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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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gelegt hatten, nahm einer von unseren Leuten, Kosjajew Wanja, mir, als ich schlief, den Säbel weg und hat mir mit meinem eigenen Säbel die Hand abgeschlagen! Der Schuft! Nimmt den Säbel und die Hand und rennt direkt zu den Weißen, um sein Gold und sein Pferd zu kriegen. Die haben ihm natürlich sonstwas gegeben, bloß kein Gold. Sie gaben ihm zu essen und zu trinken, gaben ihm ein Paket, sagten, es sei geheim, und schickten ihn los, er sollte nach Katerinowka zu ihrem Stab reiten, dort würden sie ihm für dieses Paket die versprochene Belohnung schon geben. Er ritt nach Katerinowka, dort jedoch waren unsere Leute. Sie haben ihn und sein Paket geschnappt, und in dem Paket stand etwas in der Art wie: der Überbringer dieses Pakets hat dem Hauptfeind der weißen Armee, Sofrontow, die rechte Hand abgeschlagen. Na, unsere haben ihn natürlich an die Wand gestellt und erschossen. Da siehst du, wie hinterlistig sie uns drangekriegt haben. Mich und auch diesen Kosjajew … Aber jetzt gibt es keine solchen Feinde mehr, jetzt ist alles in jeder Hinsicht klein.“
    Nach dem Essen gingen sie die Personalakten zu Ende durch und beschlossen, vor Ort, im Werk, zu schauen, wer von den Arbeiterinnen sich als Schädling betätigen könnte.
    Für alle Fälle verabredeten sie, das Ziel ihres Werk­besuchs geheim zu halten. Wenn jemand fragen sollte, dann wollten sie antworten, dass sie durch alle Abteilungen gingen, um die beste Abteilung für die Auszeichnung mit der Roten Wanderfahne auszuwählen. Das kündigten sie dem Direktor der Fabrik an.
    Über der Abteilung hing leichter Nebel. Es roch nach Gummi und Talk. Große und kleine Maschinen summten, dröhnten und schlugen mit Eisen an Eisen. Es zitterte der Holzboden unter ihren Füßen.
    Eine etwa vierzigjährige Frau in einem blauen Arbeitsanzug kam zu ihnen.
    „Ich bin die Aufsichtführende der Abteilung Nummer acht“, sagte sie, nachdem sie eine Atemmaske vom Mund gezogen hatte.
    „Zeigen Sie bitte dem Genossen Kontrolleur den Produktionsprozess“, bat Sofrontow sie höflich. „Es ist an der Zeit, dass er einmal sieht und erfährt, wie die Waren hergestellt werden, die er überprüft.“
    „Bittesehr.“ Die Frau lud Dobrynin mit einer Geste ein, ihr zu folgen.
    Die Atemmaske hatte sie am Hals herunter sinken lassen, sie hing dort an ihrem Gummiband wie ein Schmuck.
    Während sie Dobrynin zu einer gewaltigen Maschine führte, begann sie zu erklären:
    „Das hier ist die Abwickelmaschine. Wir erhalten zweilagiges Gummi auf Rollen, jede wiegt über eine Tonne. Wenn wir so eine Rolle erhalten haben, dann setzen wir sie auf die Stahlstange, heben sie auf diese Maschine und stecken die Stange in die Vertiefungen in den Zahnrädern …“
    „Wie heben Sie die hoch?“, unterbrach sie der erstaunte Dobrynin. „Machen Sie hier das etwa selbst?“
    „Manchmal machen wir es selbst, manchmal bitten wir um Hilfe aus einer anderen Abteilung.“ Die Frau zuckte die Achseln. „Wir sind doch hier mehr als zwanzig … Wenn also die Stange in den Vertiefungen sitzt, kann man den elektrischen Motor einschalten, und er rollt langsam das Gummi ab, hier, sehen Sie.“
    Sie traten näher. Dobrynin beugte sich sogar nach vorn und sah erst dann die sich tatsächlich langsam drehende, gewaltige graue Rolle.
    „Das Gummi wird beim Abwickeln hierher zu dem Schneidetisch gezogen. Das ist natürlich nicht der technische Ausdruck, das sagen wir so. Und wenn der Rand des Gummis am Tischrand angelangt ist – Dascha, Dascha, komm mal her! –, dann schneidet Dascha mit dem Schneidmesser ein Stück ab, und dann heißt dieses Stück Rohling.“
    Wegen des Talknebels konnte Dobrynin Dascha nicht richtig sehen, umsomehr, als sie außer einer Atemmaske auch noch eine Brille trug.
    Er wurde auf das mechanische Schneidmesser aufmerksam, dessen Klinge an einem Ende fest an der Ecke dieses Tisches befestigt war.
    „So“, fuhr die Aufsichtführende der Abteilung fort. „Der Rohling kommt unter die Schneidpresse … Ich will es Ihnen zeigen! Dascha, gib mir den Rohling!“
    Dascha tauchte wie ein Geist aus dem Nebel auf und übergab der Aufsichtführenden ein recht großes rechteckiges Stück Gummi. Die Aufsichtführende legte das Gummi mit den Rändern an die Kanten auf eine Oberfläche von derselben Größe.
    „Sehen Sie, wie fest es sich angelegt hat?“, fragte die Frau sehr stolz.
    Dobrynin nickte.
    „Und jetzt muss man auf diesen Knopf hier drücken.“ Ihre Hand verschwand in dem weißen Nebel,

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