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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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jüngsten Armeekommandeur der Roten Armee ernannt werden.

    Über dem Zuhören hatte Waplachow ganz den Tee vergessen.
    „Interessant“, sagte er danach. „Lenin, das ist doch Ekwa-Pyris? Richtig?“
    Dobrynin nickte. „Bei euch Ekwa-Pyris, bei uns Lenin. Und den Sinn hast du verstanden?“
    Der Urku-Jemze dachte nach.
    „Ich glaube, ja“, sagte er. „Der Sinn ist, dass man nicht misstrauisch sein soll?“
    Dobrynin lächelte.
    Er wollte Waplachow gerade etwas sagen, als es uner­wartet an der Tür klopfte.
    Es war Major Sokolow.
    „Entschuldigt, dass ich so spät komme“, sagte er, während er ins Zimmer trat. „Da ist eine Funkmeldung aus dem Kreml eingetroffen …“
    In Dobrynins Brust krampfte etwas sich froh zusammen, er hielt sogar den Atem an, um besser zu hören, was der Major weiter sagen würde.
    „Also, es gibt den Befehl, euch nach Krasnoretschensk abzukommandieren. Morgen früh schickt man einen Wagen, daher bin ich auch gekommen, um es euch zu sagen; damit ihr Zeit habt, eure Sachen zu packen“, sagte der Major. Nachdem er einen Schritt auf die Tür zu gemacht hatte, drehte er sich noch einmal um und fügte hinzu: „Aber wir sehen uns ja morgen noch, um uns zu verabschieden. Bis morgen dann!“
    Major Sokolow verschwand, die Kontrolleure aber wahrten die Stille, als würde darin die erfreuliche Botschaft noch nachklingen.
    Schließlich unterbrach der Urku-Jemze diese Stille.
    „Was ist denn nun der Sinn in der Erzählung?“, fragte er.
    „Der Sinn?“, wiederholte Dobrynin und kehrte zu ihren vorigen Gedanken zurück. „Der Sinn besteht darin, dass jeder ungebildete Bauer sich unerwartet in der Regierung, na fast jedenfalls, wiederfinden kann … oder bei der Armee. Verstanden?“
    „Verstanden“, sagte Waplachow.

Kapitel 36
    Ein leichter, flockiger Schnee hatte die Wiesen unter dem Kreml überzogen, doch kalt war es nicht. Die Sonne schien, und rotbrüstige Gimpel flatterten von Tanne zu Tanne.
    Exakt um halb neun stand, mit blankgeputzten Stiefeln im Schnee knirschend, der Soldat mit dem dreistöckigen Henkelmann neben dem Feuer. Er begrüßte den Alten und Banow, setzte sich ein wenig ans Feuer und erzählte, während Banow und der Kremlträumer frühstückten, allerhand Neuigkeiten und stellte dem Alten verschiedene Fragen.
    Der Soldat hieß Wanja, hatte sich demnach als Banows Namensvetter erwiesen und sich sehr darüber gefreut. Und als er erfuhr, dass Banow während des Bürgerkriegs Maschinengewehrschütze gewesen war, begann er ihn nicht weniger hoch zu achten als den Alten.
    So verstrich die Zeit ohne Eile, gemächlich, mit Essen, dem Lesen und Schreiben von Briefen, Gesprächen.
    Doch seine Klara vergaß Banow nicht. Die Schule hatte er bereits vergessen, aber Klara konnte und wollte er auch gar nicht vergessen. Jeden Abend dachte er an sie, wenn er sich in seiner Laubhütte auf seine Streu aus Heu legte und mit dem heimlich herbeigeschafften Soldatenmantel zudeckte, einem Geschenk des Soldaten Wanja.
    Und da kam Banow eines Tages beim Lesen der Briefe ein interessanter Gedanke.
    ‚Was, wenn ich Klara im Namen des Kremlträumers schreiben und in dem Brief andeuten würde, dass ich, Banow, mich hier, auf den Wiesen unter dem Kreml befinde?‘, überlegte er.
    Dieser Gedanke gefiel ihm so, dass er es sich nach dem Mittagessen in seiner Laubhütte bequem machte, das Brett nahm, das er anstelle eines Tisches benutzte, zu Papier und Bleistift griff und einen Brief schrieb:

    Verehrte Genossin Rojd,
    danke für die interessanten Gedanken. Ich habe selbst auch kürzlich an die Schulen gedacht, an die Suworow- und Kulibinski-Lehranstalten. Ich denke, das ist eine interessante und nützliche Sache. Sie haben geschrieben, dass Sie kürzlich mit Ihrem Genossen mit dem Fallschirm aus einem Flugzeug abgesprungen sind. Grüßen Sie ihn!
    Mit freundlichem Gruß …

    Nachdem Banow dem Kremlträumer einen Platz für die Unterschrift frei gelassen hatte, las er den Brief noch einmal durch. Die Anspielung mit ihrem gemeinsamen Fallschirmsprung schien ihm deutlich genug zu sein. Die Hauptsache war natürlich, dass sie erriet, dass er, Banow, ihr den Brief geschrieben hatte, und nicht Ekwa-Pyris. Banow bereitete auch das Kuvert vor. Er schrieb ihre Adresse darauf, und auf die Rückseite setzte er: „Moskau. Kreml. Ekwa-Pyris.“
    Nach dem Abendessen und vor dem Teetrinken am Feuer unterschrieb der Alte alle Briefe. Banow steckte die Briefe in Kuverts, klebte sie zu, legte sie in einen

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