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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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und Dobrynin konnte ihr nicht folgen und erst recht diesen Knopf nicht entdecken.
    Es gab irgendein Getöse, und auf die Oberfläche fiel von oben etwas riesiges Schweres herunter. Dobrynin schrak zurück. Die Aufsichtführende kicherte.
    „Das ist die Schneidpresse“, sagte sie mit einem Lächeln. „Gleich geht sie wieder hoch, und ich erzähle Ihnen weiter.“
    Die Schneidpresse begann sich tatsächlich langsam zu erheben und verschwand irgendwo weiter oben.
    „Jetzt haben wir anstatt eines Stücks Gummi acht doppelte Formen, und da gibt es dann schon mehr Arbeit. Mädchen, he, auf geht’s!“
    Dobrynin sah, wie nun Unruhe entstand. Einige Frauen mit Atemmasken eilten zur Schneidpresse, jede nahm sich eine fertige Form, und sie verschwanden wieder außer Sicht in dem Talknebel, doch drangen aus diesem Nebel verschiedene Arbeitsgeräusche und Gesprächsfetzen herüber.
    In Dobrynins Mund war der Gummigeschmack nun so scharf geworden, dass er nicht mehr an sich halten konnte und vor sich auf den Holzboden ausspuckte.
    Die Frau sah ihn verständnisvoll an.
    „Ich schalte jetzt für eine Minute den Ventilator ein“, sagte sie und ging davon.
    In der Abteilung begann alles zu beben, zu dröhnen, und Dobrynin blickte sich erschrocken um und hoffte, Sofrontow zu sehen, doch der Personalleiter war nicht sichtbar, wie im übrigen die ganze Abteilung wegen dieses Nebels nicht sichtbar war. Da spürte der Volkskontrolleur eine starke Luftbewegung in seiner Nähe, als würde Wind in den Raum herein dringen. Der Nebel begann aufzureißen, zu zerbröckeln und verschwand schließlich.
    Dobrynin sah, wie die Aufsichtführende von einem Hebelschalter fort trat, der an der Wand neben der Eingangstür hing. Jetzt gab es vollständig freie Sicht.
    Der Kontrolleur sah sich nach der Aufwickelmaschine um, dann legte er den Kopf in den Nacken, musterte die Schneidpresse und begann die Arbeiterinnen zu betrachten.
    Die Arbeiterinnen standen unterdessen wie in einer Warteschlange an, jede hielt eine doppelte Form in den Händen. Sie hatten sich vor einem kleinen Werktisch aufgestellt.
    „Kommen Sie, Genosse Kontrolleur.“ Die Frau führte Dobrynin zu dieser Arbeitsschlange. „Das ist die Farbpresse. Hierher wird die ausgeschnittene Form gelegt. Glascha, du hast sie hingelegt, ja?“
    „Ja“, antwortete Glascha mit dünnem Stimmchen, nachdem sie sich die Atemmaske ein wenig vom Mund fortgezogen hatte.
    „Und jetzt drücken wir hier auf diesen roten Knopf.“ Sie tat, wie gesagt, und von oben sauste eine kleine Presse herunter und bewegte sich gleich darauf langsam wieder nach oben zurück.
    Ganz sorgfältig, mit Stäbchen, nahm die Aufsichtführende die doppelte Form auf, und in diesem Augenblick sah Dobrynin, dass er nicht mehr einfach ein Stück Gummi von unverständlicher Form vor sich hatte. Er erblickte einen Rotarmisten in grünem Soldatenmantel und Budjonnyj-Mütze, mit rosigem Gesicht und blauen Augen, der ein braunes Gewehr in der Hand drückte.
    „Und hier kommt nun die letzte Phase.“ Die Aufsichtführende begab sich mit dem flachen Gummirotarmisten in den Händen zu einem langen, schmalen Tisch am Ende des Raumes.
    Dobrynin eilte ihr hinterher.
    Auf diesem Tisch lagen mit Talk bestreute Sperrholz­platten. Neben jeder Platte lagen sorgfältig aufgereiht Birnspritzen, Scheren und Messer mit kurzen, scharfen Klingen und runden Holzgriffen.
    Die Aufsichtführende legte den Gummi-Rotarmisten auf eine Platte, nahm eine Birnspritze zur Hand und ging zu einem Eimer, der auf einem Petroleumkocher stand.
    „Hier haben wir Gummikleber“, erklärte sie Dobrynin, während sie sich zu ihm umdrehte.
    Sie kam an den Tisch zurück, wobei sie die Spritze fortwährend von einer Hand in die andere warf, anscheinend war die Spritze sehr heiß. Sie zog sich dicke Handschuhe an und begann, nachdem sie, nun schon ruhig, wieder zur Spritze gegriffen hatte, mit ihr eine Klebelinie an den Rändern der Figur entlang zu ziehen. Als sie damit fertig war, drehte sie sich zu Dobrynin um.
    „So, jetzt trocknet der Kleber fünf Minuten an, und danach führen wir ein zusätzliches Einblasen von Talk durch.“
    Dobrynin schweifte ein wenig vom Produktionsprozess ab, obwohl alles, was er sah, ihn ungeheuer interessierte und ihm Stolz und ein gewaltiges Vertrauen in die Zukunft einflößte. Er dachte jetzt über die durchstochenen Augen nach und erkannte, dass das Durchstechen nur möglich war, nachdem die Figur aus der Stanzpresse kam, das hieß,

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