging.
    Es war noch früh. Marija Ignatjewna war irgendwohin fortgegangen, auch der kleine Grigorij war nicht zu Hause.
    Dobrynin fühlte sich erschöpft, weil er nicht ausgeschlafen hatte, und beschloss, sich für ein oder zwei Stündchen hinzulegen.
    Mühelos schlief er im Wohnzimmer auf dem Sofa ein, auf dem Woltschanow genächtigt hatte.
    Die Laken waren bereits fortgeräumt worden, aber die warme wattierte Decke hatte noch

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